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Die Tränen der Massai

Die Tränen der Massai

Titel: Die Tränen der Massai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Coates
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sehen, dass du kein Purko warst, denn sonst wäre er so schnell gerannt, dass selbst der starke Speerarm eines Purko ihn nicht hätte erreichen können.«
    »Bitte, das genügt, Elias«, sagte Noah. »Wir wollen ihn in dein
Enkang
bringen. Er braucht Essen und Ruhe. Und würdest du bitte so freundlich sein, euren
Laibon
zu holen?«
    Elias, dem es Leid tat, dass er so wenig gastfreundlich gewesen war, beugte sich vor, um zu helfen.
    Kireko hob die Hand. »Ich danke dir, aber lass das. Ich möchte dein
Enkang
ohne Hilfe betreten.«
    Noah und Elias wechselten einen Blick. Kireko wehrte die helfenden Hände der beiden sanft ab, richtete sich auf, rückte das
Simi
in der Scheide zurecht und ging los.
    Er verlor das Bewusstsein, bevor er auch nur zwei Schritte auf das
Enkang
zugemacht hatte.
     
    Kireko erwachte keuchend. Der Schmerz stach in seinen Bauch, und einen Augenblick war sein Kopf eine Straußenfeder im Wind, die sich in den Lichtstrahlen in der Hütte hin und her bewegte. Er rief lautlos nach dem
Motonyi,
und bald schon verschwand der Schmerz aus seinem Kopf.
    Er tastete sich zum Eingang, schob die Lederklappe beiseite und blinzelte in den goldenen Morgen. Er sah Noah und vier Krieger, die eine junge Kuh festhielten. Die Kuh wehrte sich gegen die Schlinge, die um ihren Hals gezogen war. Der
Morani
mit dem Bogen, der neben dem Tier stand, kam näher, und nachdem er einen Augenblick gezielt hatte, schoss er einen Pfeil in die schwellende Halsschlagader der Kuh. Sie zogen den Pfeil heraus, und einer der jungen Krieger fing das Blut in einem Kürbis auf. Schließlich nahmen sie der Kuh die Schlinge wieder ab und schlossen die Wunde mit einer Mischung aus Erde und Dung. Sie ließen die Kuh frei und schickten sie zur Herde zurück.
    Elias griff nach dem Kürbis und rührte mit einem langen Zweig darin herum, um das geronnene Blut daran zu sammeln. Er goss Milch zu dem Blut, dann ging er zusammen mit Noah zur Hütte.
    Als er Kireko am Eingang stehen sah, verblasste Noahs Lächeln. »Du solltest dich ausruhen, Kireko! Geh nach drinnen, ich werde dir den Kürbis bringen.«
    »Ich kann ebenso gut hier trinken. Besser, als drinnen zu hocken wie eine alte Frau am Herd.«
    Kireko setzte sich auf den Schemel am Eingang und spürte, dass ihm einen Augenblick schwindlig wurde. Noah half ihm, das schwere Gefäß zu halten, und er trank große Schlucke der warmen Flüssigkeit.
    Danach bot Noah die Kalebasse seinem Gastgeber an, der höflich ablehnte und andeutete, dass Noah als Erster trinken sollte.
    Ein Mann im
Shuka
eines
Morani
und mit vielen über Kreuz über die Brust gezogenen Perlenschnüren kam näher. »Das hier ist mein Halbbruder Tingisha«, sagte Elias.
    Tingisha war selbst für einen Massai groß. Er stieß seinen Speer in den Boden am Eingang der Hütte und hockte sich zu ihnen.
    »
Sopa«,
sagte er. Die anderen erwiderten den Gruß.
    »Ich hoffe, euer Vieh ist in guter Verfassung.«
    »Ja. Und auch das deine, darum beten wir«, sagte Noah.
    »Euer
Enkang
und all eure Leute – geht es ihnen ebenfalls gut?«, fragte der große Mann.
    »Sehr gut. Ja. Und dir selbst?«
    »Es geht mir gut.«
    »Das freut mich.«
    Tingisha wandte sich Kireko zu. »Die Purko heißen ihre Aiser-Brüder willkommen und beten zu
Ngai
für deinen Bruder. Ich bin sicher, er ist tapfer gestorben.«
    Kireko bedankte sich. Noah nickte.
    »Mein Bruder hat mir erzählt, dass dein Löwe versucht hat, dir dein
Olawaru
zu verweigern.« Er lächelte und nickte zu der Mähne hin, die vor Kirekos Füßen lag.
    Kireko brummte.
    Nachdem der Höflichkeit Genüge getan war, wurde Tingishas Miene ernster. »Vielleicht sollte ich mir deine Wunden einmal ansehen.«
    »Ich bin sicher, euer
Laibon
oder ein Ältester kann mir helfen. Es ist nur eine Kleinigkeit.«
    »Tingisha ist ein Ältester der Geschickte-Bogenschützen-Altersgruppe«, sagte Elias und zeigte auf die Zeremonialkeule, die sein Halbbruder unter dem Arm trug.
    Die beiden Besucher wechselten einen Blick. Noah war der Erste, der sprach. »Tingisha, verzeih mir meine schlechten Manieren, aber die Geschickte-Bogenschützen-Altersgruppe, das sind bereits junge Älteste, und deine Kleidung …«
    »Ja, du hast Recht, mein Freund.« Tingisha lächelte. »Aber ich arbeite im Touristenlager. Sie erwarten, dass alle Massai Krieger sind. Also muss ich mich wie einer kleiden.«
    »Tatsächlich?« Noah riss die Augen auf.
    »Und du bist auch der
Laibon?«,
fragte Kireko.
    Tingisha löste Kirekos

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