Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Totensammler

Die Totensammler

Titel: Die Totensammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PAUL CLEAVE
Vom Netzwerk:
»Also, dass jeder zu Jesus finden sollte, war kein Scherz, aber mein kleines Verkaufsgespräch. Ich versuche den Männern, die hier leben, einen Weg zu Gott aufzuzeigen.«
    »Und wie läuft’s?«
    »Das Leben ist voller Herausforderungen«, sagt er, »und hier ist es nicht anders. Haben Sie was dagegen?«, fragt er und zieht eine Packung Zigaretten hervor.
    Ich habe etwas dagegen, trotzdem schüttle ich den Kopf. »Nur zu.«
    »Diese verdammten Süchte«, sagt er. »Gott sei Dank sind es nur diese zwei.«
    »Gott gehört für Sie nicht dazu?«
    Er lächelt schief an der Zigarette vorbei, während er sie sich anzündet, dann nimmt er einen Zug und stößt den Rauch aus.
    »Der war gut«, sagt er. »Muss ich mir merken.« Liebevoll betrachtet er die Zigarette. »Das Leben ist voller Versuchungen«, sagt er. »Das ist eine von Gottes Ironien. Die Sachen, die uns am meisten in Versuchung führen, sind am schädlichsten für uns. Außer der Religion.«
    »Ich brauche Ihre Hilfe«, sage ich und zeige ihm die Polizeizeichnung. »Kennen Sie diesen Mann?«
    Er sieht kaum hin und schüttelt den Kopf.
    »Sind Sie sicher? Ich weiß aus zuverlässiger Quelle, dass der Mann mal hier gewohnt hat. Schauen Sie es sich genau an.«
    Er schaut es sich genau an. »Ja, vielleicht. Hat der Typ nicht in Herr der Ringe mitgespielt? Einen Hobbit, glaub ich.«
    Ich stecke die Zeichnung in meine Tasche. Ich könnte sie genauso gut zusammenknüllen und wegwerfen.
    »Ich muss mit irgendjemand reden, der von Grover Hills hierhergekommen ist.«
    »Warum? Jemand tut etwas Verrücktes, und Sie wollen es einer psychisch kranken Person zur Last legen?«
    »So was in der Art. Jemand hat eine der Krankenschwestern, die dort gearbeitet haben, in Brand gesteckt.«
    Er nimmt einen tiefen Zug von seiner Zigarette, bis seine Lunge keine Luft mehr aufnehmen kann. »Ich hab’s aus den Nachrichten erfahren. Glauben Sie, dass nur ein Patient als Täter infrage kommt?«, sagt er und hält den Rauch zurück.
    »Das war nicht alles.«
    »Sondern?«
    »Es steht mir nicht frei, darüber zu reden.«
    »Es steht Ihnen nicht frei, darüber zu reden. Tja, und mir steht es nicht frei, irgendwas zu sagen. Die Leute hier schauen zu mir auf, ich genieße ihr Vertrauen. Es steht mir nicht frei, es zu missbrauchen.«
    Ich ziehe tausend Dollar aus meiner Tasche. »Wie frei sind Sie, Spenden anzunehmen?«, frage ich. »Das hier ist Ihre Chance auf gutes Karma. Sie meinten gerade, es gäbe nicht genug Hilfsbereitschaft auf der Welt. Irgendwo müssen wir ja anfangen, und hiermit tun wir es. Sie helfen mir mit ein paar Informationen, und ich helfe Ihnen ebenfalls. Damit«, sage ich und wedle mit dem Bargeld, »kann man Lebensmittel, Zigaretten und ein paar neue Töpfe und Pfannen kaufen.«
    Er starrt auf das Geld wie eben auf die Zigarette, als handelte es sich dabei um eine weitere Sucht, allerdings um eine, in deren Genuss er nie kommen wird. Dann lässt er seinen Blick durchs Zimmer wandern, als würde man uns beobachten. Aber das ist nicht der Fall. Er macht einen Schritt vor, um nach den Geld zu greifen, doch ich ziehe es fort. »Namen.«
    »Ich kann mich nicht an alle erinnern. Es waren sechs oder sieben.«
    »Wo?«
    »Sie sind jetzt woanders.«
    »Wo?«
    »Das hier ist keine Einrichtung, in der die Leute in Kontakt bleiben«, sagt er. »Die meisten Leute hier kommen direkt aus dem Knast. Und kriegen dann einen Job in einem Burger-Restaurant, oder sie kratzen für einen Mindestlohn tote Tiere von der Straße. Hier werden keine Freundschaften geschlossen.«
    »Ist einer der Patienten aus Grover Hills irgendwie aufgefallen?«
    »Hier fällt niemand auf.« Er fasst erneut nach dem Bargeld. Doch ich halte es fest.
    »Das ist nicht gerade tausend Dollar wert«, sage ich. »Ich brauche schon etwas mehr.«
    »Ich denke, es gibt da jemand, mit dem Sie reden könnten«, sagt er. »Einen der Patienten. Er kam mit den anderen ganz gut zurecht.«
    »Und? Ist er hier?«
    »Ja. Ist er.«
    »Sie haben doch gesagt, sie wären jetzt alle woanders.«
    Er zuckt mit den Achseln. »Ist mir gerade eingefallen«, sagt er. Tja, Geld hilft dem Gedächtnis auf die Sprünge. »Er heißt Ritchie Munroe.«
    »Ist er jetzt hier?«
    Er greift nach dem Geld. Und ich lasse es ihn nehmen. Wenn ich es drauf anlegen würde, könnte ich es ihm etwa fünf Sekunden später wieder abnehmen. Er zieht erneut an seiner Zigarette. »Oben. Die letzte Tür rechts.«
    Ich trete in den Flur und gehe die Treppe hoch. Sie

Weitere Kostenlose Bücher