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Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition)

Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition)

Titel: Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
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begriffen. Die beiden Kinder hatten nie das Bedürfnis verspürt, sich auszutauschen, sich näherzukommen oder ihre gegensätzlichen Neigungen zu vereinen.
    Bourbon öffnete die Haken ihres Mieders, und ein runder weißer Busen kam zum Vorschein. Louise schob einen Arm unter ihren Kopf und vermied es, in die verlöschende Glut zu sehen, um sich nicht erneut in dem Labyrinth ihrer Gedanken zu verlieren. Sie hätte sich sonst nicht der Extase hingeben können, die eine Liebesnacht ausmachte.
    Als es klopfte, versuchte sie ihr Mieder über die entblößte Brust zu ziehen, aber es verrutschte gleich wieder.
    »Ich hatte gesagt, dass wir nicht gestört werden wollen«, flüsterte Louise.
    Der junge Mann unterbrach sein gefährliches Spiel mit dem Schwert, das er noch immer gedankenverloren betrachtete.
    »Wahrscheinlich will nur jemand wieder Feuer machen«, antwortete er leise und küsste sie auf den Hals, was sie sich genüsslich gefallen ließ.
    »Lieber Himmel, es ist wirklich sehr kalt geworden! Soll ich Catherine hereinlassen?«
    »Ein Gläschen Malvasia wäre jetzt auch nicht schlecht«, meinte
Charles und zog Louise enger an sich. »Ich wette, Eure Jeannette hat irgendwo noch ein Fässchen davon versteckt.«
    »Aber Charles, ich finde, wir haben bereits mehr als genug getrunken! Der Likörwein aus Griechenland verdreht Euch noch ganz den Kopf.«
    »Wollt Ihr mich nicht ohnehin so haben?«, fragte er, und seine Lippen wanderten über ihren nackten Hals.
    »Ja, doch«, flüsterte sie selig, »aber ich finde, wir sollten damit warten, bis auch dieses Feuer wieder richtig lodert.«
    Es klopfte lauter. Louise löste sich bedauernd aus der mit einem Mal drängenden Umarmung ihres Geliebten und erhob sich gemächlich.
    »Du kannst eintreten, Catherine«, sagte sie.
    Die Tür, die hinter einem dicken Wandteppich verborgen war, öffnete sich einen Spalt, und Louise sah, dass weder ihr Zimmermädchen noch ihr Page dahinter stand, sondern eine junge Dienerin, die sie erst vor Kurzem eingestellt hatte.
    Bourbon sah nur zwei große schwarze Augen, die neugierig auf die halbnackte Louise gerichtet waren. Das Mieder war ihr in die Taille gerutscht, aber ihr reichlich zerknitterter Unterrock verhüllte ihre schönen Schenkel, von denen Bourbon noch nicht genug bekommen hatte.
    Schüchtern blickte das Dienstmädchen, das erst sechzehn war, ins Zimmer.
    Es wirkte ein wenig ängstlich. Offensichtlich hatte es sich noch nicht die vorsichtige und zugleich freche Art angeeignet, mit der viele junge Mädchen den Männern begegneten, die sie bedienen mussten.
    Abgesehen von den großen Haushalten mit zahllosen Dienstboten hatten vornehme, reiche Männer deshalb meist lieber einen Diener als eine junge, hübsche Kammerzofe, außer sie waren
Witwer oder Junggesellen. Mit dieser klugen Maßnahme ging man jedenfalls vielen Problemen aus dem Weg.
    In dieser Hinsicht waren die Frauen privilegiert. Sie konnten sich halbnackt in ihrem Zimmer bewegen oder lasziv und aufreizend auf ihrem Bett mit geöffneten Vorhängen ausgestreckt liegen – ein Page durfte jederzeit das Zimmer seiner Herrin betreten, um ihr voller Anstand zu Diensten zu sein. Bei dieser Sitte handelte es sich noch um ein Relikt aus dem mittelalterlichen Rittertum, von dem sich aber manche nicht trennen wollten.
    Suzon schob erst vorsichtig ihren Kopf durch die Tür, dann betrat sie das Zimmer lauernd wie eine misstrauische Katze.
    »Nun, Suzon. Wer hat dich geschickt? Ist Catherine nicht da?«
    Unter Bourbons neugierigen Blicken wand sich das junge Ding verlegen. Dann wischte sie sich ihre kleinen, runden Hände an der Schürze ab und sagte:
    »Catherine hat mit der Haubenmacherin zu tun, Madame. Ich dachte, ich frage mal, ob ich das Feuer wieder anmachen soll.«
    »Das ist eine gute Idee, Suzon. Aber was macht Catherine denn mit der Haubenmacherin? Ist es Dame Anquielle?«
    Die gute Madame Anquielle arbeitete für Louise, seit diese auf Schloss Amboise lebte. Sie fertigte sehr elegante Hauben an, auch wenn sie für Marguerites Geschmack ein wenig altmodisch waren. Sie bevorzugte die Haubenmacher aus Blois.
    Louise hob ihren Morgenrock vom Boden auf und zog ihn sich schnell über. Nun war sie wenigstens nicht mehr halbnackt.
    »Nein, es ist nicht Dame Anquielle«, antwortete Suzon. »Es ist die neue Haubenmacherin aus Amboise, die Madame de Polignac bestellt hat.«
    Louise band den Gürtel des Morgenrocks zu und machte ein überraschtes Gesicht.
    »Meinst du vielleicht die

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