Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin
Aber er wünschte sich offensichtlich nichts mehr, als trotzdem dazuzugehören.
Kevin ging noch einmal zu ihm, bevor die Ärzte abritten, um sich in Wepener mit ihrer Truppe zu vereinigen.
»Ich kann Sie hier wirklich so liegen lassen?«, fragte er zweifelnd. »Wir können Sie mit nach Wepener nehmen, da würden Sie weiterversorgt werden.«
Cornelis schüttelte allerdings den Kopf. »Das ist sehr freundlich, aber nein. Sobald Sie weg sind, wird meine Familie sich um mich kümmern. Meine Mutter wird mich in Gnaden wieder aufnehmen.« Er seufzte. »Sie wird behaupten, Sie hätten mich gegen meinen Willen operiert, egal, wie oft ich das leugne. Und Antina … vielleicht ist sie ein bisschen weicher geworden, seit Willem gestorben ist.«
Der zweite burische Verwundete war nach langem Todeskampf dem Wundbrand erlegen. An eine Sinnesänderung bei seiner Frau glaubte Kevin jedoch nicht. Antina DeWees hatte sich noch an seinem Grab in Beschimpfungen gegen die Engländer und ihre Verbündeten ergangen.
»Dann bestellen Sie Doortje noch mal Grüße von mir«, meinte Kevin resignierend. »Ich dachte, wir könnten vielleicht noch einmal reden, aber sie …«
»Sie kann nicht«, tröstete ihn Cornelis. »Die anderen würden ihr das nie verzeihen. Aber ich bin sicher, sie … sie denkt freundlich an Sie.«
Kevin seufzte. Er konnte Cornelis nicht sagen, dass ihm das nicht genügte.
Und dann, als er auf sein Pferd stieg, sah er Doortje mit ihrer Schwester Johanna und Nandé am Brunnen stehen. Das schwarze Mädchen lächelte den Abreitenden schüchtern zu, Johanna tat, als sähe sie sie gar nicht, und Doortje … sie hob nur einmal schüchtern den Blick. Kevins Herz schlug höher, als er keinen Hass darin sah, eher Bedauern.
»Auf Wiedersehen, Miss Nandé!«, grüßte Kevin, freundlich, aber provokant. Die Burenfrauen mussten es als Affront empfinden, dass er das schwarze Mädchen ansprach. »Und Johanna und Mejuffrouw Doortje. Ich hoffe, wir sind Ihnen nicht allzu lästig gefallen …«
Doortje sah aus, als ränge sie mit sich. Dann schluckte sie, und ihr Gesicht verzog sich zu einem Lächeln.
»Verrenken Sie sich nicht die Zunge. Sagen Sie einfach Doortje. Und sonst … wir mussten es nehmen, wie Gott es uns gab.«
Kevin meinte fast, ein Zwinkern in ihren Augen zu erkennen. Er erwiderte ihr Lächeln.
»Alles geschieht, wie Gott es will«, bemerkte er mit Predigerstimme. »Und ich hoffe, Sie nehmen es ihm nicht übel, falls wir uns irgendwann wiedersehen.«
Damit setzte er sein Pferd in Gang, aber als er sich noch mal umwandte, sah er, dass Doortje ihm nachschaute. Obwohl Johanna böse auf sie einsprach. Und irgendetwas in ihrer Haltung und ihrem Blick gab ihm Hoffnung. Was wusste Cornelis, was wusste der ach so perfekte Martinus von Doortje VanStouts geheimsten Wünschen und Träumen?
Kevin ertappte sich dabei, vor sich hin zu pfeifen. Als er von Gott sprach, hatte er weniger den gestrengen Patriarchen desAlten Testamentes vor Augen gehabt. Eher dachte er an den beleidigten Taranaki oder an Rangi, die Gottheit, die immer noch um Papa weinte.
KAPITEL 8
Lizzie Drury war eigentlich ein friedfertiger Mensch und auch durchaus langmütig. Sie hatte früh gelernt, aus den Widrigkeiten ihres Lebens das Beste zu machen. Aber das Leben hatte sie nicht auf ihre Schwiegertochter Juliet vorbereitet.
»Sie könnte wenigstens irgendetwas tun!«, ärgerte sich Lizzie einige Wochen nach Juliets Einzug Michael gegenüber.
Es war Winter, und die Schafe standen am Haus. Sie mussten also versorgt werden, und beide Drurys hatten damit alle Hände voll zu tun. Dazu waren viele Mutterschafe früh gedeckt, ihre Lämmer kamen bereits zur Welt und sorgten für zusätzliche Aufregung. Lizzie schleppte fast immer ein verstoßenes oder verwaistes Lamm mit sich herum, bis es dann kräftig genug war, um ihr blökend überallhin zu folgen. Gewöhnlich entlockten diese Lämmer jedem weiblichen Wesen ein hingerissenes »Ach, wie niedlich!«. Matariki und Atamarie hatten sich bei ihren Besuchen auf der Farm stets kaum von ihnen trennen können. Auch hinter Lizzies Maori-Freundin Haikina tapsten meist ein oder zwei Lämmer her. Ihr Stamm züchtete fast ebenso erfolgreich wie Michael. Lediglich Juliet schien die Tierkinder widerwärtig zu finden, aber sie konnte auch den Hofhunden – wohlerzogenen und sehr menschenfreundlichen Border Collies – nicht das Geringste abgewinnen.
»Nun verlangt ja auch keiner von ihr, beim Ablammen zu
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