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Die Tränen der Vila

Die Tränen der Vila

Titel: Die Tränen der Vila Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Jaedtke
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Wie viele Männer bringt Ihr?“
    „Zwölf Ritter“, sagte Poppo und wies auf seine Gefolgschaft, „außerdem hundert Fußknechte. Sie kommen mit der nächsten Fähre nach.“
    Der Mann im purpurfarbenen Gewand – ein junger Mann, wie ich feststellte – ließ den Blick wohlgefällig über die Ritter des Grafen schweifen. Dann bemerkte er Hartmann, der sich etwas abseits hielt.
    „Wer ist das?“
    „Ein Ritter, den wir unterwegs getroffen haben“, sagte Graf Poppo.
    Als der junge Edle auf uns zukam, sank auch Hartmann in die Knie und bedeutete mir mit einem Seitenblick, es ihm gleichzutun.
    „Gott zum Gruß, Eure herzogliche Hoheit!“
    „Ich grüße Euch“, erwiderte der Edle. „Ihr dürft Euch erheben.“
    Wir standen auf, und ich wagte dem Mann ins Gesicht zu sehen. Tatsächlich mochte er kaum so alt sein wie ich – achtzehn Jahre vermutlich –, doch empfand ich angesichts seiner Jugend nicht das mindeste Gefühl der Vertrautheit. Vielleicht lag es an seinen grauen Augen, die mit einem Ausdruck misstrauischer Verwegenheit unter den leicht verengten Lidern hervorblitzten, als sei er stets gewärtig, in jedem Gegenüber einen Feind zu erkennen. Die Stirn war hoch gewölbt, die Nase scharf geschnitten und der Mund gerade wie ein Federstrich über dem schmalen Kinnbart. Das Gesicht machte ganz den Eindruck, als gehöre es einem Menschen, der allzu jung in die gefahrvolle Welt der Fehden und Intrigen geworfen worden war, so dass mancher noch kindliche Zug darin wie von jähem Frost vereist wirkte. So sah ich zum ersten Mal Heinrich, den Herzog von Sachsen und Enkel Kaiser Lothars, und ich verstand augenblicklich, warum Freund und Feind ihn ehrfürchtig den Löwen nannten.
    „Wer seid Ihr, Ritter?“, fragte er meinen Herrn.
    „Hartmann von Aslingen, Eure Hoheit.“
    „Aslingen?“ Der Herzog runzelte die Stirn. „Wo liegt das?“
    „In Franken, Hoheit.“
    „Dann seid Ihr einen weiten Weg gegangen.“
    „Mit Verlaub, Herr: einen noch viel weiteren“, sagte Hartmann. „Ich bin in Bayern gewesen, in Lothringen, in Flandern und noch an vielen anderen Orten.“
    „Ah! Ritter ohne Land?“, erriet der Herzog.
    Hartmann nickte.
    „Wer ist Euer junger Begleiter?“, fragte Herzog Heinrich. „Euer Waffenknecht?“
    „Mein Edelknappe“, berichtigte Hartmann stolz, während ich verlegen den Blick senkte. „Odo von Altendorf.“
    Der Herzog musterte mich kurz, wandte sich dann wieder Hartmann zu und schwieg abwartend.
    „Ich biete Euch meine Dienste“, sagte Hartmann, „und bitte um die gnädige Erlaubnis, mich Eurem Unternehmen anschließen zu dürfen.“
    „Ihr bedürft meiner Erlaubnis nicht“, versetzte der Herzog. „Dies ist ein Kreuzzug, Ritter Hartmann. Jeder kann sich anschließen, der bereit ist, sein Leben für die Verbreitung des göttlichen Wortes zu wagen.“
    Hartmann neigte zustimmend den Kopf. „Gewiss, Eure Hoheit. Dennoch würde ich es als besondere Ehre betrachten, mein Schwert in Euren persönlichen Dienst stellen zu dürfen.“
    Der Herzog betrachtete meinen Herrn forschend. Dann verzog er den schmalen Mund zu einem Lächeln, als habe er die Absicht seines Gegenübers erraten.
    „Wir kämpfen um Gotteslohn, Ritter Hartmann. Selbst wenn der himmlische Vater dieser Unternehmung zum Erfolg verhilft, kann ich Euch keineswegs versprechen, dass es weltliche Güter zu verteilen geben wird.“
    Hartmann erwiderte das Lächeln des Herzogs, und ich staunte über seine Kaltblütigkeit. Offenbar war er keineswegs beschämt, sondern vielmehr erleichtert, dass man so rasch vom Formellen zum Geschäftlichen kam.
    „Ich verstehe, Eure Hoheit“, sagte er glatt. „Allerdings bin ich sicher, dass dieser Feldzug erfolgreich sein wird, da nicht nur Gott mit uns ist, sondern auch ein hochedler Führer von königlichem Geblüt und weithin berühmtem Mut – und so wollt Ihr mir vielleicht die Hoffnung verzeihen, dass es neben dem himmlischen auch weltlichen Gewinn geben könnte, der verwaltet und verteidigt werden muss.“
    Das Lächeln des Herzogs wurde breiter. Gewiss war er an Schmeicheleien gewöhnt, doch glaubte ich zu erkennen, dass die geschickte Form, in die Hartmann sein Ansinnen kleidete, ihm eine gewisse Anerkennung abnötigte.
    „Wir werden sehen“, sagte er mit einer ebenso höflichen wie unverbindlichen Geste. „Einstweilen: Seid willkommen. Wollt Ihr Euch unserer Beratung anschließen?“
    „Es wäre mir eine Ehre“, erwiderte Hartmann.
    Der Herzog schritt zurück zu dem

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