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Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition)

Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition)

Titel: Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
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unseren Werkstätten keinen Skandal. Geh mit ihm.«
    »Ich muss schon bitten! Was für einen Skandal denn? Ihr seid wohl nicht ganz richtig im Kopf!«, entrüstete sich Alessandro und fragte Alix: »Was hat das alles zu bedeuten?«
    Allmählich wurde auch Van de Veere wütend, weil er endlich ahnte, worum es hier ging. Sein Blick wurde hart.
    »Kommt, bitte, lasst uns gehen«, bat Alix und kam auf Alessandro zu.
    »Eine ausgezeichnete Idee! Geh mir aus den Augen«, brachte Mathias tonlos heraus. »Aber nicht durch die Werkstatt! Geh durch die Hoftür. Ich will nicht, dass unsere Leute sehen, wie du dich aufführst.«
    »Bitte, Mathias!«
    Mit einem Satz war er bei ihr und maß sie verächtlich.
    »Bist du eine Webermeisterin oder eine Kurtisane?«
    Alix’ Augen füllten sich mit Tränen. Warum musste Alessandro hier auftauchen, ehe sie Mathias die heikle Angelegenheit erklären konnte? Sie hätte die Sache ganz anders dargestellt, und Mathias wäre an dem Tag einfach nicht in der Werkstatt erschienen.
    Seit sie das Kontor gebaut hatten, war der Hof sehr eng, und es gab keine Rückzugsmöglichkeit. Als Mathias sah, dass Alessandro Alix’ Arm nahm, um sie auf die Straße zu führen, fuhr er den Florentiner heiser an.
    »Glaubt ja nicht, dass Ihr Eure Eroberung behalten könnt, nur weil Ihr reich und mächtig seid! Ihr seid verheiratet, Sire Van de Veere, und Euer Platz ist in Florenz, auf Eurem Besitz, mit Euren Golddukaten und bei Euren Leuten.«
    Dann packte er Alix am Arm und schüttelte sie.
    »Was glaubst du eigentlich? Dass er keine andere Maitresse hat? In jedem Haus von ihm muss eine Frau auf ihn warten. Alle Welt lacht dich aus, Alix.«
    »Schweigt still!«, verlangte der Florentiner wütend, aber Mathias war noch nicht fertig.
    »Alix wird zu mir zurückkommen. Ich weiß, dass sie zurückkommt, weil sie hierher, ins Val de Loire und in ihre Werkstatt gehört.«
    Van de Veere machte zwei Schritte auf Mathias zu, und der packte ihn am Kragen.
    »Lass ihn los, Mathias!«, rief Alix erschrocken.
    Aber der Florentiner konnte sich befreien und versetzte dem Weber einen Stoß, dass er gegen die Wand taumelte. Jetzt ging er ihm an die Kehle.
    »Alessandro, hör auf damit!«, rief Alix wieder. »Ich bitte dich, lass uns gehen!«
    Mathias kam frei und stürzte sich auf seinen Gegner. Mit einem
Schlag gewann er die Oberhand, drückte Alessandro gegen die Wand und ging ihm an die Gurgel.
    »Mathias!«, schrie Alix nun nicht mehr ängstlich, sondern zornig, »lass ihn sofort los, sonst komme ich nie wieder.«
    Die Stimmung war gefährlich geladen, und ein Windstoß nahm ihre Worte mit und trug sie zu Mathias, der Van de Veere auf der Stelle losließ. Der andere rappelte sich auf und lächelte siegesgewiss.
    »Ich bin kein Raufbold, Herr Kompagnon«, spottete er, »und deshalb werde ich mich auch nicht mit Euch prügeln. Ich habe andere Waffen, und die sind weitaus wirkungsvoller.«
    »Und wenn Ihr noch so mächtig seid – ich habe keine Angst vor Euch.«
    »Eines Tages werdet Ihr noch aus Angst vor mir zittern.«
    »Dann zerstört Ihr auch das Leben von Alix.«
    »Ich flehe dich an, Alessandro. Lass uns gehen!«
    »Verschwindet endlich, zum Teufel mit Euch! Ich bleibe hier bei meinen Webstühlen, bis Ihr sie zerstört habt. Oder was wollt Ihr mir sonst antun, was wollt Ihr mit all Eurem Geld erreichen? Ihr seid es doch, der sich vor seinen eigenen Reichtümern fürchtet. Ich habe schon genug Unglück erlebt, eine schwierige einsame Kindheit ohne Familie, die Pest, die mir meine Frau geraubt hat, ein Feuer, das die Werkstätten vernichtet hat, in denen ich gearbeitet habe, und nun zieht mir die Frau, die ich liebe, einen anderen vor. Glaubt mir, Herr Bankier, nach allem, was ich erlebt habe, kann mich nichts mehr schrecken.«
    »Bitte, sei still, Mathias«, flehte Alix.
    »Geh endlich!«
    Alix streckte ihm die Hand hin, aber er wies sie zurück und lief in die Werkstatt zurück.
     
    »Was hat das alles zu bedeuten, Alix?«
    Sein Ton war kühl und herrisch. Auf dem Weg durch die Stadt hatten sie kein einziges Wort gewechselt, und Collas hatte keinen Mucks gemacht, weil er spürte, dass es Streit zwischen seinen Herrschaften gab. Nun waren sie in Alessandros stattlichem Palais am Hauptplatz eingetroffen und standen sich in einem der Vorzimmer abwartend gegenüber.
    »Was hat das alles zu bedeuten?«, wiederholte Alessandro seine Frage.
    Alix antwortete ihm nicht. Sie sah ihn nur kühl an und schwieg ostentativ.

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