Die Tränen der Massai
einer oder beide Elternteile tot sind. An Aids gestorben.«
»Mir war nicht klar, dass das Problem solche Ausmaße angenommen hat.«
»Das hat es. AmericAid hat vor, sich mehr darum zu kümmern.«
»Ja … das ist gut.« Er sah dem Mädchen nach, das das nächste Café erreicht hatte. »Nun, wie ich sagte, ich habe gestern Joe Kibera getroffen. Ich wusste nicht, dass er Ihr Boss ist.«
»Ja, Joe ist mein Boss.« Malaika gab einen Löffel Zucker in den Kaffee.
»Er sagte mir, dass nur ein paar Leute von AmericAid zu unserem Sponsorenabend kommen.«
»Das stimmt. Joe hat nicht viel für Alkohol übrig. Und das Gleiche gilt wahrscheinlich für alle anderen Arten der Unterhaltung.« Sie schüttelte den Kopf. »Er ist ein guter Kirchgänger.«
»Werden Sie kommen?«
»Ich fürchte schon.«
»Wie meinen Sie das, Sie fürchten schon? Ich habe nur das Beste über das Intercontinental gehört.«
»Ja, ich auch, und ich hätte nichts dagegen, hinzugehen, aber …«
»Aber?«
»Es geht eher darum, wie ich hin- und wieder zurückkomme. Ich mag keine Taxis. Besonders nicht spätnachts in Nairobi. Was ist mit Ihnen? Kommen Sie?« Sie kritzelte auf ihrer Serviette herum.
»Ja. Der Boss war nicht besonders subtil, was das angeht. Unsere halbe Abteilung wird da sein.«
»Sie klingen nicht besonders erfreut darüber.«
»Ach, Sie wissen ja, wie das ist. Alle kommen in Begleitung. Und ich komme mit Bear.«
»Und was stimmt nicht mit diesem … Bear?«
»Von seinem verrückten Fahrstil einmal abgesehen? Na ja, als Erstes ist er nicht mein Typ.«
»Ich verstehe.«
»Und wenn wir tanzen, wird er wahrscheinlich führen wollen.«
Jack mochte den Klang ihres Lachens, und er begann zu überlegen. Sie beobachteten, wie ein Autofahrer in der Nähe mit den Vorderrädern zwischen zwei geparkte Wagen auf den Bürgersteig fuhr. Dann ließ er das Auto dort stehen, schlenderte mit seiner Aktentasche davon und störte sich kein bisschen daran, dass das hintere Ende des Wagens in die Straße ragte.
»Malaika, ich habe eine Idee. Wir können es auch anders machen.«
»Was machen?«
Hinter dem unvorschriftsmäßig geparkten Auto entstand bereits ein Verkehrschaos. Jack beugte sich vor, um sich über den Lärm hinweg verständlich zu machen. »Warum bringe ich Sie nicht zum Sponsorenabend?«
»Mich bringen? Ich kann nicht selbst hingehen?« Sie stellte die Tasse klirrend auf die Untertasse.
»Wie?«
»Sie glauben, ich bin eines dieser albernen, hilflosen weißen Mädchen?«
»Nein! Aber was Sie gesagt haben … über Taxis –«
»Eines kann ich Ihnen sagen: Wenn ich will, werde ich schon zum Intercontinental kommen.«
»Heh! Heh!« Er hob die Hände. »Immer mit der Ruhe.«
Sie lehnte sich ruckartig zurück, die Arme vor der Brust verschränkt.
»Ist es denn absolut unmöglich, einfach nur höflich zu Ihnen zu sein? Ich meine, ohne dass ein Streit ausbricht? Es war nur ein Vorschlag. Sie wissen schon … Höflichkeit. Leute tun es dauernd. Vielleicht ist es ein Sprachproblem. Oder vielleicht bin ich einfach nicht der diplomatische Typ.« Er schob seine Kaffeetasse beiseite. »Also gut, vergessen wir es einfach.«
Das Schweigen ging von ihrer Seite des Tischs aus.
Jack kam zu dem Schluss, dass er noch mehr zu sagen hatte. »Diese Nacht in Kericho war wirklich schlimm. Wirklich, wirklich schlimm. Für uns beide. Aber einen Augenblick lang haben wir zusammengearbeitet. Als Team. Ein paar Stunden lang sind wir uns nicht an die Kehle gegangen. Sie sind mir tatsächlich wie ein normaler Mensch vorgekommen.« Er schüttelte resigniert den Kopf. »Aber anscheinend ist das jetzt wieder vorbei.«
»Normal? Wie meinen Sie das?« Ihre Miene hellte sich ein wenig auf.
»So seltsam es Ihnen erscheinen mag, ich habe versucht, Ihnen zu helfen. Was die Fahrt zum Intercontinental angeht. Mehr hatte ich nicht im Sinn. Sie können das Angebot annehmen oder nicht. Aber Sie könnten mir vielleicht hin und wieder eine kleine Chance geben, oder?«
Sie senkte den Blick auf ihre Fingerspitzen, die sie intensiv betrachtete. »Ich dachte, Ihr Auto ist noch auf dem Weg von Australien hierher«, sagte sie so leise, dass es in dem Verkehrslärm kaum zu verstehen war.
»Es wird bald hier sein.« Seine Schultern entspannten sich. »Es gab ein Problem mit den Papieren.«
Sie nickte und betrachtete einen kleinen Fleck auf der Tischplatte. »Das sind, äh, gute Neuigkeiten. Sie werden nicht mehr mit, äh, Bear ins Büro fahren müssen.«
»Ja,
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