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Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition)

Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition)

Titel: Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
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junge Frau, die erst im Herbst einen Laden an der Stadtmauer aufgemacht hat?«
    »Genau, Madame. Sie macht sehr hübsche Hauben aus Samt und Seide, und sie sind viel leichter als die von Dame Anquielle. Sie gefallen Euch bestimmt.«
    Bourbon ließ Suzon nicht mehr aus den Augen. Sie war nicht sehr groß, und ihre beginnenden Rundungen zeichneten sich unter ihrer strengen Kleidung ab. Ihr Körper wirkte noch sehr kindlich, zeigte aber auch erste Anzeichen einer erblühenden Frau.
    Ihr offenes, frisches Gesicht schien etwas angespannt. Weiche Züge umrahmten eine kleine, flache Nase und zwei große, schmale Augen, die sofort erschrocken dreinblickten, wenn sie jemand ansah.
    Suzon bewegte sich wie eine kleine, verschüchterte Katze. Natürlich wich sie Bourbons Blicken aus, die sie auf sich ruhen fühlte, während er vermutlich herauszufinden suchte, wie rund ihre Brüste und wie lang ihre Beine unter dem grauen Baumwollkleid sein mochten.
    »Sag mal, Suzon, stimmt es eigentlich, dass diese junge Haubenmacherin einen Galan hat?«
    »Nein, Madame, das ist ihr Bruder.«
    Das Mädchen stand jetzt vor dem erkalteten Kamin. Louise beobachtete sie, wie sie hilflos auf die graue Asche starrte und offensichtlich keine Ahnung hatte, wie sie das Feuer wieder entfachen sollte.
    Die Kleine wusste überhaupt nicht, wie man Feuer machte. Warum war sie dann gekommen? Wenn Catherine anderweitig beschäftigt war, konnte ebenso gut irgendein Diener diese Aufgabe übernehmen. Daraus schloss Louise, dass ihr Suzon etwas anvertrauen wollte, sich aber in Gegenwart von Charles nicht traute.
    Nicht sonderlich geschickt nahm das Mädchen eine Handvoll
trockene Zweige und warf sie auf die Glutreste. Weil die kein Feuer fingen, fegte sie erst mal die Asche aus dem Kamin.
    Als sie sich bückte, um eines der Scheite zu nehmen, die neben dem Kamin bereitlagen, merkte sie, dass sie diese schweren Holzstücke unmöglich allein hochheben konnte.
    Bourbon sah ihr interessiert zu, machte aber keinerlei Anstalten, ihr zu helfen. Da musste Louise an ihren Mann denken, der die Zimmermädchen gern bei dieser schweren Arbeit unterstützt hatte, um wie zufällig ihre Hand oder sogar ihren Schenkel zu berühren, wenn sie gemeinsam die schweren Scheite ins Feuer hoben.
    Was das anbelangte, so war François seinem Vater sehr ähnlich, der gleiche Draufgänger und Frauenheld. Nie hätte sich ihr Sohn die wunderbare Gelegenheit entgehen lassen, einer verführerischen Dienstmagd so nahezukommen!
    »Geh jemand holen, der dir helfen soll, Suzon. Die Scheite sind viel zu schwer für dich.«
    Das Mädchen verschwand auf leisen Sohlen und versteckte sein Katzengesicht hinter einer geschäftigen Miene. Wenig später kam es in Begleitung zweier Diener wieder, die das große, schwere Holzstück mühelos hochhoben und mit lautem Getöse auf den bronzenen Feuerbock warfen.
    Als die Späne und Zweige Feuer gefangen hatten und die Flammen an der rauen Rinde des Baumstamms zu lecken begannen, trat Suzon zu Louise. Warum mussten Zimmermädchen eigentlich immer mit den Händen nervös die Schürze über ihren langen Röcken kneten? Wieder und wieder strichen Suzons Hände ihre gestärkte, weiße Spitzenschürze glatt.
    Sie sagte nichts, sah die Comtesse d’Angoulême aber aus ihren schrägen blauen Augen unverwandt an.
    »Da hast du uns ja das reinste Höllenfeuer entfacht, Suzon! Du kannst jetzt gehen, und lass Catherine bis morgen früh in Ruhe.«
    Aber Suzon rührte sich nicht von der Stelle. Nur ihre Hände bearbeiteten weiter die weiße Schürze.
    »Willst du mir nicht sagen, was du auf dem Herzen hast, Suzon?«, fragte Louise freundlich.
    Das junge Mädchen nickte unsicher, deutete ein Lächeln an und hielt endlich seine Hände still.
    »Du musst keine Angst haben, Suzon. Raus mit der Sprache!«
    »Es geht um die Hutmacherin. Die Hutmacherin mit dem Laden an der Stadtmauer.«
    Louise musterte sie überrascht.
    »Oder besser gesagt um ihren Bruder«, erklärte die Dienerin und wurde vor lauter Verlegenheit bis über beide Ohren rot. Lieber Himmel! Dieser Mann, der sie da mit seinen Adleraugen anstarrte, brachte sie wirklich aus der Fassung. Dieser Bourbon war einfach unmöglich! Jetzt hatte er wieder das Schwert in die Hand genommen, von dem er sich wohl gar nicht trennen konnte, und strich mit den Fingern zärtlich über den goldziselierten Knauf. Wie sollte sie in Gegenwart dieses Mannes reden?
    Seine Hosen hatte er längst ausgezogen, weil Suzon aber nicht wagte, ihn

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