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Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin

Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin

Titel: Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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ansehen? Dass Sie sich aufgeregt haben? Und den Streit mit Kevin? Wenn Sie sich jetzt das Gesicht waschen und sich nachher umziehen, schön frisieren und vor allem lächeln, merkt das kein Mensch.«
    »Ich kann aber nicht immer lächeln!«, stieß Doortje aus. Es klang wie ein Wimmern. »Ich kann nicht immer … so sein wie …«
    Matariki seufzte. Darum ging es also. Kevin hatte irgendetwas an Doortjes Auftreten nicht gefallen. Nun war ihr das von vorneherein etwas gekünstelt vorgekommen. Doortje trug modische Kleidung, die ihr sehr gut stand, aber sie bewegte sich nicht wie eine Frau, die das Leiden für die Schönheit von klein auf gewohnt war. Womöglich ging es um das leidige Korsett.
    »Ich weiß«, sagte sie freundlich. »Die pakeha -Gesellschaft kann da gnadenlos sein. Immer Haltung bewahren, immer perfekt sein … Allein dieses Korsett! Sie sehen übrigens hinreißend aus, Doortje. Das Kleid ist von Kathleen, oder? Aber heute ist doch die Familie unter sich, für uns müssen Sie sich nicht kasteien! Atamarie und ich werden kein Korsett tragen und Lizzie garantiert auch nicht. Und Sie sind auch ohne Fischknochen wunderschön, Doortje. Ist mein Vater nicht ganz verrückt nach Ihnen?« Sie lächelte wissend.
    »Michael Drury ist doch gar nicht Ihr Vater!«, brach es aus Doortje heraus.
    Matariki runzelte die Stirn. »Es ging gerade nicht um Ihr Aussehen, oder?«, fragte sie, kühler, aber doch gelassen. »Atamarie hat Recht, Sie wussten nicht, dass ich Maori bin …«
    Doortje gab wieder ein ersticktes Schluchzen von sich, es klang fast gespenstisch. Matariki fragte sich, warum sie nicht einfach in Tränen ausbrach, aber Doortje beherrschte sich eisern. Sie weinte nicht vor Trauer und Wut, das hatte Matariki schon gehört – und es schien so, als ob sie es jetzt auch nicht aus diesem seltsamen Gefühl der Rührung heraus tat. Matariki sah, dass ihre Reaktion Doortje dennoch überraschte. Es war wohl das erste Mal, dass man sie hier nicht gleich scharf verurteilte, wenn sie Dunkelhäutige ablehnte.
    »Sind Sie doch gar nicht«, flüsterte sie. »Sie sind … ein Halbblut. Farbig. Wie diese … diese … Juliet. Und das ist schlimmer als schwarz, weil … Sie tragen das Kainsmal im Gesicht.«
    Matariki lachte und warf ihr langes schwarzes Haar zurück. »Also, bislang hat man mir immer gesagt, ich sei ganz gut aussehend. Ich bin übrigens eine Häuptlingstochter. Da war ich früher sehr stolz drauf. Eine echte Prinzessin.«
    »Aber eine Farbige kann doch nicht … in Afrika will die keiner haben, auch nicht die Kaffern …«
    Doortje schien wider Willen fasziniert. In ihrem Land erwartete man von den Farbigen Unterwürfigkeit, hier zeigte Juliet Drury-LaBree Impertinenz. Aber jemand, der auch noch Stolz auf seine zweifelhafte Abkunft zeigte, war ihr noch nie untergekommen.
    »Arme Kinder«, sagte Matariki mitleidig. Doortje starrte sie an. Auch das eine Bemerkung, mit der sie nun wirklich nicht gerechnet hätte. »Überall ausgestoßen … es muss schlimm für diese Menschen sein in Ihrem Land. Kein Wunder, dass sie ihr Aussehen als Kainsmal empfinden. Aber hier ist das ganz anders. Maori-Stämme nehmen alle Kinder freundlich auf. Und früher, als es hier noch kaum pakeha gab, oder damals in Polynesien, wo die Maori ursprünglich herkamen, da war es eine Ehre für eine Frau, ein Mischlingskind zu gebären. Die Mädchen schlichen sich zu den Weißen und boten sich ihnenan, und wenn eine schwanger wurde, hatte sie das große Los gezogen! Andere Völker, andere Sitten, sagen die pakeha . Und wir sagen: Jeder iwi hat seine eigenen tikanga  … Das kommt übrigens von ›tika‹ , Wahrheit. Man kann es mit ›Jeder Stamm hat seine eigenen Bräuche‹ übersetzen oder auch mit ›Jeder Stamm hat seine eigene Wahrheit‹.«
    Doortje schüttelte den Kopf. »Aber das kann nicht sein. Es gibt nur eine Wahrheit, die göttliche Wahrheit. Und die Bibel sagt, nur wir sind auserwählt.«
    Sie wunderte sich, als Matariki lachte. »Entschuldigen Sie, aber das habe ich schon mal gehört. Nein, mehrmals. In der Bibel meint es die Israeliten. Also die Juden.«
    »Die Juden?«, fragte Doortje verwirrt. »Nein, nein, es meint die Israeliten. Die Juden sind … eher wie die Engländer … so … raffgierig … Die mag Gott gar nicht! Aber die Voortrekker. Die sind wie die Israeliten. Weil beide Völker vertrieben worden sind und sich durch feindliche Gegenden vorkämpfen mussten in ihr verheißenes Land.«
    Matariki

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