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Die Totenfrau des Herzogs

Titel: Die Totenfrau des Herzogs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Trodler
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los und riss die Augen auf
    »Ich habe dem Tod ins Auge geschaut, junger Mann. Ich darf so etwas sagen.« D’Aulnay wischte das Entsetzen beiseite. »Der Guiscard sprach davon, wo der Tod uns hinführen würde und dass sich der Tod auf dem Schlachtfeld anders anfühlen würde als der im Salzwasser. Und dass es ihm leichter fallen würde, den Tod von uns abzuwenden, wenn wir bei ihm stehen würden, wenn wir kämpfen würden wie ein Mann …« Tränen rannen inzwischen über die zerfurchten Wangen d’Aulnays, und er schloss die Augen. »Die Angst hatte uns ins Wasser getrieben; Herzog Robert schaffte es, uns da wieder rauszuholen und Krieger aus uns zu machen, als wir tropfnass und gedemütigt vor ihm standen - die meisten von uns Seeleute, Zwangsrekrutierte, arme Fußsoldaten. Habenichtse. Er machte wieder tapfere Krieger aus uns und blies Mut in unsere verzagten Herzen.«
    Die Küste kam immer näher. Zwei Seeleute kletterten auf den Mast und holten das große Segel ein. Die Männer verteilten sich brummend und schwerfällig auf die Ruderbänke. Der Weg nach Bundicia führte durch Meerengen mit gefährlichen Untiefen, und der Wind legte sich. Offenbar wollte der Schiffsführer kein Risiko eingehen.
    Jean D’Aulnay stand auf, um seinen Ruderplatz einzunehmen. »Wir eroberten Dyrrhachion, nachdem es gelang, die Waräger in eine Kirche zu treiben und zu verbrennen. Dann hatten unsere Reiter endlich freie Hand. Sie durchbrachen die Linien, und sowohl die Seldschuken als auch der Kaiser flohen. Alle Kraft, die uns noch geblieben war,
opferten wir in dieser Schlacht, und Robert kämpfte mit uns.« Er legte die schwielige Hand auf seine Brust und drückte den Mantel ans Kettenhemd. »In der Salzlagune vor Dyrrhachion wurde ich zum Ritter. Das Salz brannte des Guiscards Namen in meine Brust. Und jetzt kennt Ihr die Geschichte von Sicaildis und Robert . « Der Alte holte tief Luft. »Mir waren sie wie Vater und Mutter, ma dame .« Sein graues Haupt wackelte vor Ergriffenheit, sein Kiefer mahlte vor sich hin, als helfe das, der aufwallenden Gefühle Herr zu werden. Ein Hauch von männlicher Tapferkeit, von Schweiß, Tränen und unglaublichem Mut blieb zurück, als er davonwankte. Des Guiscards Geist strich an den Zuhörern vorbei. Selbst Marius wagte kein Wort mehr.
     
    Bundicia lag in Trümmern.
    Die zerfallenen Türme hatte man schon vom Wasser aus sehen können, auch, dass es in der Stadt am Ufer des Ambrakischen Meeres still zuging. Es waren kaum Rauchfähnchen zu sehen, denn verlassene Haushalte unterhalten kein Küchenfeuer. Das Lager der Normannen zog sich westlich um die Stadt und reichte fast bis auf die Halbinsel. Erbarmungslos brannte die Hochsommersonne auf die Zeltstadt, deren eintöniges Grau wie ein krank machender Schleier über der Bucht lag. Lähmende Hitze drückte Mensch und Tier nieder und hieß sie ähnlich wie auf Kephalonia den Atem anhalten.
    Ima drückte sich verstohlen ein Tuch vor die Nase, als sie hinter Sicaildis herstolperte.
    »Bleibt dicht bei mir«, hatte die Herzogin gezischt, »dieses Lager ist das größte an der Küste …« Mehr sagte sie nicht, doch wurde schnell klar, was sie meinte. Blut und Mordlust wohnten im Lager vor Bundicia, Seite an Seite mit Müdigkeit, Hunger und Wut, weil es nicht weiterging,
weil niemand wusste, was der nächste Tag außer staubiger Hitze bringen würde - und anders als auf der Insel war das schon seit dem Winter so, wo hunderte Soldaten von einem Fieber dahingerafft worden waren. Dieses Lager schien wie der verlorene Grenzposten einer vergessenen Armee.
    Alles wartete auf ein Wort des Herzogs.
    Der Herzog aber kam nicht.
    Stattdessen kam der Sohn - der , den man hier nicht erwartet hatte. Ima spürte die Ablehnung, die Roger Borsa entgegenschlug. Sie sahen ihn finster an, als er auf der breiten Versammlungsstraße inmitten der Zelte entlangmarschierte, mit hochnäsig gerecktem Hals, seine Getreuen dicht bei sich, die Mutter im Schlepptau. Hinter ihm wirbelte Staub auf, sodass die Nachfolgenden husten mussten. Sicaildis hielt sich den Schleier vors Gesicht. Sie hatte sich mit untrüglichem Gespür für Situationen gegen das Pferd entschieden und schritt wie eine Kriegerin hinter ihrem Sohn her.
    Vielleicht war es das, was die Männer herbeilockte. Die Frau - diese Frau. Natürlich kannte man sie. Immer mehr Neugierige kamen zwischen den grauen, zerfetzten Zeltplanen hervor, gebeugte, hinkende Gestalten mit grauen Gesichtern und vom Hunger hohlen Wangen,

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