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Die Tränen der Henkerin

Die Tränen der Henkerin

Titel: Die Tränen der Henkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Martin
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Arme.
    »Katherina!« Erhard griff nach ihrer Hand. »Ich will nur das Beste für unseren Sohn, das musst du mir glauben.«
    Katherina zog ihre Hand weg. »Dadurch, dass du dich ständig wiederholst, wird das, was du sagst, noch lange nicht wahrer. An ihren Taten sollt ihr sie messen, nicht an ihren Worten.«
    »Dann miss mich an meinen Taten. Ich will helfen, Gertrud zu finden. Was kann ich tun? Braucht ihr Geld? Leute?«
    »Warum, Erhard?«
    »Warum was?« Erhard sah seine Frau verständnislos an. Was war nur in sie gefahren? Hatte die Sorge um ihre Enkeltochter ihr den Verstand geraubt?
    »Warum du auf einmal helfen willst«, sagte Katherina leise. »Das will ich wissen. Glaubst du, dass du auf diese Weise Melissa in die Finger bekommst?«
    Daher wehte also der Wind. Katharina traute ihm nicht über den Weg. Sie hatte natürlich Recht: Wo Gertrud war, musste auch Melissa sein. »Daran hatte ich gar nicht gedacht, ehrlich«, sagte er und schaute seiner Gemahlin in die Augen. »Mich treibt einzig und allein die Sorge um mein Enkelkind.«
    »Das du gar nicht kennst, nicht einmal angesehen hast, als du hier warst. Ein Kind, das du nicht als dein Fleisch und Blut anerkennen wolltest.«
    Er ließ den Kopf hängen. Das Scherbengericht war noch lange nicht zu Ende.
    Katherina trat einen Schritt auf ihn zu. »Du glaubst, dass sie das Kind entführt hat? Du hältst sie tatsächlich für so schändlich?«
    Zorn rührte sich in Erhard. War sie denn immer noch so blind? Nach allem, was geschehen war? »Ja, ich glaube, dass Melissa Gertrud entführt hat«, stieß er wütend hervor. »Wie dumm bist du eigentlich, Weib? Wer sonst sollte so etwas tun? Erst verschwindet sie, dann das Balg. Selbst der Dümmste kann eins und eins zusammenrechnen und kommt zum richtigen Ergebnis!«
    Oswald erhob sich, kam langsam auf Erhard zu, blieb aber stehen, als Erhard ihn wütend anfunkelte. Er wandte sich wieder an Katherina. So viel Blindheit machte ihn rasend. »Diese Frau ist gefährlich!«, schrie er. »Hast du das noch immer nicht begriffen? Gefährlich und verschlagen. Siehst du das denn nicht, Katherina?« Er holte tief Luft und packte sie an den Oberarmen. »Ich weiß, dass es falsch war, Wendel zu verstoßen. Ich hätte ihm beistehen müssen. Aber es wäre genauso falsch, ihn jetzt Melissas Ränken zu überlassen.«
    Katherina machte sich mit einer abrupten Handbewegung los.
    Erhard ballte die Fäuste. Er hatte sie erneut gegen sich aufgebracht. Aber er konnte nicht anders; er musste sagen, wovon er überzeugt war – auch wenn es ihn in Schwierigkeiten brachte.
    »Wir brauchen deine Hilfe nicht.« Sie wich zurück, ging auf die Haustür zu. »Es ist besser, wenn du jetzt gehst.«
    Wieder flammte Wut in ihm auf. »Wendel ist mein Sohn!«, schrie er. »Ich werde ihn niemals seinem Schicksal überlassen, Weib! Hörst du? Niemals! Ich werde ihn vor Gefahren schützen, egal, ob du mir dabei hilfst oder nicht!«
    »Erhard Füger!« Katherina flüsterte die Worte fast. »Du verlässt jetzt dieses Haus. Wenn nicht, rufe ich die Büttel. Hier hast du nichts zu sagen, und mir hast du schon lange nichts mehr zu sagen. Du bist ein dickköpfiger beleidigter Esel, der die Wand nicht sieht, an der er sich den Kopf aufgeschlagen hat. Du bist ein jähzorniger Trottel, der keine Ahnung vom Leben hat. Du siehst nur dich und deine Nasenspitze. Und alles was nicht hineinpasst in diesen Pisspott, in dem deine kleine Welt schwimmt, ist in deinen Augen des Teufels oder Hexenwerk. Unser Sohn hat eingesehen, dass er falsch gehandelt hat, und er wird es wiedergutmachen. Doch du, du siehst gar nichts ein. Du bist vollkommen verbohrt. Solange du dich von deinem Hass leiten lässt, will ich dich nicht mehr sehen. Geh mir aus den Augen!«
    Jedes Wort traf Erhard wie ein Fausthieb. Wie konnte sie nur wagen, so zu ihm zu sprechen? Sie war sein Weib, sie hatte ihm zu gehorchen. Doch was brachte es ihm, wenn er von seinem Recht Gebrauch machte und Gehorsam einforderte? Er würde sie nur gänzlich verlieren. Und das konnte, das durfte nie geschehen. Entmutigt ließ er die Arme sinken. Er spürte kaum, wie Oswald ihn an der Schulter packte und auf die Straße schob.
    Oswald band die Pferde los, die Michel vor dem Haus festgemacht hatte. Benommen stieg Erhard auf seinen Gaul, gab ihm die Sporen und scherte sich nicht darum, dass die Menschen zur Seite springen mussten, um nicht unter die Hufe zu geraten, oder dass die Wachen am Stadttor ihm Flüche hinterherriefen, weil

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