Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition)
anzusehen, wusste sie nicht, ob er sich überhaupt die Mühe gemacht hatte, die Decke über seinen entblößten Körper zu ziehen.
Louise ging auf das Dienstmädchen zu und nahm sein Kinn ein wenig zu fest in die Hand.
»Wenn dieser Junge nicht der Liebhaber der Haubenmacherin ist, muss er wohl deiner sein!«, meinte sie lachend. »Jetzt sag schon, was du willst.«
Sie ließ Suzons Kinn wieder los, und die schaute zu Boden.
»Er ist nicht mein Galan, Madame.«
»Wird es aber bald sein, wenn ich mich nicht irre.«
Bourbon war nun doch aufgestanden. Er nahm die Bettdecke,
wickelte sie sich um die Hüften und ging barfuß auf dem dicken Teppich an den Kamin.
In der einen Hand hielt er die Decke, die seinen Unterleib verhüllte, in der anderen das Schüreisen, mit dem er ein paar brennende Zweige ins Feuer zurückschob.
Louise beobachtete ihn neugierig und amüsiert. François hätte dem Dienstmädchen vielleicht geholfen, ein schweres Holzscheit ins Feuer zu legen, sich aber bestimmt nicht zu einer derart eleganten und kein bisschen heldenhaften Geste hinreißen lassen.
Sie wandte den Blick von ihrem Liebhaber und sah wieder Suzon an.
»Nun sag schon, was du willst, Suzon.«
»Also …«, begann das Mädchen zögernd, »der Bruder der Haubenmacherin würde gern auf dem Schloss unterkommen.«
»Aha! Du meinst hier auf Schloss Amboise?«
»Ja, Madame.«
»Was kann er denn, dein Galan?«
Suzons Backen waren mittlerweile feuerrot.
»Alles Mögliche, Madame.«
»Ginge es vielleicht etwas genauer, Suzon?«
Es klirrte laut, als der Duc de Bourbon den Feuerhaken wieder weglegte, woraufhin sich Suzon erschrocken umdrehte und ihn von hinten sah. Er war nicht mehr in die Decke gewickelt, und es blieb ihr nichts anderes übrig, als seine schmalen Hüften, seinen strammen Hintern und seine muskulösen, schwarz behaarten Beine anzusehen.
Ehe ihr Blick zu Louise zurückkehren konnte, drehte sich Charles plötzlich um und stellte ihr sein intimstes Körperteil zur Schau, das sich erst wieder ihren Blicken entzog, als er ins Bett schlüpfte.
Der Herzog lächelte hochmütig und triumphierend. Was für
eine dumme kleine Pute! Wahrscheinlich war sie noch nicht mal sechzehn und auch noch Jungfrau. Louise irrte sich vermutlich gewaltig, wenn sie glaubte, dieser Junge, für den sie sich einsetzte, wäre ihr Liebhaber.
Die arme Suzon war noch immer knallrot, und ihre Hände bearbeiteten wieder ihre Schürze, jetzt noch nervöser als zuvor. Aber Louise war gerade großzügig gestimmt.
»Nun gut, dann weißt du eben nicht, was er kann. Macht nichts, Suzon. Er soll sich im Schloss vorstellen, dann werden wir schon sehen.«
»Vielen Dank, Madame.«
Suzon war mehr als zufrieden und stürzte, ohne einen weiteren unvorsichtigen Blick zu riskieren, der sie vielleicht wieder in Verlegenheit gebracht hätte, aus dem Zimmer.
Die Flammen züngelten und leckten mit lautem Knistern und Knacken an dem Holzscheit, weckten die schlafende Glut, die den hohen Kaminschurz von innen beleuchtete und warfen Schatten an die Balkendecke, die sich auf und ab bewegten und die galanten Szenen auf den flämischen Wandteppichen zum Tanzen brachten.
Im gedämpften Feuerschein wirkten die Schultern der jungen Frau sehr jugendlich, und Louise war sich ihrer Schönheit durchaus bewusst. Mit ihrem flachen Bauch, der schlanken Taille und den schön gerundeten Brüsten war es ihr ein Leichtes, einen zehn Jahre jüngeren Mann dazu zu bringen, sie zu begehren.
Louise war mit Anfang dreißig eine schöne Frau mit gesunder Haut und glänzendem Haar, und ihre grünen Augen verrieten ihre unbändige Lust, eine Welt zu erobern, die sie noch nicht richtig kannte und zu der auch Charles gehören wollte – die Welt der Macht.
Bourbon kam gewiss nicht allzu oft in den Genuss eines so
wohlgestalteten weiblichen Körpers. Es hieß, er sei mehr am Krieg als an den Frauen interessiert. Dabei waren die Blicke, die er einer sittsamen Marguerite, einer noch zimperlichen Suzon oder jeder erstbesten Hofdame, die ihm über den Weg lief, zuwarf, mehr als eindeutig.
Die Flammen schmückten mit ihren tanzenden Schatten den seidenweichen weißen, überaus gepflegten Körper von Louise. Ihr üppiges rotes Haar, das im zuckenden Licht des Feuers dunkelbraun aussah, ergoss sich in Wellen über ihre schmalen Schultern.
Endlich hatte Charles die Waffe auf die Kredenz neben dem großen Bett gelegt.
»Habt Ihr nun genug von dem Schwert, das Euch ja sehr zu gefallen scheint,
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