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Die Totgesagten

Titel: Die Totgesagten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
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sich bei ihm auszusprechen, aber er hatte das Gefühl, dass ein solches Angebot nicht gut ankommen würde. Hanna strich sich eine hellblonde Strähne aus dem Gesicht. Plötzlich sah Gösta, wie viel Zerbrechlichkeit und Unsicherheit in dieser Bewegung lag. Hanna Kruse war wirklich eine widersprüchliche Frau. Nach außen hin gab sie sich stark, nassforsch und mutig. Manchmal jedoch ahnte er hinter ihren Gesten etwas ganz anderes, etwas … Kaputtes. Ein passenderes Wort wollte ihm dafür nicht einfallen. Doch als sie sich jetzt zu ihm umdrehte, kamen ihm Zweifel. Interpretierte er zu viel hinein? Ihr Gesicht war verschlossen und zeigte keine Spur von Schwäche.
    »Ich nehme Marits Akte.« Sie setzte sich an den Tisch. »Und du die Wauwaus. Einverstanden?« Sie blickte ihn über den Rand ihrer Kaffeetasse an.
    »Einverstanden. Ich habe doch gesagt, dass du es dir aussuchen kannst«, brummte er.
    Hanna lächelte, und ihre Züge wurden weicher. Göstas Zweifel an seinen Vermutungen wuchsen.
    »Istes nicht gemein, dass man so viel arbeiten muss?« Hanna zwinkerte ihm zu. Gösta lächelte zurück. Er schob die Gedanken an ihr Privatleben beiseite und beschloss, sich einfach über diese neue Kollegin zu freuen. Er mochte sie wirklich gern.
    »Dann kümmere ich mich mal um die Wauwaus.« Er stand auf. »Wuff«, machte sie und lachte. Dann schlug sie den Aktenordner auf.
    »Hier sollen sich heute dramatische Dinge abgespielt haben.« Lars blickte streng in die Runde. Keiner der Teilnehmer sagte ein Wort. Er versuchte es noch einmal. »Würde mich bitte jemand darüber aufklären, was hier vorgefallen ist?«
    »Tina hat sich zum Affen gemacht«, murmelte Jonna.
    Tina warf ihr einen wütenden Blick zu. »Das habe ich nicht! Ihr seid doch nur neidisch, weil ihr das Tagebuch nicht gefunden habt und nicht selbst auf die Idee gekommen seid.«
    »So was Gemeines würde ich nie tun.« Mehmet starrte auf seine Schuhspitzen. Er trat seit einigen Tagen ungewöhnlich zurückhaltend auf.
    »Was ist mit dir los, Mehmet? Du bist so still.«
    »Nichts.« Er schien seine Schuhe immer noch ungeheuer interessant zu finden. Lars sah ihn prüfend an, ließ die Sache aber auf sich beruhen. Mehmet war offensichtlich nicht bereit, sich zu öffnen. Vielleicht würde es in der Einzelsitzung besser klappen. Lars wendete sich wieder Tina zu, die trotzig den Kopf in den Nacken warf.
    »Was stand denn in dem Tagebuch? Worüber hast du dich so aufgeregt?«, fragte er sanft. Tina presste demonstrativ die Lippen zusammen. »Was war so schlimm, dass du dich berechtigt gefühlt hast, Lillemor so … bloßzustellen?«
    »Sie hat geschrieben, dass Tina kein Talent hat«, kam Calle ihr zuvor. Seine Stimme hatte einen bösartigen Un terton.Seit der Diskussion im Gestgifveri war sein Verhältnis zu Tina mehr als angespannt, und so nutzte er die Gelegenheit, um ihr eins auszuwischen. Die Bemerkungen, die sie ihm an den Kopf geworfen hatte, taten immer noch weh. Er wollte sie um jeden Preis verletzen. »Und das kann man ihr nicht zum Vorwurf machen«, fügte er kalt hinzu, »sie hat nur eine Tatsache ausgesprochen.«
    »Halt die Fresse, halt die Fresse, halt die Fresse!«, schrie Tina. Speicheltröpfchen spritzten ihr aus dem Mund.
    »Jetzt beruhigen wir uns mal«, sagte Lars bestimmt. »Lillemor hat also etwas Abfälliges über dich in ihr Tagebuch geschrieben, und deshalb fandest du, du hättest das Recht, ihr Angedenken zu schänden.« Tina wich seinem strengen Blick aus. So wie er es ausdrückte, klang es so … hart.
    »Sie hat doch über jeden gelästert.« Tina blickte in die Runde und hoffte, Lars würde sich einem anderen Gruppenmitglied zuwenden. »Sie hat geschrieben, dass du ein verwöhnter Junge mit reichem Papi bist, Calle, und dass du, Uffe, einer der dämlichsten Typen bist, die ihr je begegnet sind, und dass Mehmet tierische Angst hat, den Erwartungen seiner Familie nicht gerecht zu werden, und dass er endlich mal ein bisschen Rückgrat zeigen sollte!« Sie machte eine Pause und ließ ihren Blick zu Jonna schweifen. »Und über dich hat sie geschrieben, dass deine Luxusprobleme lächerlich sind, dass du vor Selbstmitleid strotzt und sie deine Schlitzerei total albern findet. Ihr habt also alle euer Fett abbekommen! Jetzt wisst ihr Bescheid! Ist hier immer noch irgendjemand der Meinung, wir sollten ›Barbies Angedenken in Ehren halten‹, oder was ihr hier für eine Scheiße labert? Falls ihr ein schlechtes Gewissen habt, weil ihr sie an ihrem

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