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Die Totenfrau des Herzogs

Titel: Die Totenfrau des Herzogs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Trodler
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so was habt Ihr noch nicht gesehen, ma dame -, sie ragten in den Himmel, und fast hätte man über die Stadtmauer steigen können …«
    »Aber nur fast«, unterbrach Marius trocken. Ima beachtete ihn nicht weiter. Der Alte war in Erinnerungen versunken.
    »Der Kaiser kam mit neuem Heer aus Konstantinopel. Er hatte seldschukische Bogenschützen verpflichtet und Thessalier. Männer aus Makedonien und Ungarn kämpften für ihn. Und Waräger. Die mit den Äxten. Rohe Gesellen
aus dem Norden - betet, dass Ihr solchen Männern niemals begegnet, Mädchen. Die Waräger sind die schlimmsten …« Er rieb sich die Hände, als ob ihn nachträglich noch fröstelte. »Unser listiger Herzog schaffte es, seine Männer im letzten Moment so auf sich einzuschwören, dass sie ihn zum Anführer wählten.«
    »Sie wählten ihn? Aber er war doch ihr Herzog?«
    »Ja, doch viele der Unsrigen wollten damals aufgeben …«
    »Viele«, nickte Marius, und Ima überlegte, ob er damals wohl überhaupt dabei gewesen sein konnte.
    »Auch Robert wollte zum Schein aufgeben«, raunte der alte Normanne, »er ließ sich von seinen Leuten überreden, diese Schlacht noch zu schlagen. Robert Guiscard war ein Fuchs, ma dame . Ein ganz besonderer Fuchs. Er schwor uns auf sich ein, er machte uns wild für diesen letzten Kampf - und dann verbrannten wir unser gesamtes Lager, ma dame …« Seine Stimme flüsterte nur noch. »Wir hatten in den Salzlagunen kampiert - auf diesem gottverlassenen, menschenfeindlichen Platz, doch weit außerhalb der Stadt und scheinbar in Sicherheit. Gott half dem Guiscard in jener Nacht, denn er schickte ihm eine Vision vom Vorhaben des Kaisers, das normannische Heer hinterrücks zu überfallen. Die Verbündeten des Kaisers schlichen sich nämlich von hinten an … und sie hätten uns vernichtet! Wir verließen die Insel daher heimlich - das ganze Heer stahl sich davon, Herzog Robert ließ das Lager und auch die Brücke zum Festland verbrennen, niemand konnte zurück, niemand konnte uns erreichen. Das kaiserliche Heer überfiel die Salzlagune und fand keinen Guiscard mehr vor, dafür brennende Zelte und ein Flammenmeer. Wir aber standen im Morgengrauen wie ein Mann gestärkt und ermutigt den Truppen des Alexius gegenüber, Psalmen singend unter den schützenden Flaggen des Papstes und Gottes Segen nun ganz gewiss.«

    Das Bild war überwältigend, und nur der Wind wagte sich einzumischen. Ima saß starr, die beiden Männer bewegten sich nicht. Fast roch man den Rauch, der aus dem brennenden Heerlager aufstieg und der von einer eisernen Entschlossenheit sprach …
    »Das gab uns Kraft. Es gab uns solche Kraft, und es war ein furchtbarer Kampf«, begann d’Aulnay erneut. »Als die Waräger heranrückten, schien alles verloren. Mit ihren riesigen Äxten hieben sie alles in Stücke, was sich ihnen in den Weg stellte, die Bogenschützen erledigten den Rest, und viele - unzählige - Reiter fanden mitsamt ihren Pferden den Tod.«
    »Die einfachen Soldaten und die Seeleute sind geflohen.« Marius beschleunigte den Bericht, schließlich war er nicht beteiligt gewesen. »Sie flohen zurück zur Salzinsel und stellten sich ins Wasser, wo weder die Berittenen noch die venezianischen Schiffe sie erwischen konnten.«
    »Laaand!«, brüllte jemand weiter vorn und wedelte mit den Armen, als die Küste in Sicht kam. Ein Knecht ging herum und verteilte noch einmal Brot an die Reisenden. Am Horizont kamen Inseln in Sicht, und intensiver Waldgeruch mischte sich in das Salz des Meeres.
    »Erzählt, wie es weiterging«, bat Ima den alten Mann. Seine Tränensäcke bebten, die Mundwinkel zuckten, und sanft zauste der Küstenwind sein feines, weißes Haar.
    »Die Herzogin kam an den Strand galoppiert und schrie uns an«, sagte er ganz leise. »Mit der Lanze in der Hand hatte sie uns verfolgt. ›Seid Männer!‹, schrie sie. ›Kämpft!‹ … und ich sah, wie Blut aus ihrer Schulter floss, weil ein Pfeil darin steckte.« Eine Weile nickte er vor sich hin. Die Scham über seine Feigheit hatte den Kampf überdauert. »Herzog Robert schaffte es, uns aus dem Wasser zu holen, während seine Dame am Ufer stand und ihn unterstützte. Robert sprang vom Pferd und ging bis zu den
Knien ins Wasser, obwohl Pfeile umherflogen und das Kriegsgeschrei uns allen die Ohren betäubte. Er stand bei uns, und das Meer schwappte an seinen Schenkeln hoch, und er sprach zu uns wie ein … ein Priester, ma dame .«
    »Wie könnt Ihr so etwas Lästerliches sagen!«, brauste Marius

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