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Die Totensammler

Die Totensammler

Titel: Die Totensammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PAUL CLEAVE
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würde, so wie er das mit seiner Mutter getan hat.
    Er rennt den Flur hinunter und zum ersten Treppenabsatz; dabei stößt er mit der Hüfte gegen die Wand, und das Radio an seinem Gürtel fällt zu Boden. Er hat nicht wirklich vor, Cooper in Brand zu stecken. Daraus spricht nur seine Enttäuschung, die ihn dazu bringen will, etwas Dummes zu tun. Er bückt sich, um das Radio aufzuheben, und stellt erleichtert fest, dass es noch funktioniert. Er spult die Kassette ein Stück zurück und kann Coopers Stimme hören, dann spult er sie ganz zurück, um ihr Gespräch irgendwann zu überspielen. Er will es sich nicht noch mal anhören.
    Um die Dinge wieder ins Lot zu bringen, könnte er Cooper jetzt das Geschenk bringen, das er für ihn besorgt hat, allerdings war es als Überraschung für morgen gedacht. Leise öffnet er eine der Schlafzimmertüren, falls Coopers Geschenk schlafen sollte, und das tut sie. Es gibt hier noch andere Zimmer, die vielleicht geeigneter für sie wären, doch ihm hat die Vorstellung gefallen, es ihr gemütlich zu machen, sie auf ein Bett zu legen. Ihre Hände sind wie vor zwei Nächten ans Bettgestell gefesselt. Ihr Gesicht ist gerötet, die Haut um die Lippen ist trocken und aufgeplatzt, und aus ihrem Mund hängt ein Plastikstrohhalm. Sie kann damit aus dem Wasserkrug neben sich auf dem Boden trinken. Leider gibt es hier keine Toilette, und er wollte nicht das Risiko eingehen, sie zum Pinkeln jedes Mal loszumachen, darum stinkt es dort, wo sie sich eingenässt hat. Der Geruch erinnert ihn an seine Schulzeit, und er muss lächeln, doch er erinnert ihn auch an den Tag, an dem man ihn ins Koma geprügelt hat, und das Lächeln weicht aus seinem Gesicht. Das Mädchen wird nicht älter als zwanzig sein, er hat keine Ahnung, wie sie heißt. Der richtige Zeitpunkt, danach zu fragen, wäre wohl gewesen, bevor er ihr die Lippen um den Strohhalm herum zusammengeklebt hat. Er musste das tun, damit sie ihn nicht beschimpfen konnte. Sie wirkt wie eines jener Mädchen, die ziemlich fies sein können, wenn sie wollen. Jetzt sieht sie einfach nur fertig aus, und er kann sich nicht vorstellen, dass Cooper sich über sein Geschenk freut, wenn es voller Schweiß und Urin ist. Er muss etwas dagegen tun. Wahrscheinlich wird er sie mit einem Schlauch abspritzen und dann nackt lassen. Cooper wird das gefallen.
    Kapitel 9
    Donovan Green überlässt mir den Wagen, mit dem er gekommen ist – einen Mietwagen – und nimmt sich ein Taxi. Es handelt sich um einen weißen Viertürer, etwa ein Jahr alt. Green scheint geahnt zu haben, dass ich den Fall übernehmen werde und dass ich keinen Wagen habe. Als ihm klar wurde, dass seine Tochter verschwunden war, hat er offenbar beschlossen, sich mit mir in Verbindung zu setzen für den Fall, dass sie nicht wieder auftaucht. Sollte es noch irgendwelche Zweifel an seiner Entscheidung gegeben haben, hat er sich wohl gesagt, dass das Schicksal oder die Vorsehung die Finger im Spiel haben – seine Tochter ist schließlich nur sechsunddreißig Stunden vor meiner Entlassung aus dem Gefängnis verschwunden. Gott sei Dank war es nicht andersherum, sonst hätte er mich kaum um Hilfe gebeten, sondern mich für ihr Verschwinden verantwortlich gemacht. Er hat mir tausend Dollar Spesen in bar gegeben und mehr zugesagt, falls ich es brauche. Das Geld dient dazu, ein wenig nachzuhelfen, sollten die Nachforschungen ins Stocken geraten. Und er hat mir die Pistole überlassen, mit der er mich letztes Jahr erschießen wollte. Sie ruft einige Erinnerungen in mir wach. Ich verstecke sie unter der Matratze meiner Frau. Außerdem hat er mir ein Foto von Emma gegeben, das auf der Geburtstagsfeier zu ihrem zehnten Geburtstag aufgenommen wurde. Er hat mich darum gebeten, es bei mir zu tragen, bis ich sie gefunden habe, als ständige Aufforderung, sie zu suchen; als müsste man mich daran erinnern. Ich falte es zusammen und schiebe es in meine Brieftasche. Er hat mir erzählt, wie Emma wahrscheinlich reagieren wird. Sie sei ein kluges Kind, hat er gesagt, sie wolle Psychologie studieren, weil sie sich gut in andere Menschen hineinversetzen könne. Er meinte, sie werde mit jeder Situation fertig und sei in der Lage, sie heil zu überstehen. Ich habe die ganze Zeit nur genickt, in der Hoffnung, dass er recht hat, obwohl mir klar war, dass ein junges Mädchen wie Emma nicht viel sagen kann, um sich aus einer Situation zu befreien, in die sie so ein kranker Scheißkerl gebracht hat.
    Außerdem hat er mir ein Foto

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