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Die Totenfrau des Herzogs

Titel: Die Totenfrau des Herzogs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Trodler
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Vorbesitzer dafür reichlich zu Diensten gewesen.«
    Ein Raunen ging durch die Menge. Die Unterstellung war grotesk, ihre Stimme kehlig vor Hohn. Über ihren Kopf hinweg traf Ima Gérards Blick. Entsetzte Fragen las sie darin - und das verletzte sie mehr als alles andere, obwohl sie doch dachte, mit ihm fertig zu sein. Daher hob sie die Brauen und sagte so laut, dass auch er es mit anhören konnte: »Ja, ich erwies ihm einen Dienst, ma dame . Einen Dienst, der dieses kostbare Geschenk offenbar rechtfertigte.«
    Die Herzogin trat einen Schritt zurück. In ihren Augen loderte verhaltene Wut, und Ima begriff, dass sie zumindest genug ahnte, um ihr gefährlich zu werden.

    »Wenn Ihr das nächste Mal eins meiner Pferde stehlt und aufs Geratewohl losreitet, seid doch so gütig und bringt nicht auch noch meine Männer in Gefahr«, zischte sie.
    »Des Herzogs Männer kehrten wohlbehalten zurück, ma dame «, entgegnete Ima kühl. Jemand hinter ihr hielt verschreckt die Luft an. Auch die Herzogin brauchte eine kurze Besinnungspause, bevor sie weitersprach.
    »Euer Vorwitz und Eure Dreistigkeit werden Euch eines Tages das Leben kosten, Heilerin. Nachdem meines Herzogs Vertrauter, der Chevalier Marc de Neuville, mir heute Morgen gestanden hat, weshalb er wünscht, so bald wie möglich an das Grab des Herrn zu pilgern, um dort Buße für die … Tat seines Sohnes zu tun, von welcher er Kenntnis erlangt hat …«, sie hob die scharf gezeichneten Brauen und machte eine Kunstpause, »… nun - ich verstehe jetzt, dass Ihr offenbar einzig meinem Gatten die Treue haltet - ihm. Und nicht mir.« Ihr Blick wurde kalt. »Das werde ich hier und jetzt hinnehmen, Ima von Lindisfarne. Bis der Herzog in seinem Grab liegt. Tretet mir danach niemals wieder unter die Augen.«
     
    Das Hochamt wurde an Ort und Stelle unter freiem Himmel gehalten.
    Man errichtete ein offenes Zelt für die beiden Priester, die im Lager noch übrig geblieben waren. Auch hier hatte das Fieber weiter Ernte gehalten. Der Koch der Herzogin war ihm erlegen, mitleidige Seelen hatten ihn in der Nähe des Strandes verscharrt, nachdem die Priester ihm bei den Christengräbern keinen Platz hatten zugestehen wollen.
    Nach Thierry fragte niemand, und Ima konnte den Mönch auch nirgendwo entdecken. Ohnehin wurde es sehr voll um die beiden Zelte. Jeder, der irgendwie laufen konnte, humpelte heran, um Gott um Vergebung zu bitten und Abschied von seinem Herzog zu nehmen. Vermutlich
war dieser Gottesdienst das feierlichste Hochamt, das die Insel je gesehen hatte. Ima hatte sich auf ihren Hocker hinter das Zelt des Herzogs gesetzt. Wenn sie sich vorbeugte, konnte sie den Priestern ins Gesicht schauen und die Andacht der Männer beobachten. Manche weinten, viele waren blass.
    Jedermann wusste, dass mit diesem Hochamt ein Zeitalter zu Ende ging und dass Apulien niemals wieder so erstrahlen würde wie zu Zeiten des Guiscard. Und so feierten sie einen doppelten Abschied und beteten bei diesem Aufbruch auch für ihre eigenen Seelen. Ima steckte die Hände zusammen. Das Gebet floh sie, und so fühlte sie sich ohne einen Menschen an ihrer Seite noch einsamer.
    »Unde et memores, Domine, nos servi tui, sed et plebs tua sancta, eiusdem Christi filii tui, Domini nostri, tam beatae passionis, nec non et ab inferis resurrectionis, sed et in caelo gloriosae ascensionis …« , sang Bruder Adrian und räumte mit fahrigen Händen Weinbecher und Hostienteller hin und her. Ihm war der Aufenthalt im Lager offenbar nicht gut bekommen, seine Stirn glänzte fiebrig. Der andere Priester schien sich von den Tagen im Totenzelt noch nicht wieder erholt zu haben. Er stand einfach nur in schwankender Andacht und stierte auf den provisorischen Altar.
    Roger Borsa kniete neben seiner Mutter, sein Schwert glänzte siegesgewiss in der Sonne. Für einen Moment dachte Ima, dass es das Schwert des Guiscard war. Doch sicher irrte sie sich. Das würde er nicht wagen. Als Einziger beugte er während der Präfation nicht den Kopf. Sein Blick war auf die Bahre gerichtet.
    »… offerimus praeclarae maiestati tuae de tuis donis ac datis …«
     
    Die Sonne hatte sich hinter dicken Wolken verkrochen. Damit hatte sie schon am Morgen begonnen, doch niemand
hatte das ernst genommen. Nun sah es nach Regen aus. Der Herzog von Apulien würde Kephalonia also so verlassen, wie er die letzten zwei Jahre auf dieser Insel verbracht hatte: bei nassem Wetter und mit Schlamm an den Füßen.
    Ima wunderte sich, dass man keine Eile

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