Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin
vielleicht bereits vergeben war. Stattdessen verliebte er sich jeden Tag mehr in die spröde Burin. Es wurde zweifellos Zeit, dass er hier wegkam. Das Hospital würde aufgelöst werden, sobald die schweren Fälle transportfähig wären. Willcox und Tracy bereiteten in Wepener schon Räume vor, in denen die Männer weiterbehandelt werden konnten.
Immerhin hatte die Verschlechterung von Willem DeWees’ Zustand zur Folge, dass die Frauen im Haus sich weniger um Doortje kümmerten. Am Abend schien sie sogar fast wieder in Gnaden aufgenommen zu sein, die Bibellesung durfte sie zumindest wieder vornehmen.
Kevin sprach dafür mit Cornelis, der gegen Abend erneut zu Bewusstsein kam und sich gern mit ihm unterhielt. Er schüttelte lächelnd den Kopf, als Kevin vorsichtig nach seiner Beziehung zu Doortje fragte.
»Für Adrianus VanStout käme ich als Schwiegersohn nie infrage«, gab er dann viel umfassender Auskunft, als Kevin gehofft hatte, »selbst wenn Doortje und ich einander liebten. Aber wir sind von Kindheit an wie Bruder und Schwester, an eine andere Verbindung hätte ich nie gedacht. Ich liefe sonst aber auch Gefahr, mit der Flinte von VanStouts Land gejagt zu werden. Nein, nein, ein VanStout-Mädchen würde niemals mit einem Feigling und Bücherwurm wie mir verheiratet werden. Und ein Kirchenamt habe ich auch nicht, und unsere Farm ist nicht besonders groß. Martinus dagegen ist jetzt schon Beisitzer, er wird in den Ältestenrat berufen werden, sobald er eine Familie gegründet hat. Seine Farm ist angrenzend und …«
»Martinus?«, unterbrach ihn Kevin.
Der Verwundete nickte und versuchte, eine bequemere Lagerung zu finden. Kevin half ihm und war froh, dass er sein Gesicht nicht sah, während er weitererzählte. »DoortjesVerlobter. Alter Voortreckker Adel, sein Urgroßvater ist mit Doortjes Urgroßvater getreckt. Irgendwie sind sie auch weitläufig verwandt … jedenfalls stand es schon immer fest, dass Doortje und Martinus heiraten. Es war für dieses Jahr geplant. Aber Martinus und Adrianus waren natürlich die Ersten, die in den Krieg zogen. Doortje wäre gern mitgegangen – wie meine Mutter und Tante Antina. Aber für ein so junges Mädchen allein schickt sich das natürlich nicht, und Tante Bentje konnte nicht wegen ihrer Blindheit. Sie brauchte auch Hilfe hier zu Hause. Also blieben alle hier, und jetzt warten sie darauf, dass Adrianus und Martinus wiederkommen.«
Kevin biss sich auf die Lippen. »Martinus ist wahrscheinlich auch ein verwegener Reiter und hervorragender Schütze …«
Cornelis lächelte. »Sie hören sich an, als wären Sie eifersüchtig, Doktor!«
Kevin antwortete nicht. Aber dann dachte er, dass er die Frage auch einfach stellen konnte. Wenn man ihm seine Gefühle ohnehin ansah …
»Mijnheer Pienaar … Doortje … also dieser Martinus … Liebt sie ihn?«
Das Feldlazarett auf der VanStout-Farm blieb noch fast eine Woche lang bestehen. So lange dauerte es, bis die letzten Schwerverwundeten transportfähig oder gestorben waren – außerdem warteten die Einheiten und Stabsärzte auf neue Einsatzbefehle.
Doortje VanStout ging Kevin aus dem Weg – sehr viel hatte sich nicht geändert zwischen ihr und den Besatzern. Sie suchte auch Cornelis nicht auf, ebenso wenig wie seine Mutter.
»Was machen wir denn bloß mit Ihnen, wenn wir abziehen?«, sorgte sich Kevin um seinen burischen Patienten, zu dem er mittlerweile ein freundschaftliches Verhältnis entwickelt hatte.
Cornelis war aufgeschlossen und beantwortete all die Fragen, die Südafrika und seine Menschen für Kevin aufwarfen.Er schilderte die Buren von einer völlig anderen Warte als Ribbons und die Engländer vom Kap. So kam nun auch Kevin in den Genuss ausgiebigster Berichte von der Landnahme der »Voortrekker«.
»Sie waren ungemein tapfer – wie sie da mit ihren Ochsenkarren und ihrem Hausrat ins Nichts zogen, es war ja niemals jemand auf der anderen Seite der Berge gewesen. Die Natur war feindlich … die Tafelberge, die Wüste … da musste man erst mal drüber weg. Und dann die Eingeborenen …«
»… die sich aus unerfindlichen Gründen ihr Land nicht wegnehmen lassen wollten!«, spottete Kevin.
Cornelis zuckte die Achseln. »So sehen Sie das. Aber für diese Leute … Die Voortrekker sahen sich als Nachfolger der Israeliten, sie erwarteten Gottes verheißenes Land. Von den Angriffen der Zulu waren sie völlig überrascht – fast etwas beleidigt. Und sie fühlten sich von allen Seiten verfolgt.
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