Die Totentänzerin: Ein Fall für Nils Trojan 3 - Psychothriller (German Edition)
über die Gefäße in den Regalen, gefüllt mit geheimnisvollen Kräutern und Tinkturen, die schematischen Darstellungen des menschlichen Körpers und ihrer Energiezonen, die chinesischen Schriftzeichen, die er nicht verstand, bis ihm vor Müdigkeit die Augen zufielen.
Als er wieder zu sich kam, stand der Doktor vor ihm.
»Wie ist es gelaufen ? Was ist mit … mit meinem Freund ?«
»Freund schlafen. Gehen ihm gut.«
Wang hielt ein Gläschen in der Hand.
»Kugel ist hier drin. Wollen mitnehmen ?«
Widerwillig ergriff er es und schluckte die Übelkeit hinunter, als er die Patrone und die blutigen Schlieren darin sah.
»Hat er sehr leiden müssen ?«
»Kein Grund zur Sorge. Freund müssen ausruhen, Arm eine Weile stillhalten, dann er können wieder mit Waffe spielen.«
Wangs Grinsen war beinahe zahnlos.
Trojan wollte aufstehen, aber Wang machte eine abwiegelnde Handbewegung.
»Bleiben noch einen Moment sitzen und atmen durch, sehen blass aus.« Der Chinese beugte sich zu ihm herab und musterte ihn. »Ich sehen, haben Angst, immer noch Angst.«
Trojan wich ein Stück vor ihm zurück. Diese Hellsichtigkeit war ihm unheimlich
»Und da sein Streit. Streit mit Freundin vielleicht ?«
Er nickte zaghaft.
»Müssen klären. Alles in Bewegung, Energien dürfen nicht stocken, Blockaden führen zu Angst. Patient finden Ausgleich und können wieder schlafen. Haben genug Tee zu Hause ?«
Um den Vortrag dadurch vielleicht zu unterbinden, nickte er wieder.
Doch Wangs Gesicht näherte sich dem seinen bis auf wenige Zentimeter.
»Und da sein noch etwas. Großes Unheil. Jemand, nach dem Patient suchen. Bringen viel Tod. Müssen ihn finden, sonst Unheil wird niemals vergehen.«
Er war wie festgenagelt von seinem Blick.
Endlich verschwand der Chinese irgendwo in der Tiefe der verwinkelten Wohnung.
Trojan wartete einen Moment ab, dann erhob er sich und öffnete die Tür zum Nebenzimmer.
Landsberg lag auf dem Operationstisch ausgestreckt. Er war wach und starrte zur Decke.
»Bist du okay, Hilmar ?«
Vorsichtig wandte er den Kopf zu ihm um.
»Glaub schon.«
Trojan trat dicht zu ihm heran.
»Danke, Nils, danke für alles.«
Er registrierte den Verband, er sah frisch und sauber aus.
»Hat er dich vor dem Eingriff wenigstens betäubt ?«
»Irgendwie schon, aber frag mich nicht, wie.«
»Schmerzen ?«
»Weitaus weniger als zuvor. Er sagt, ich hab Glück gehabt. Keine Sehne verletzt, nichts am Knochen, nichts zerschmettert. Heute Abend soll ich zum Verbandswechsel wiederkommen.«
»Gut. Was hat dich der ganze Spaß gekostet ?«
»Dreihundert Euro.«
Trojan ließ pfeifend die Luft durch die Zähne entweichen.
»Natürlich im Voraus und in bar. Gut, dass ich so viel dabeihatte.«
»Dafür stellt der Typ keine Fragen.«
»Und er weiß wirklich nicht, dass wir Bullen sind ?«
»Und wenn schon, so was interessiert ihn nicht.« Er ließ die Patronenkugel in dem Behältnis klappern. »Willst du das als Andenken behalten ?«
»Bloß weg damit. Schmeiß es in den Müll.«
Trojan sah sich nach einem Abfalleimer um und feuerte das Gläschen hinein.
»Kannst du aufstehen ?«
»Werd’s versuchen.«
Und wieder half er seinem Chef auf die Beine.
Als sie zurück auf der Straße waren, ging über den Dächern von Neukölln gerade die Sonne auf.
Achtzehn
Um sieben Uhr morgens fiel Trojan erschöpft in sein Bett, er hatte nicht einmal mehr die Kraft, sich die Kleidung auszuziehen. Noch im Einschlafen schwirrte ihm die Frage durch den Kopf, ob Landsberg die Wahrheit erzählte hatte. Seine Geschichte von der nächtlichen Waffenreinigung klang wenig überzeugend. Vielmehr nagte an Trojan der Verdacht, seine Schussverletzung könnte etwas mit Theresa zu tun haben.
Doch schon war er eingeschlummert.
Er träumte von Dr. Wang, lag selbst bei ihm auf dem Operationstisch und sah, wie der Chinese in seinem geöffneten Brustkorb herumwühlte. Er war bei vollem Bewusstsein, empfand aber nicht den geringsten Schmerz. Staunend beobachtete er, wie Wang ein langes blutiges Knäuel aus ihm hervorzog,
» Sehen, Patient haben das hier mit sich herumzuschleppen, nun ich haben entfernt.«
» Was ist das ?«
Wang lächelte. » Patient finden ein Wort dafür und haben keine Angst mehr.«
Unheil, dachte Trojan im Traum.
Das Knäuel baumelte vor seinem Kopf hin und her.
» Wollen behalten ?«, fragte der Chinese.
Trojan konnte nicht antworten.
Da ließ der Doktor es fallen, und es glitt ihm ins Gesicht.
Trojan wollte schreien, aber
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