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Die Totensammler

Die Totensammler

Titel: Die Totensammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PAUL CLEAVE
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jemanden vorbei, der nach deiner Personenbeschreibung eine Zeichnung anfertigt. Wir werden sie an die Zeitungen weiterleiten. Vielleicht erkennt ihn ja jemand wieder. Und dann ruh dich ein wenig aus und schone dein Bein.«
    Ich befördere mein Bein und den Rest von mir zu meinem Wagen. Er stand nicht weit genug vom Haus entfernt, um vor der Hitze geschützt zu sein, der Lack auf Motorhaube und Beifahrerseite hat Blasen geworfen. Da ich mein Bein nicht anwinkeln kann, muss ich es beim Gehen zur Seite schwingen. Ich habe gerade die Tür geöffnet, als aus der Menschenmenge ein Mann auf mich zukommt.
    »Hey, Bruder, Sie haben echt Glück gehabt, dass Sie’s da rausgeschafft haben«, sagt er. Er hat langes blondes Haar, das zu ein Meter langen Dreadlocks verzwirbelt ist und nach nassem Hund stinkt. Er trägt eine armeegrüne Cargohose und ein T-Shirt mit der Aufschrift Sie sind nicht mehr in Guatemala, Dr. Huxtable . Sein Gesicht ist tiefbraun, und seine Lippen sind von der Sonne aufgeplatzt; eine Hand hat er in der Hosentasche, und die andere hält eine Zigarette. »Sie sind ’n Cop, stimmt’s?«
    »Haben Sie gesehen, wer das Feuer gelegt hat?«, frage ich und stehe zum Leidwesen meines Knies wieder auf. In den Gestank der Dreadlocks mischt sich der Geruch von Gras. Seine Augen sind blutunterlaufen.
    »Nee, tut mir leid, Bruder. Ist mit dem Professor alles okay?«
    »Sind Sie einer seiner Studenten?«, frage ich.
    »Nee, sein Nachbar.«
    »Glauben Sie, dass ihm was zugestoßen ist?«, frage ich.
    Er zuckt mit den Achseln. »Ich glaub schon. Aber eins vorweg, Mann, Sie können mich nicht verhaften. Ich hab kein Gras bei mir.«
    »O Mann«, sage ich.
    »Abgemacht?«
    »Geht klar. Ich verspreche Ihnen, dass ich Sie nicht verhaften werde.«
    »Ich hab gestern Morgen was beobachtet. Ich hab vor meinem Haus gehockt, also, ich saß einfach so da, hab mich ent spannt und was geraucht, Sie wissen, was ich meine, oder? Und dann hab ich gesehen, wie sich dieser Bursche auf den Uni-Heini zubewegt, und der Uni-Heini geht zu Boden, und der andere Bursche hilft ihm auf.«
    »Welches ist Ihr Haus?«
    »Das da, Bruder«, sagt er und deutet auf das Gebäude gegenüber von Coopers. Es handelt sich um einen einstöckigen Bau in derselben Farbe, den man wie alle anderen auf der Straße in ein schmales Grundstück gezwängt hat. Der einzige Unterschied besteht darin, dass das Grundstück seit dem Winter keinen Rasenmäher mehr gesehen hat.
    »Warum haben Sie nicht die Polizei gerufen?«
    »Weil ich … also, weil ich mir nicht ganz sicher war, was ich überhaupt gesehen habe. Ich dachte, ich halluziniere, weil ich was geraucht hatte, und da hättet ihr mich doch gleich mitgenommen. Danach hab ich die ganze Sache wieder vergessen, bis sein Haus, also, lichterloh in Flammen stand. Mann, was für ein Anblick, unfassbar. Egal, ich dachte, ich sollte Ihnen das erzählen.«
    Am liebsten würde ich ausprobieren, ob sich der Verband an meiner Hand auch als Boxhandschuh eignet. »Sie hätten das gestern melden müssen!«
    »Ich wollte keinen Ärger kriegen. Ich musste, na ja, zu Ende bringen, was ich zu Ende bringen musste«, sagt er und fügt hinzu: »Mann, hab ich ’nen Kohldampf.«
    »Scheiße.«
    »Hey, immer schön locker bleiben«, sagt er und hebt die Hände. »Glauben Sie, dass mit Professor Mono alles wieder in Ordnung kommt?«
    »Was?«
    »Glauben Sie, dass mit ihm wieder alles in Ordnung kommt?«
    »Wie haben Sie ihn gerade genannt?«
    »Professor Riley.«
    »Nein. Sie haben ihn anders genannt.«
    »Ach so«, sagt er und fängt an zu grinsen. »Erzählen Sie’s ihm nicht, aber ein paar Laute in der Nachbarschaft nennen ihn Professor Mono, na ja, wegen seinem Unfall.«
    »Was für ein Unfall?«
    Er fängt an zu lachen. »O Mann, das ist echt nicht komisch, das war … lassen Sie mich überlegen, dass muss vor drei, vier Jahren gewesen sein. Ja, vor vier Jahren, glaub ich, nee, vielleicht doch eher drei. Ich wohne hier seit fünf Jahren. Es gefällt mir hier, Mann. Was glauben Sie wohl, wovon ich das Haus gekauft habe? Na, was glauben Sie?«
    »Was für einen Unfall meinen Sie?«
    »Ich hab im Lotto gewonnen, Bruder. Klasse, was?«
    Am liebsten würde ich ihm einen Tritt verpassen. »Der Unfall?«, sage ich, um ihn daran zu erinnern.
    »Ach ja. Also, eigentlich weiß ich gar nicht genau, wie das passiert ist, aber ich hab ’nen Freund, und seine Freundin arbeitet als Schwester im Krankenhaus, und sie meinte zu ihm, dass sie Cooper

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