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Die Totensammler

Die Totensammler

Titel: Die Totensammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PAUL CLEAVE
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ächzt unter jedem meiner Schritte, das Geländer ist abgewetzt und wacklig. Die Fenster, die oben den Flur säumen, sind mit einer noch dickeren Dreckschicht als die unten überzogen. Sie bieten keinen schönen Ausblick: die verrosteten Dächer der Nachbarhäuser, Dachrinnen randvoll mit Blättern und Matsch, Gärten mit verkohltem Rasen und Autoteilen, die verstreut in der Sonne liegen. Ich klopfe an die Tür am Ende des Flurs, und eine Männerstimme fordert mich auf, einen Moment zu warten. Eine Minute später wird sie geöffnet. Ritchie Munroe hat eine zu große Nase und einen zu kleinen Mund, als hätte man ihn in der Baby-Fabrik mit Teilen in der falschen Größe ausgestattet. Seine Augen wirken zu klein für die Höhlen, als würden sie nach einem Schlag auf den Hinterkopf anfangen, wie Dollar-Zeichen in einem Spielautomaten zu rotieren. Er hat sich die Haare schwarz gefärbt, allerdings nicht besonders sorgfältig, auf seiner Stirn ist ebenfalls Farbe gelandet. Er dürfte Mitte fünfzig sein, vielleicht auch schon sechzig. Er könnte der Mann von der Polizeizeichnung sein, oder auch nicht. Er ist lediglich mit einer Unterhose und einem T-Shirt bekleidet, und die Vorderseite seiner Unterhose beult sich aus. Hinter ihm auf einem kleinen Fernseher läuft stumm ein Porno. Die heiße Luft, die an ihm vorbei aus dem Zimmer strömt, scheint froh zu sein, daraus zu entkommen.
    »Wer sind Sie?«, fragt er, und er klingt nervös.
    »Detective Inspector Schroder«, sage ich. Carl hat bestimmt nichts dagegen. Vermutlich wird er es ohnehin nie erfahren. »Ich muss Ihnen ein paar Fragen zu Grover Hills stellen.«
    Er schüttelt den Kopf. »Nie gehört«, sagt er und versucht, die Tür zu schließen.
    Ich halte sie fest. »Komisch, wo Sie doch dort eine Weile untergebracht waren. Würde es Ihnen was ausmachen, den da auszuschalten?«, frage ich und nicke Richtung Fernseher.
    »Warum? Ist Ihnen das unangenehm?«
    »Ich schätze, dann wollen Sie sich wohl auch keine Hose überziehen.«
    »Stellen Sie einfach Ihre Fragen und dann verschwinden Sie«, sagt er. »Bitte.«
    »Der Priester meint, Sie wären mit einigen Patienten aus Grover Hills befreundet gewesen.«
    »So, hat er Ihnen das gesagt?«
    »Ja.«
    »Mussten Sie ihn dafür bezahlen?«
    Ich lächle. »Ja.«
    »Haben Sie auch noch was für mich?«, fragt er und klingt inzwischen gar nicht mehr so nervös.
    Ich zeige ihm das restliche Bargeld.
    »Was wollen Sie wissen?«
    »Jemand hat Schwester Deans in Brand gesteckt.«
    Er zuckt leicht zurück, verzieht das Gesicht, doch als er die Neuigkeit verdaut hat, entspannt es sich wieder. »Ich kann nicht behaupten, dass mir das leidtäte.«
    »Haben Sie eine Ahnung, wer so was getan haben könnte?«
    »Nein.«
    »Kennen Sie Emma Green?«
    »Nein.«
    »Cooper Riley?«
    »Nein.«
    »Nicht mal aus den Nachrichten?«
    »Warum sollte ich Nachrichten schauen?«
    »Gibt es sonst noch jemanden, der über Schwester Deans’ Tod nicht allzu betrübt ist?«
    Er zuckt mit den Schultern. »Jeder, der mal in The Grove war. Die Leute da konnten sich untereinander nicht leiden. So ist das eben in psychiatrischen Kliniken.«
    »Und was ist mit Ihnen?«
    »Ich bin ein liebenswerter Kerl.«
    »Ich meine, wollten Sie sie auch töten?«
    »Ich bin ein friedliebender Mensch«, sagt er.
    »Sind Sie ein Brandstifter?«
    »Was?«
    »Wo waren Sie gestern?«
    »Warum?«
    »Beantworten Sie einfach meine Frage.«
    »Hier. Mit Melina. Den ganzen Tag.«
    »Mit Melina?«
    »Ja. Meine Freundin.«
    »Ist sie auch hier?«
    »Wo sollte sie sonst sein?«
    »Kann ich mal mit ihr reden?«
    »Sie spricht nicht mit Fremden.«
    Ich wedele mit dem Geld vor seinem Gesicht herum und erinnere ihn daran, warum er mit mir redet. Bei dem Anblick kann er sich offenbar doch noch dafür erwärmen, sie mit einem Fremden reden zu lassen. »Aber fassen Sie sich kurz«, sagt er.
    Er macht die Tür ganz auf. Das Licht, das durch die Fenster hier oben in den Flur fällt, macht keine Anstalten, in sein Zimmer vorzudringen, als würden die schlechte Luft und der Geruch nach Sex es vergraulen. Melina liegt mit dem Gesicht zum Fernseher auf dem Bett. Die Vorhänge sind zugezogen, und das meiste Licht kommt vom Bildschirm. Ritchie tritt ein paar Schritte zurück, und durch den Luftzug, den er dabei verursacht, wird der Gestank noch stärker. Ich muss mich gleich übergeben.
    »Melina?«, sage ich und gehe zu ihr, doch mehr sage ich nicht.
    »Stellen Sie ihr Ihre Fragen«, sagt Ritchie.
    Ich

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