Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Totensammler

Die Totensammler

Titel: Die Totensammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PAUL CLEAVE
Vom Netzwerk:
Adrian Loaner kommt nicht mehr zurück. Routinemäßig durchsuche ich das Zimmer, schaue unter dem Bett nach, suche nach losen Holzdielen, spähe unter und hinter die Schubladen, doch da ist nichts.
    Adrian ist vor einer Woche ausgezogen und hat draußen in Grover Hills ein neues Leben begonnen. Allerdings hat ihm irgendwas einen solchen Schrecken eingejagt, dass er es heute verlassen hat.
    Ich trete zurück in den Flur. Und kann hören, wie sich Ritchie gedämpft mit seiner Freundin unterhält. Als ich nach unten gehe, wartet der Priester an der Tür auf mich.
    »Eins noch«, sagt er. Er hat eine frisch angezündete Zigarette und ein Bier in der Hand. »Wie war’s im Knast, Detective?«, fragt er, und das Lächeln, das er mir zuwirft, ist kein freundliches Lächeln.
    Zurück beim Wagen stelle ich fest, dass alle vier Reifen aufgeschlitzt wurden. Ich rufe den Autoverleih an und warte mit der Hand an der Pistole auf die Ankunft des Abschleppwagens.
    Kapitel 37
    Adrian würgt zweimal den Wagen ab, als er aus der Auffahrt ihrer neuen, provisorischen Unterkunft zurücksetzt. Einerseits ist er von ihrer aktuellen Bleibe begeistert, andererseits ist er frustriert, weil er The Grove verlassen musste, eben war er noch glücklich, und jetzt ist er traurig. Das macht es um einiges schwerer, sich auf das Fahren zu konzentrieren. Wenigstens ist es ein wenig abgekühlt, und er hat wieder mehr Energie. Sein Kopf schnellt nach vorne, als er den Wagen ein drittes Mal abwürgt, darum hält er an, steigt aus und massiert sich, gegen das Fahrzeug gelehnt, den Nacken. Er muss sich konzentrieren.
    Er fährt durch den dichten Feierabendverkehr in die Innenstadt. Er ist um diese Zeit nicht gerne mit dem Wagen unterwegs und versucht normalerweise, es zu vermeiden, aber manchmal lässt es sich eben nicht anders einrichten. Um diese Tageszeit fahren die Leute anders. Aggressiver. Sie betätigen öfter die Hupe, und die Autos fahren dichter auf, berühren mit der Stoßstange fast die des Vorderwagens. Er hasst das. Manch mal ist er froh, dass er nicht wie all die anderen ist. Familienan gehörige und Beerdigungen, Steuern und Fernsehsendungen, Urlaubsplanung und Hausanstrich – der bloße Gedanke daran jagt ihm Angst ein.
    Auf dem Beifahrersitz liegt das Telefonbuch, das er aus der offenen Einrichtung mitgenommen hat, es ist mit Kugelschreiberkritzeleien übersät, und der Umschlag ist eingerissen. Der Priester wäre enttäuscht von ihm, wenn er wüsste, dass er es eingesteckt hat. Aber er hat es gehasst, dort zu wohnen. Wenn Ritchie nicht gewesen wäre, hätte er schon vor drei Jahren versucht auszuziehen, obwohl er nicht weiß, wohin er dann gegangen wäre, denn damals konnte er noch nicht fahren. Das Problem mit Ritchie war, dass er sich veränderte, nachdem er Melina kennengelernt hatte. Er war nicht mehr der Bursche, der ihm das Fahren beigebracht hatte. Er hatte kaum noch Zeit für ihn. Es ist wirklich ein Jammer. Mit Ritchie an seiner Seite wäre das hier um einiges einfacher. Außerdem würde es sehr viel mehr Spaß machen.
    Er schlägt im Telefonbuch die Adresse von Coopers Mutter nach. Er hat gar nicht vor, sie seiner Sammlung einzuverleiben, und er hat keine Ahnung, warum er Cooper deswegen belogen hat. Wohl um ihn über seinen nächsten Schritt im Unklaren zu lassen. Mit Coopers Mutter hätte er bloß ein weiteres Maul zu stopfen, eine weitere unglückliche Person in seiner Nähe, noch mehr negative Energie. Seine Mutter hat immer gesagt: »Ein trauriger Mann ist ein böser Mann«, und das gilt bestimmt auch für Frauen. Die Vorstellung, Coopers Mutter einzusammeln, findet er schon reizvoll, das lässt sich nicht leugnen, doch es in die Tat umzusetzen, ist einfach zu kompliziert. Trotzdem möchte er sich ihr Haus ansehen, einfach um seine Neugier zu befriedigen. Er hat ihre Adresse schon mal nachgeschlagen, aber vergessen, sie zu notieren. Jetzt kennt er zwar den Weg, aber er schaut die Adresse noch mal auf der Karte nach, um sich zu vergewissern, dass er auch richtig ist.
    Als er am Haus vorbeifährt, drosselt er das Tempo, damit er die Autos davor betrachten kann. Er glaubt nicht, dass eines von der Polizei ist, dafür sehen sie zu gut aus. Höchstwahrscheinlich hat sie Besuch von Freunden, die sie trösten, weil Cooper verschwunden ist.
    Sein Magen fängt an zu knurren. Schon seit dem Frühstück hat er nichts mehr gegessen. Und er verpasst nur ungern eine Mahlzeit. Er könnte wieder zu seinem neuen Zuhause rausfahren und sich

Weitere Kostenlose Bücher