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Die Totensammler

Die Totensammler

Titel: Die Totensammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PAUL CLEAVE
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anbrüllt, das hat er schon immer, und jetzt hat er, ohne es zu wollen, seinen Namen verraten.
    »Hat Adrian auch einen Nachnamen?«
    »Hör auf damit«, sagt er wütend. »Schluss jetzt, Schluss mit den Fragen.« Er hält sich die Ohren zu und schließt die Augen, aber er kann immer noch hören, wie Cooper ihm Fragen stellt. Er tritt ein paar Schritte von der Tür zurück. Nach einer Minute verstummt Cooper schließlich, und Adrian nimmt seine Hände fort.
    »Ich habe dir was zu essen gemacht.«
    »Ich möchte nichts essen. Ich möchte, dass du mich hier rauslässt.«
    »Du wirst dich schon an die Zelle gewöhnen«, sagt Adrian. Und kratzt sich seitlich am Kopf, wo es plötzlich juckt. »Ich werde versuchen, sie dir bequemer einzurichten. Siehst du das hier?«, fragt er und breitet die Arme vor dem kleinen Fenster aus. »Ich habe diese Sachen aus deinem Haus hergebracht, all deine Souvenirs von Serienmördern. Damit du deine eigene Sammlung bei dir hast – ich weiß ja, wie wichtig sie dir ist, genauso wichtig wie du mir. Die Sachen gehören immer noch dir«, sagt er dann schnell. »Ich will sie nicht. Aber wenn man’s recht bedenkt, sind wir uns gar nicht so unähnlich. Du sammelst Souvenirs von Serienmördern, und …«
    »Und du sammelst Serienmörder. Ich hab’s kapiert.«
    »Ich bin so froh, dass du jetzt mir gehörst. »
    »Ich gehöre dir nicht, du durchgeknallter Scheißkerl«, sagt Cooper mit verächtlicher Stimme. Es ist abstoßend.
    »Sei nicht so gemein«, sagt Adrian, doch dann fällt ihm ein, dass er von ihnen beiden derjenige ist, der die Ruhe bewahren sollte. Schließlich konnte er die Sache tagelang überdenken, Cooper nur ein paar Minuten. Er kann nicht erwarten, dass er zu sich kommt und die Situation sofort akzeptiert. »Du solltest was essen«, sagt er, in der Hoffnung, dass er durch den Themenwechsel und das Essen, das er zubereitet hat, schneller die erforderliche Beziehung zu ihm aufbauen kann.
    »Hör zu, Adrian. Ich kann nicht hierbleiben. Diese Sache wird nicht funktionieren. Das wirst du bald einsehen, und mich gehen lassen, aber dann ist es zu spät, die Polizei wird dich einsperren und …«
    »Du musst bei Kräften bleiben.«
    »Herrgottnochmal«, brüllt Cooper und schlägt mit einem Gegenstand, der aussieht wie ein Schuh, gegen das Fenster. »Kommt denn überhaupt nichts bei dir an?«
    »Schluss mit den Fragen«, brüllt Adrian zurück, und ehe er sich’s versieht, tritt er gegen den Couchtisch, und das Sandwich, das er zubereitet hat, verteilt sich über Wand und Boden. Die Laterne fällt herunter, flackert ein paar Sekunden, ohne auszugehen, und rollt herum, sodass die Schatten über die Wand wandern.
    »Klasse, wirklich klasse«, schreit er, »jetzt sieh dir an, was du angerichtet hast. Das war’s, das war’s – heute gibt’s kein Mittagessen mehr. Dann musst du eben hungern«, sagt er, und er tritt erneut gegen den Couchtisch, hebt die Laterne auf und marschiert nach oben. Er wollte unbedingt einen guten Eindruck hinterlassen, einen bleibenden ersten Eindruck, aber das ist ihm missglückt, und das ist Coopers Schuld.
    »Du kannst mich nicht hier festhalten«, brüllt Cooper aus dem Keller.
    An der Tür bleibt Adrian stehen und schaut nach unten zur Zelle. Cooper starrt durch das Fenster zu ihm hinauf. »Wir kriegen das schon hin«, sagt er. »Nicht lange, und wir sind Freunde. Ich verzeihe dir, dass ich deinetwegen so ein Chaos angerichtet habe.«
    »Du leidest unter Wahnvorstellungen.«
    »Ich. Leide. Nicht. Unter. Wahnvorstellungen«, sagt er und stößt die Worte einzeln hervor. Warum halten ihn alle Leute für verrückt? Das begleitet ihn schon sein ganzes Leben lang, und er hat es satt. Er schaut auf seine Füße hinunter, auf seine blank polierten Schuhe. Er hat sie geputzt, um ein gutes Bild abzugeben, und jetzt weiß er nicht mal, warum er sich überhaupt die Mühe gemacht hat. Oder hat er sie nicht gründlich genug geputzt? Ist das das Problem? Der rechte ist von dem Tritt gegen den Couchtisch verkratzt. Die fünfzehn Dollar, die er letzte Woche im Secondhand-Laden für sein Hemd und seine Krawatte ausgegeben hat, waren wohl rausgeschmissenes Geld. Er blinzelt die Haare aus seinen Augen. Und spürt, dass ihm die Tränen kommen. Die Sache ist anders gelaufen, als er es sich vorgestellt hat.
    Wütend und verwirrt knallt er die Kellertür hinter dem schreienden Cooper zu, während er sich fragt, ob es nicht einfacher wäre, wenn er seine Sammlung in Brand stecken

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