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Die Totensammler

Die Totensammler

Titel: Die Totensammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PAUL CLEAVE
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den Geschmack von Blut im Mund. Die Nacht war so kalt, dass die Luft von Nebel erfüllt war, und ich wünschte mir nichts sehnlicher, als dass das alles nur ein Traum wäre. Denn ich war zu jenem Mann geworden, der meine Frau und meine Tochter überfahren hatte. Das war das Schlimmste. Ich griff nach der halb leeren Flasche Alkohol am Boden des Wagens und schleuderte sie hinaus in die Nacht, und seitdem habe ich keinen Tropfen mehr angerührt.
    Donovan Green beobachtet mich mit einem flehenden Blick. Obwohl er weiß, dass seine Tochter tot ist, hofft er, dass sie noch lebt.
    »Ich werde Auslagen haben«, sage ich, und ich hasse es, ihn darum zu bitten, aber ich habe einfach kein Geld. »Ich habe nicht mal einen Wagen. Oder ein Handy.«
    »Sie kriegen alles, was Sie brauchen.«
    »Ich kann Ihnen nichts versprechen.«
    »Doch, können Sie. Sie können mir versprechen, dass Sie tun, was nötig ist, um den Mann aufzuspüren, der sie entführt hat, und dass Sie, wenn Sie ihn gefunden haben … dass Sie sich bei mir melden, bevor Sie die Polizei benachrichtigen. Sie arbeiten für mich, nicht für die. Sie melden sich bei mir, nicht bei denen.«
    Ich nicke langsam und sehe vor meinem geistigen Auge, wie Donovan Green mit dem Mörder seiner Tochter durch den Wald marschiert, während ich ihn begleite, um dafür zu sorgen, dass er seine Rache kriegt. Und diesmal hat er – zumindest in meiner Vorstellung – den Mumm, die Sache zu Ende zu bringen. »Wir wissen nicht, ob sie entführt wurde«, sage ich. »Nicht mit Sicherheit.«
    »Sie wurde entführt. Ich weiß es. Ich weiß es einfach.«
    »Erzählen Sie mir von ihr«, sage ich, und während er das tut, wird mir klar, dass ich nie eine Chance hatte, mich von dieser Welt fernzuhalten.
    Kapitel 8
    Adrian stellt das Tablett auf den Couchtisch und geht zur Tür. Er weiß, dass das, was er zu sagen hat, für Cooper nicht angenehm sein wird. Er ist deswegen schon den ganzen Morgen nervös, erst vor zehn Minuten hat er sich ins Badezimmerwaschbecken übergeben. Sein Magen brennt, und sein Hals ist wund. Er wünschte, jemand würde ihm die Sache abnehmen. Doch es ist jetzt an ihm, sich verständlich zu machen, seine Gründe darzulegen. Wenn ihm das gelingt, wird Cooper einwilligen, hierzubleiben. Das muss er. Er hat die letzten zehn Minuten gegen die Zellentür gehämmert, wie Adrian als Kind, doch im Laufe der Jahre hat er es aufgegeben, denn es hat nie etwas genutzt. Seit er beschlossen hat, eine Sammlung anzulegen, weiß er, dass es für Cooper nur zwei mögliche Reaktionen gibt – entweder ist er verärgert und wütend oder verzweifelt und demütig. Am Hämmern kann Adrian seine Reaktion ablesen.
    Coopers Gesicht ist nur wenige Zentimeter von der Glasscheibe entfernt. Adrian tritt ein wenig zur Seite, damit Licht in die Zelle fällt. Cooper sieht zwar nicht besonders gut aus, macht aber zu Adrians Erleichterung einen gefassten Eindruck.
    »Wo bin ich?«, fragt Cooper.
    »Ähm …«, fängt Adrian an. Plötzlich ist seine Zunge so schwer, dass er sie nicht mehr bewegen kann, und all die Worte in seinem Kopf sind wie weggeblasen, als hätte man mit einem Schwamm über eine Tafel gewischt, er kann sich an absolut nichts mehr erinnern. Er weiß, dass dies ein wichtiger Moment ist. Er hat sich sogar ein paar bedeutungsvolle Worte zurechtgelegt, um Eindruck zu machen. Er hat angefangen mit Willkommen in meiner Sammlung , so wie er das vorhatte, doch jetzt wünschte er, er hätte sich alles aufgeschrieben. Was für ein elementarer Fehler, denkt er und muss dann plötzlich grinsen bei der Vorstellung, wie stolz Cooper wäre, wenn er wüsste, was für Fremdwörter er kennt. Doch gleichzeitig wäre er enttäuscht, weil Adrian das hier nicht auf die Reihe kriegt. »Ähm …«, wiederholt er, und inzwischen kann er seine Zunge etwas mehr bewegen, doch je schneller er versucht zu denken, desto unklarer werden seine Gedanken.
    »Wer zum Henker bist du?«, fragt Cooper.
    »Die … die erste Regel für einen Serienmörder lautet …«, sagt er, dankbar für die Worte – mein Gott, er ist so nervös, dass er sich am liebsten noch mal übergeben würde. »Er darf sein Opfer nicht als Individuum betrachten«, sagt er mit gesenktem Blick.
    »Bin ich das? Eines deiner Opfer?«, fragt Cooper.
    »Hä?«
    »Hocke ich deshalb in diesem Käfig?«
    Adrian ist verwirrt. »Käfig? Nein, das hier ist ein Keller«, sagt er und schaut sich um. Sieht Cooper das nicht? »Das kann man daran erkennen, dass es

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