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Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin

Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin

Titel: Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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Stunden vergingen quälend langsam. Und dann konnte sie in ihrem engen Prüfungsrock auch nicht reiten, sie musste also eine Chaise mieten, was die Sache weiter aufhielt.
    So bog sie auch erst am späten Nachmittag in den Weg ein, der von Timaru zu Richards Farm führte. Erleichtert trieb sie das Pferd noch einmal an und fuhr im Trab auf den Hof. Von Richard war nichts zu sehen, aber sehr schnell entdeckte sie Hamene – der allerdings zu ihrer Verwunderung nicht mit irgendeiner Farmarbeit beschäftigt war, sondern einfach auf dem Hof stand und Richtung Temuka ins Leere starrte.
    »Atamarie!« Der junge Maori wandte sich zu der jungen Frau um, sobald er den Wagen hörte. Sein eben noch angespannt wirkendes Gesicht drückte Erleichterung aus. »Atamarie, die Geister haben dich geschickt. Irgendetwas ist mit Richard. Vorhin kam sein Bruder vorbei und brachte dieses Papier, was die pakeha Zeitung nennen. Richard hat darin gelesen, und dann … er war ganz durcheinander, er hat es zerrissen, er hat … Miss Shirley meint, er habe geweint …«
    »Shirley?« Atamaries Frustration entlud sich in Ärger. »Was macht die denn schon wieder hier?«
    Aber wahrscheinlich hatte Richards Bruder sie gleich mitgebracht. Zum Trösten sozusagen, nachdem Familie Pearse nichts Besseres zu tun gehabt hatte, als Richard sein Versagenunter die Nase zu reiben! Atamarie spürte flammende Wut in sich aufsteigen.
    »Ist ja auch egal«, murmelte sie, während Hamene schon zu einer Antwort ansetzte. »Damit beschäftigen wir uns später. Jetzt muss ich erst … wo ist Richard, Hamene? Wie geht es ihm jetzt? Was … was macht er?«
    Atamarie befürchtete, ihren Freund wieder in der Küche zu finden, blicklos starrend, diesmal auf die Zeitung mit dem Bericht über den Triumph der Brüder Wright.
    Hamene wies hilflos in Richtung Temuka. »Er hat den Vogel genommen«, berichtete er dann. »Ich wollte helfen, aber er hat ihn allein aus der Scheune gezerrt, er war wie von Sinnen, ich glaube, es ist sogar was kaputtgegangen. Und dann ist er damit den Hügel rauf. Ich hab nach ihm Ausschau gehalten, als du kamst.«
    Atamarie schwang sich wieder in ihre Chaise und nahm die Zügel auf. »Ich fahr ihn suchen, Hamene! Oh Gott, hoffentlich macht er keinen Unsinn!«
    Sie wusste, dass es wenig Sinn machen würde, den jungen Maori danach zu fragen, wie lange Richard bereits unterwegs war. Hamene konnte die Uhr nicht lesen und der Versuch, seine Umschreibungen zu verstehen, würde sie nur Zeit kosten. Da machte sie sich besser gleich auf den Weg und trabte die Straße hoch. Vor der Ginsterhecke stand Shirley und blickte in die gleiche Richtung wie Hamene. Atamarie beachtete sie nicht. Sie musste Richard aufhalten – in einem derart aufgewühlten Zustand durfte er nicht fliegen.
    Schon nach wenigen Schritten ihres Pferdes erkannte sie jedoch, dass es zu spät war. Sie hörte den Motor des Fliegers, und gleich danach sah sie die Maschine auch bereits die Straße entlangschweben. Richard hielt sie gerade und sicher nicht zu hoch über dem Boden, nachdem er sie langsam hatte aufsteigen lassen. Atamaries Herzschlag beruhigte sich. Er machtedas hervorragend und sichtlich überlegt. Er war also doch nicht durchgedreht, sondern hatte wahrscheinlich die gleiche Idee gehabt wie sie. Nun wollte er den Flieger nur noch einmal testen, bevor er sich an die Presse wandte.
    Aber dann verließ das Flugzeug den Straßenverlauf. Statt einfach an Richards Farm vorbeizufliegen, bog es in genau die Richtung ab, verlor an Höhe …
    »O nein!«
    Atamarie schrie, aber natürlich hörte Richard sie nicht. Und dies hier war auch kein Unfall. Die Maschine trudelte nicht, sie stürzte nicht ab. Der Pilot lenkte sie in seine Ginsterhecke! Die linke Tragfläche des Flugzeugs zerbarst bei dem Aufprall.
    Atamarie hatte vorerst genug mit ihrem Pferd zu tun, das vor dem Riesenvogel gescheut hatte, als Richard näher kam. Allerdings beruhigte es sich schnell, nachdem der Flieger in der Hecke verschwunden war. Atamarie überließ es am grasbewachsenen Wegrand sich selbst. Wenn es weglief, hatte sie Pech gehabt. Sie musste jetzt erst mal … Was musste sie eigentlich? Atamarie wusste nicht, was sie fühlte. Etwas war in ihr gestorben, aber auch etwas anderes erwacht, als sie Richard fliegen sah. Erst als sie ihn sah, bewegungslos unter seinem Flieger hängend, offensichtlich unverletzt, aber auch nicht willens, auszusteigen, wurde ihr klar, was sie empfand: Wut, so wilde, brüllende Wut,

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