Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin
sofort.
»Ich … suche eigentlich … Shirley und Richard Pearse«, sagte sie. Der freundliche Empfang war angenehm, aber befremdlich. »Das … das ist doch die Farm von Pearse, oder?«
Die Frau schüttelte den Kopf. »Nein, tut mir leid, junge Frau. Da kommen Sie zu spät. Dies war zwar die Farm von Richard Pearse, aber mein Mann und ich haben sie vor fünf Monaten gekauft. Mr. Pearse hat uns einen guten Preis gemacht, ein netter junger Mann, wenn auch etwas … verwirrt.« Sie lächelte nachsichtig. »Aber kommen Sie gern trotzdem rein, ich habe gerade Kaffee gemacht. Ich bin noch etwas einsam hier, ich freu mich über Gesellschaft! Ich bin übrigens Emma Baker.« Sie hielt Roberta freundlich die Hand hin.
Roberta schlug ein und folgte ihrer Gastgeberin ins Haus.Warum sollte sie Mrs. Baker nicht den Gefallen tun und ihr etwas Gesellschaft leisten? Sicher konnte sie einiges über Richard Pearse erzählen.
»Warum hat er denn verkauft? Mr. Pearse, meine ich«, fragte Roberta, als eine Tasse Kaffee und ein Teller köstlicher Plätzchen vor ihr standen. Mrs. Baker heizte sogar den Ofen an, damit sie ihren Umhang trocknen konnte. »An sich wollte er doch … also entschuldigen Sie, ich kannte ihn gar nicht. Aber meine Freundin kannte ihn recht gut, und sie meinte, er habe nie wegziehen wollen. Erst recht nicht, nachdem er geheiratet hat.«
»Er hat geheiratet?« Mrs. Baker nahm sich einen Keks. »Also davon weiß ich nichts. Uns hat er nur erzählt, er zöge nach Milton.«
»Milton?«
Roberta verschluckte sich fast an ihrem Kaffee. Milton lag nur gut dreißig Meilen von Dunedin entfernt – und noch näher an Lawrence, dem Ort, zu dem Elizabeth Station gehörte. Es gab eine Zugverbindung nach Dunedin, Pearse hätte Atamarie jederzeit sehen können. Natürlich war sie in den letzten Monaten in Parihaka gewesen. Aber Roberta hätte etwas davon gehört, wenn er nach ihr gefragt hätte.
»Da habe er eine neue Farm gekauft, hier gefiele es ihm nicht mehr, sagte er. Und er hat tatsächlich einen seltsamen Ruf, die Leute haben sich die Mäuler über ihn zerrissen. Insofern verständlich, dass er wegwollte.«
Mrs. Baker schien für so ziemlich jedermann auf der Welt Verständnis aufzubringen. Roberta fühlte sich wohl bei ihr.
»Er war Flieger«, erzählte sie. »Er ist früher geflogen als die Brüder Wright.«
Mrs. Baker zuckte die Schultern. »Ja, wir haben das komische Fluggerät noch in der Scheune. Mr. Pearse mochte es nicht mitnehmen, aber auch nicht seinem Vater geben, der wollte esverschrotten. Während mein Rob meinte, es könnte gern hier stehen bleiben. Frisst ja kein Brot. Und wer weiß, vielleicht wird’s noch wertvoll.« Sie lachte. »Jetzt halten die Nachbarn uns auch für ein bisschen komisch. Aber das wird sich schon noch geben … braucht ja Zeit auf dem Land, bis man mit allen so richtig warm wird.«
Roberta stimmte Mrs. Baker zu. »Aber wenn Sie die Plätzchen für den nächsten Gemeindebasar spenden, wird man Sie lieben!«, bemerkte sie.
Mrs. Baker kicherte. »Oder hassen. Wir kommen aus Sussex, und ich hab früher schon jeden Backwettbewerb auf der Landwirtschaftsausstellung gewonnen. Macht einen nicht unbedingt beliebter … Aber dazu fällt mir ein – wenn Sie mehr über Mr. Richard wissen wollen, fragen Sie doch auf der übernächsten Farm mal nach, bei Hansleys. Die sind gut bekannt mit den alten Pearses … welche wiederum uns nicht besonders mögen. Digory behauptet, wir hätten seinen Sohn beim Kauf übervorteilt. Aber das stimmt nicht, bei dem Zustand, in dem das Haus war, konnte er beim besten Willen nicht mehr verlangen.«
Roberta interessierte der Preis für die Farm nicht sonderlich, aber den Namen Hansley hatte Atamarie erwähnt.
»Wollte Richard nicht deren Tochter heiraten?«, fragte Roberta und stand auf, um sich zu verabschieden. »Shirley Hansley?«
Mrs. Baker zuckte die Schultern. »Das weiß ich beim besten Willen nicht, Herzchen. Aber es war wirklich nett, dass Sie vorbeigekommen sind. Es sind überhaupt alle so nett hier in Neuseeland. Außer unseren Nachbarn … aber das wird schon noch.«
Roberta überließ sie ihrem Optimismus, band ihr Pferd los und fuhr an der Farm der Petersons vorbei zu Hansleys. Eine große Farm, wesentlich ausgedehnter als das Anwesen derBakers, aber ebenso gut gepflegt. Der Empfang war allerdings nicht halb so herzlich.
»Was wollen Sie?« Die große blonde Frau schoss auf den Hof, kaum dass Robertas Pferd auf den
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