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Die Totensammler

Die Totensammler

Titel: Die Totensammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PAUL CLEAVE
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Boden steht sein Aktenkoffer. Er kniet sich hin, lässt den intakten Verschluss aufschnappen und klappt ihn auf. Der Inhalt wurde durcheinandergeschüttelt. Er durchstöbert die Sachen.
    Die Kamera fehlt.
    Sie ist herausgefallen, als der Aktenkoffer beschädigt wurde. Falls Adrian sie nicht hat.
    Das ändert alles.
    Er schließt den Koffer. Dann nimmt er die Lampe und eilt Richtung Treppe. Obwohl er vor ein paar Minuten noch gegen die Tür gehämmert hat, will er jetzt unbedingt möglichst leise sein. In der Welt dort draußen, ein gutes Stück von dieser entfernt, hat sich sein Haus zwar in ein Häufchen Asche verwandelt, ist sein Leben den Bach runtergegangen, doch das Schlimmste wäre, hier unten für immer eingesperrt zu sein. Die Kellertür ist wahrscheinlich abgeschlossen, doch verglichen mit der Zelle hat er selbst hier das Gefühl, in Freiheit zu sein. Wenn sie abgeschlossen ist, wird er einfach auf dieser Seite warten, bis Adrian zurückkehrt. Er muss seinen Kidnapper töten, er sieht keine andere Möglichkeit. Er muss. Wenn er es nicht tut, ist das Risiko zu groß. Er wird Adrian töten, und die Polizei wird ihm die Hölle heißmachen. Wenn er eins mit Sicherheit weiß, dann, dass die Polizei unter allen Umständen eine Verurteilung erreichen will. Er hat das schon öfter erlebt. Er hat erlebt, wie Männer eingesperrt wurden, von denen man wusste, dass sie unschuldig waren, und es gibt erwiesenermaßen Fälle, in denen die Polizei Beweise gefälscht hat, um eine Verurteilung zu erwirken.
    Er wird Adrian töten und das Leben dieser Frau retten – und im Knast landen.
    Mitten auf der Treppe bleibt er stehen.
    Die Polizei wird ein Problem sein.
    Aber erst recht die verschwundene Kamera.
    Er geht weiter die Treppe hinauf. Dann hockt er sich hin und presst ein Ohr an die Tür, doch auf der anderen Seite ist nichts zu hören. Dort warten so viele Möglichkeiten.
    Das Mädchen ist zwei Stufen hinter ihm. Sie scheint keine Vorstellung davon zu haben, was als Nächstes passieren wird.
    Letztlich ist es die verschwundene Kamera, die ihn zu einer Entscheidung bringt. Wäre sie im Aktenkoffer gewesen, wäre das hier vielleicht anders gelaufen. Es ist wirklich ein Jammer, denn er ist dem Mädchen aufrichtig dankbar für seine Hilfe.
    Er hat noch acht Minuten. Das ist eine Menge Zeit.
    »Es gibt was, das sollte ich dir sagen, bevor ich die Tür öffne«, sagt er, »denn ich war dir gegenüber nicht ganz ehrlich.«
    Kapitel 23
    Ich stehe vor Coopers Büro und lese Melissas Studentenakte durch, während ich auf Schroder warte. Allerdings heißt sie jetzt nicht mehr Melissa X. Sondern Natalie Flowers. Sie war neunzehn Jahre alt, als sie sich an der Canterbury University einschrieb. Sie hat bereits zwei Jahre hier studiert, bevor sie sich entschied, einen Abschluss in Psychologie zu machen. Nachdem sie das Fach drei Jahre belegt hatte, schrieb sie sich für Kriminalpsychologie ein und besuchte Cooper Rileys Seminar. Anderthalb Monate später brach sie ihr Studium dann ab. Zur selben Zeit hat Cooper Riley sich für fünf Wochen freigenommen. Ich rechne nach. Dann wäre die Melissa X in dem Video, das ich gesehen habe, sechsundzwanzig Jahre alt gewesen. Sie wirkte ein wenig älter, aber vielleicht war sie nur etwas reif für ihr Alter.
    Ich habe keine Lust mehr, in der Eingangshalle zu warten, außerdem tut mir von der Lauferei das Bein weh. Ich finde, es macht nichts, wenn ich in Coopers Büro warte. Drinnen setze ich mich hinter seinen Schreibtisch. Öffne die Schubladen und durchsuche alles, was ich zwischen die Finger kriege. Dabei werfe ich immer wieder einen Blick nach draußen, von hier oben habe ich den Weg zur Psychologischen Fakultät bestens im Auge. Mir bleibt noch genug Zeit, das Zimmer zu verlassen, sobald Schroder auftaucht. Ich klicke auf die Computermaus, und der Monitor springt an. Auf dem Desktop erscheint eine Insel, inmitten von klarem Wasser; vielleicht wollte Cooper dort mal hinfahren. Ich klicke mich durch die Ordner, finde jedoch nichts von Interesse. Auf dem Computer gibt es keinerlei private Dateien, lediglich Arbeitsunterlagen. Ich überflie ge ein paar der Themenbereiche, die Cooper unterrichtet. Ziemlich düsteres Zeug, Zeug, von dem schlechte Menschen träumen und gute Menschen Albträume kriegen. Ich sehe nach, ob Natalie Flowers irgendwo erwähnt wird, doch Fehlanzeige.
    Ich betrachte das Foto von ihr, das an dem Tag gemacht wurde, als sie sich hier eingeschrieben hat, und versuche mir

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