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Die Totenfrau des Herzogs

Titel: Die Totenfrau des Herzogs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Trodler
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ihre Adern, die Schwäche verflog, ein rettender Plan keimte. Örn wollte sie erhaschen, doch sie lockte ihn in den Kreis hinein, während sie mit der Linken hastig in ihrem Beutel wühlte, wo war das Öl, wo war es nur, jetzt würde es dem Richtigen einen Flug spendieren …
    Dann kniete er auch schon vor ihr. Der Aufschub war verbraucht. Sein Verlangen wurde übermächtig. Ima spürte das Feuer im Rücken und den Herzschlag des Zauberkreises. Er wartete. Der Mond beschien Örns üppiges Haar von oben, sein Gesicht beließ er im Dunkeln. Ima ahnte nicht, wie hell das ihre schimmerte und wie sehr das sein Verlangen nach ihr noch steigerte. Jetzt war ihr Geist klar und entschlossen. Sie nestelte an dem Wollbausch, fühlte die Ölphiole zwischen ihren Fingern - endlich. »Wir haben eine Abmachung, Örn …«
    »Erst du, dann ich«, keuchte er, und seine Hände forderten Taten. Die Zeit lief ihr weg. Mit flinken Fingern tränkte sie den Wollbausch, reckte sich, ertrug, was sein Mund an ihrer Brust versuchte, und wischte ihm mit einer aufreizenden Bewegung das Öl über die Stirn.
    »Ich …«, flüsterte sie. »Ich, Örn Nábitr. Dann du …« Und der Wollbausch verströmte seine betäubende Wirkung auf seiner Stirn, seinen Lippen, und sie konnte es nicht lassen, den Bausch über seine Brust nach unten wandern
zu lassen. Der Stechapfel würde sein Übriges tun … Örn spannte sich an, dann zog er sie neben das Feuer.
    »Unsere Abmachung«, flüsterte sie, »das Leben meines Dieners …«
    Örn legte sich neben dem Feuer auf den Rücken. Das Öl auf seiner Haut schimmerte im Mondlicht und versprach baldige Hilfe. Der Honigtopf des Warägers war leer geschöpft, sein Blick verschwamm, als er die Arme nach ihr ausstreckte.
    »Ich schenke ihn Euch, Ima von Lindisfarne …«
    Weinend stürzte sich das Lied der Nachtigall in die Tiefe. Auf dem Teppich der Verzweiflung breitete es sich aus, kämpfte gegen die Nacht und versiegte dann kraftlos. Es raschelte in den Blättern, ein toter Vogel fiel vom Baum herab.

NEUNTES KAPITEL
    Weil der Gottlose Übermut treibt, müssen die Elenden leiden; sie werden gefangen in den Ränken, die er ersann.
    (Psalm 10, 2)
     
     
    D er Stechapfel hatte gehorcht.
    Er hatte sich auf Örns bebenden Sinnen entfaltet und ihn mitsamt seiner Lust in Sphären entführt, in die ihm niemand folgen konnte. Im Schutz des Kreises hatte Ima ihn dabei beobachtet und über ihn gewacht - sie hatte mit dieser List zwar ihr eigenes Leben gerettet, aber dennoch ein schlechtes Gewissen gehabt, weil Zaubereien dieser Art unwürdig waren und ihr als Ärztin nicht anstanden. Ein leichter Schlummer hatte sich über ihn gedeckt, und er bewegte sich nur leicht, als Ima sich das Kleid über den Kopf warf. Sie trat neben ihn. Das Gewand fiel an ihrem schlanken Körper herab. Der Lufthauch weckte ihn, oder war es ihr Duft, der ihn rasend gemacht hatte? Im ersten Dämmerlicht verschwand weiße Haut unter Leinenwogen. Eine nie gekannte Kälte stieg in Ima auf, als sich seine Augen öffneten, sein Blick an ihren Beinen entlangwanderte und, nachdem der Stoff sie verbarg, den ihren suchte - verschlafen und auf eine Art zufrieden lächelnd, wie alle Männer lächeln, die etwas genommen haben und glauben, dass Gott dabei ihre Waffe geführt hat, weil sie im Recht waren.
    Sie bereute es fast, nicht den Mut aufgebracht zu haben,
mehr als das Öl zu verwenden. Einen Schwächeren als ihn hätte die Menge des Stechapfels dahinraffen können, doch Örn hatte sich der Hand des Stechapfels hingegeben und war von Bildern der Lust entführt worden, ohne Schaden zu nehmen. Es wäre ein Leichtes gewesen, ihn auf dem Höhepunkt seiner Lust mit einem Hauch Fingerhutpulver zu töten; alles hätte er ihr von den Fingern geleckt. Und die Rache hätte sich gut angefühlt.
    Doch der Preis - Bohemunds Leben - war es nicht wert.
    » Meyja mín «, flüsterte der Waräger. Zärtliche Gier flackerte erneut nicht nur in seinem Blick auf. Er streckte die Hand nach ihr aus. Das Ufer gurgelte leise, dass es gerne noch einmal Kulisse und Kühlung zugleich sein würde. Da hob sie den Arm und richtete die Hand mit den sechs Fingern auf Örn Nábitr.
    »Freyja sei meine Zeugin.« Sie holte tief Luft und ließ ihrem kalten Zorn freien Lauf. »Niemals wieder sollt Ihr einer Frau beiwohnen können. Niemals, solange Ihr lebt. Euer Geschlecht verdorre und verwandle sich zu einem Wurm. Nichts von Euch sollt Ihr je weitergeben, Euer Same verrinne im Laken. Euer Blut

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