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Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition)

Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition)

Titel: Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
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neue Liebe hat Euch zu einer strahlenden Frau gemacht, aber Mathias hat an dieser Verwandlung nicht teil. Seid auf der Hut, Alix, dieser Bankier wird Euch nicht nur Freude bereiten. Er passt
nicht in Euer Leben im Val de Loire, auch wenn Ihr vielleicht manchmal das Gefühl habt, er würde sich einfügen. Seid wachsam und hütet Euch vor ihm – diese Liaison könnte Euch zu Grunde richten.«
    Wieder machte er einen tiefen Seufzer und fuhr noch leiser fort: »Ihr gehört weder nach Florenz noch nach Brügge. Eure Wurzeln sind im Val de Loire.«
    Jetzt wäre Alix dem Blick von André am liebsten ausgewichen, aber das ließ der nicht zu und zwang sie, sich auf das zu konzentrieren, was er ihr zu sagen hatte.
    »Woher wisst Ihr denn … ?«
    »Ihr könnt Euch doch wohl vorstellen, was es dem jungen Le Viste für einen Spaß gemacht hat, alles auszuplaudern«, spottete André. »Ganz Lyon weiß, dass eine hübsche junge Weberin das Herz des großen Florentiner Bankiers erobert hat.«
    »Das ist ja abscheulich!«, rief Alix empört, und ihre Augen sprühten vor Zorn. »Was erzählen sich die Leute noch?«
    »Dass Sire Alessandro Van de Veere nur Augen für Euch hatte und Vater und Mutter getötet hätte, wenn Ihr dadurch Eure Lizenz bekommen hättet. Angeblich hat er dem Richter mit Gewalt die Hand geführt, damit der das Dokument unterzeichnete, mit dem Ihr in die Gilde aufgenommen wurdet.«
    »Das ist allerdings wahr.«
    »Nun gut, das geht mich nichts an, Alix. Aber jetzt müsst Ihr Mathias beruhigen und ihm versichern, dass er trotz allem nie Eure Zuneigung verlieren wird. Wenn es Euch recht ist, komme ich in den nächsten Tagen einmal zu Euch zum Abendessen – wir haben uns so viel zu erzählen.«
    Er nickte ihr freundlich zu und verschwand. Sekunden später stieß Alix die Tür zum Pfarrhaus auf.
    Mathias saß auf einer Bank, das Gesicht in den Händen vergraben.
Als sie hereinkam, hob er den Kopf und wirkte weder überrascht noch verärgert. Sie setzte sich neben ihn und sagte leise: »Mathias«.
    Er sah sie nur schweigend an.
    »Ich habe dich den ganzen Tag gesucht, Mathias.«
    Er fuhr zusammen, nahm die Hände vom Gesicht und lächelte sie an.
    »Jetzt hast du mich gefunden.«
    »Ja! Nachdem ich überall gesucht habe – in den Wirtshäusern, am Loireufer, im Hafen, auf den Bauernhöfen vor der Stadt und schließlich in den Kirchen.«
    »Warum hast du mich gesucht? Irgendwann wäre ich ohnehin zurückgekommen.«
    »Ich wollte dich aber jetzt sehen. Wir haben etwas zu klären.«
    Sie nahm seine Hand und hielt sie fest, dann lehnte sie ihren Kopf an seine Schulter.
    »Ich mag dich sehr, Mathias, aber im Moment ist dieses ›sehr‹ zu viel. Vielleicht verschwindet Alessandro eines Tages wieder aus meinem Leben, und dann gibt es nur noch unsere Liebe.«
    »Was bedeutet dir dieser Mann?«, fragte er kaum hörbar.
    »Er ist wie ein wilder Sturm, der mich auf seinen Wogen mitreißt, um mich irgendwann ausgebrannt und halbtot an einem fremden Ufer zurückzulassen. Ich weiß es, Mathias, aber ich kann nichts dagegen tun. Genau wie du bin ich im Val de Loire verwurzelt. Florenz, Neapel, Brügge – das ist alles nur vorübergehend. Es sind nur Stufen auf dem Weg zu einem anderen Ziel, von dem ich noch keine Vorstellung habe.«
    Sie wusste selbst nicht, warum sie eigentlich beinahe wörtlich Andrés Worte wiederholte.
    »Warum lässt du dich dann so mitreißen?«, stöhnte Mathias schwach.
    »Weil ich das brauche.«
    Mathias sprang auf und machte ein paar Schritte zu dem winzigen Fenster, kam aber schnell zu Alix zurück, weil der Raum so klein und eng war. Er führte sie durch einen Seiteneingang in die Kirche. Sie gingen durch das Mittelschiff und blieben einen Augenblick vor dem Hochaltar stehen, der vor Gold und Silber, Hunderten von brennenden Kerzen, kostbaren Leintüchern und weißer Spitze nur so glänzte. Als Mathias aufsah, traf ihn ein gleißender Lichtstrahl durch die hohen Fenster mitten ins Gesicht.
    Wie vom Blitz getroffen blieb er stehen, mit herunterhängenden Armen, ohne ein Wort zu sagen oder auch nur zu atmen. Als er sich etwas später nach Alix umsah, entdeckte er sie in einer der Kirchenbänke.
    »Ist dieser Mann frei?«, fragte er mit erstickter Stimme.
    »Nein, er ist verheiratet.«
    Langsam wandte er ihr sein Gesicht zu, und Alix blickte in seine wasserblauen Augen.
    »Als ich dir in Flandern zum ersten Mal begegnet bin, warst du verzweifelt auf der Suche nach Jacquou, deinem Mann, und ich

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