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Die Tränen der Henkerin

Die Tränen der Henkerin

Titel: Die Tränen der Henkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Martin
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stimmte nicht.
    Als sich der Applaus legte, lächelte von Melchingen gequält und neigte sich zu Ulrich. »Werter Graf, verzeiht mir, aber ich habe nicht die geringste Ahnung, wovon Ihr sprecht«, raunte er so leise, dass nur Ulrich es hören konnte. »Was ist denn mit de Bruce? Und was habe ich mit ihm zu schaffen?«
    »Später, mein Guter«, flüsterte Ulrich, setzte ein huldvolles Lächeln auf und klatschte abermals in die Hände. Akrobaten stoben in die Mitte des Saals, schlugen Räder, bauten menschliche Pyramiden, Musik spielte auf, und aus den Akrobaten wurden Tänzer.
    Mit Genugtuung sah Ulrich, dass von Melchingen sich seine Verwirrung nicht weiter anmerken ließ, sondern immer wieder den Pokal hob, Huldigungen entgegennahm und sich ganz so verhielt, wie es ein Held tun sollte.
    Ein paar gebratene Wachteln, Pfauen und Karpfen sowie einige Krüge Wein später erhob sich Ulrich, dankte den Gästen und bedeutete von Melchingen, ihm in seine privaten Gemächer zu folgen.
    Sie nahmen direkt am Kamin Platz, in dem ein wärmendes Feuer loderte. Noch war zwar Sommer, doch die Nächte am Rande der Alb waren bereits kalt.
    »Ihr habt keine Ahnung von de Bruce’ Machenschaften«, stellte Ulrich ohne weitere Einleitung fest. »Und Ihr habt mir auch vor Eurer Abreise keinen Brief geschrieben, in dem Ihr ihn selbiger bezichtigt. Ihr wisst nichts von seiner Verurteilung und seiner Flucht, und Ihr wisst auch nicht, dass er tot ist.«
    Von Melchingen starrte ihn an. »In der Tat. Von alledem weiß ich nichts. De Bruce ist tot? Hingerichtet?«
    »Tot: ja. Hingerichtet: nein.« Ulrich seufzte. »Er wurde der Weinpanscherei überführt und zum Tode verurteilt. Durch eine Intrige entzog er sich der Strafe. Irgendwie ist es ihm gelungen, den Uracher Henker durch einen seiner Männer zu ersetzen, der ihm die Flucht ermöglichte. Zwei Jahre haben wir nichts von ihm gehört, und nun fand ausgerechnet einer meiner Leute ihn, als wir auf der Jagd waren. Er wurde von einer Bärin gerissen.«
    »Das ist ja unfassbar!«, rief von Melchingen entsetzt. »Dass der Graf krumme Geschäfte gemacht hat, überrascht mich wenig. Aber der Rest der Geschichte ist wirklich abenteuerlich.« Er beugte sich vor. »Doch was habe ich damit zu tun, dass Ihr mir in aller Öffentlichkeit Euren Glückwunsch ausspracht?«
    Ulrich rief seinen Verwalter, der einen Brief hereintrug und von Melchingen überreichte. Einen Brief mit Burkhard von Melchingens Siegel und mit seiner Unterschrift.
    Der Gast studierte ihn gründlich. »Ich habe dieses Dokument nicht verfasst«, sagte er schließlich. »Ich hatte nicht die geringste Ahnung von Ottmar de Bruce’ betrügerischen Geschäften. Ich muss allerdings zugeben, dass das Siegel von meinem eigenen nicht zu unterscheiden ist.«
    »Und die Unterschrift?«, fragte Ulrich.
    »Eine sehr gute Fälschung.«
    Ulrich stand auf. Er hob zu sprechen an, aber von Melchingen kam ihm zuvor. »Ich muss wissen, wer hinter dieser infamen Sache steckt«, stieß er zwischen den Zähnen hervor. »Wer weiß, was dieser Unbekannte noch in meinem Namen verbreitet hat! Sind weitere Dokumente aufgetaucht, die mein Siegel und meine Unterschrift tragen?«
    »Nicht, dass ich wüsste. Diesen Schlag gegen de Bruce scheint jemand geführt zu haben, der sehr spezielle Absichten hegte«, sagte Ulrich nachdenklich. »Jemand, der ganz besondere Eigenschaften auf sich vereint.«
    »Ganz recht. Und er muss über Wissen verfügen, das die meisten Menschen nicht besitzen«, ergänzte von Melchingen. »Das sollte ihn überführen. Dem Fälscher gebührt der Tod. Es kann nicht sein, dass irgendein Betrüger sich meines Siegels und meiner Unterschrift bedient und …«
    Ulrich hob die Hand. »Sicher, sicher, das ist eine unerhörte Anmaßung. Wer immer dieses Dokument verfasst hat, hat sich gegen die gottgewollte Ordnung gestellt. Aber er hat uns auch einen Gefallen getan. De Bruce’ Verbrechen wären nie entdeckt worden, hätte dieser Mensch mir nicht den entscheidenden Hinweis geliefert. Wer weiß, was diesem Verbrecher noch alles eingefallen wäre!«
    »Das mag ja sein. Dennoch müssen wir Kundschafter losschicken, die Augen und Ohren offen halten, um diesen Betrüger zu entlarven! Wir müssen ihn finden und öffentlich über ihn zu Gericht sitzen. Er verdient die härteste Strafe, die es gibt, auf dass niemand auf die Idee komme, mich jemals wieder so bloßzustellen!« Von Melchingen atmete schwer.
    Ulrich kratzte sich am Kinn. »Ich würde auch gerne

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