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Die Totgesagten

Titel: Die Totgesagten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
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wiedererkannten: Hänsel und Gretel . Sie sahen sich an. Kjell nickte. »Tja, das müsste schon ein sehr merkwürdiger Zufall sein. Als ich Ihre Anfrage las, ist mir sofort wieder eingefallen, dass ich mich damals gewundert habe, weil es eine Seite aus einem Märchenbuch war. Börje hatte ja gar keine Kinder.«
    »Haben Sie die Seite noch?« Patrik hielt den Atem an. Kjell sagte nichts, aber in seinen Mundwinkeln zuckte ein Lächeln, als er ihm die Plastikhülle reichte, die auf dem Stuhl neben ihm gelegen hatte. »Eine Kombination aus Professionalität und Glück«, grinste er.
    Andächtig nahm Patrik die Klarsichthülle entgegen und warf einen Blick auf das Blatt, das darin steckte. Dann reichte er es an Martin weiter, der es ebenfalls gespannt betrachtete.
    »Und die anderen Punkte? Die Verletzungen und die Todesursache?« Patrik nahm die Fotos der Leiche genauer in Augenschein. Er glaubte, rund um den Mund blaue Schatten erahnen zu können, aber der Tote war in einem so fortgeschrittenen Stadium der Verwesung, dass man nicht viel erkennen konnte. Patrik drehte sich fast der Magen um.
    »Leider wissen wir nichts über seine Verletzungen. Wie gesagt, bei seinem Zustand … Außerdem hatte Börje ständig irgendwelche größeren oder kleineren Verletzungen. Es fragt sich, ob wir überhaupt reagiert hätten, wenn …« Er brachte den Satz nicht zu Ende, aber Patrik wusste auch so, was er meinte. Börje war ein Säufer gewesen, der häufig in Schlägereien verwickelt war. Man war einfach davon ausgegangen, dass er sich zu Tode gesoffen hatte. Im Nachhinein erwies es sich als Fehler, dass man die Leiche nicht untersucht hatte – aber hinterher war man ja immer klüger.
    »Aber er war doch stark alkoholisiert?«
    Kjell nickte so eifrig, dass sein Schnurrbart hüpfte. »Ja, das stimmt. Sein Promillegehalt war abartig hoch. Er hatte mit den Jahren eine beachtliche Alkoholtoleranz aufgebaut. Nach Einschätzung des Rechtsmediziners hatte er sicheinfach eine ganze Flasche reingekippt und war daran gestorben.«
    »Gibt es Angehörige, mit denen wir uns unterhalten könnten?«
    »Nein, Börje hatte keine. Kontakt hatte er nur mit der Polizei und seinen Saufkumpanen. Und mit seinen Knastbrüdern.«
    »Warum hat er gesessen?«
    »Ach, da kam einiges zusammen. Im obersten Ordner liegt eine Liste. Körperverletzung, Nötigung, Trunkenheit am Steuer, fahrlässige Tötung, Einbruch und so weiter. Er hat mehr Zeit im Knast als draußen verbracht.«
    »Kann ich die Akten mitnehmen?« Patrik drückte sich selbst die Daumen.
    Kjell nickte. »Ja, natürlich. Sie müssen mich unbedingt anrufen, wenn Sie unsere Hilfe brauchen. Ich werde mich ein bisschen umhören. Vielleicht finden wir noch mehr raus.«
    »Vielen Dank.« Patrik und Martin standen auf.
    Auf dem Weg zum Ausgang mussten sie wieder rennen, um mit Kjell Schritt zu halten. Die Füße ihres südschwedischen Kollegen legten auf dem Flur den reinsten Trommelwirbel hin.
    »Fahren Sie heute noch weiter?« Vorm Ausgang drehte sich Kjell zu ihnen um.
    »Nein, wir haben ein Zimmer im Scandic Hotel reserviert, damit wir die Unterlagen in Ruhe durchgehen können, bevor wir morgen unsere nächste Station anfahren.«
    »Nyköping, habe ich gehört.« Kjell machte plötzlich ein sehr ernstes Gesicht. »Es ist ungewöhnlich, dass ein Mörder in einem so großen Radius agiert.«
    »Ja«, sagte Patrik mit demselben Ernst in der Stimme. »Das ist ungewöhnlich. Äußerst ungewöhnlich.«
    »Was möchtest du lieber? Die Wauwaus oder Marits Akte?« Gösta konnte seinen Unmut über das enorme Ar beitspensumnicht verbergen. Auch Hanna wirkte nicht besonders motiviert. Wahrscheinlich hatte sie sich auf einen gemütlichen Samstagvormittag mit ihrem Mann gefreut. Aber Gösta musste zugeben, dass die Überstunden in diesem Fall gerechtfertigt waren. Fünf Mordermittlungen waren kein Pappenstiel.
    Hanna und er hatten sich in die Küche gesetzt, um den Haufen Arbeit zu erledigen, den Patrik ihnen aufgebrummt hatte, aber keiner von beiden verspürte auch nur die geringste Lust. Gösta betrachtete Hanna, die am Spülbecken Kaffee einschenkte. Sie war von Anfang an nicht gerade kräftig gewesen, aber mittlerweile war sie richtig mager. Wieder fragte er sich, ob sie private Probleme hatte. In der letzten Zeit wirkten ihre Gesichtszüge immer so angespannt, fast gequält. Vielleicht konnten ihr Mann und sie keine Kinder bekommen, überlegte er. Sie war ja schon vierzig. Am liebsten hätte er ihr angeboten,

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