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Die Tränen der Vila

Die Tränen der Vila

Titel: Die Tränen der Vila Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Jaedtke
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ihren Bräuchen und schwer zu beherrschen – ganz wie ein Weidenzweig, der sich im festen Griff einer Faust gehorsam biegt, ohne jedoch zu brechen, und der sogleich in seine vorherige Form zurückschnellt, sobald die Faust sich öffnet. Daher schien es mir angebracht, Frieden mit ihnen zu suchen und allmähliche Veränderungen herbeizuführen, indem ich christliche Bauern anwerben ließ, die sich in unmittelbarer Nachbarschaft der Wenden angesiedelt haben. Auf diese Weise, so hoffte ich, würden die Wenden langsamer, doch nachhaltiger von der Überlegenheit unseres heiligen Glaubens überzeugt werden als durch Gewalt.“
    Der Erzbischof hatte bei dieser Erklärung die Lippen zusammengepresst, als fiele es ihm schwer, dem Redner nicht zum dritten Mal ins Wort zu fallen. Einer weiteren Unterbrechung jedoch beugte Herzog Heinrich vor, indem er sich an den Grafen wandte.
    „Wir kennen Eure gute Absicht, Adolf, und ich weiß, dass Ihr in den Landen, die mein Großvater Eurer Familie zu Lehen gab, stets weise regiert habt.“ Der Erzbischof ließ ein unwilliges Schnauben hören, doch Herzog Heinrich ignorierte ihn. „Berichtet uns nun, was vor wenigen Wochen geschehen ist.“
    Der Graf von Holstein nickte. „Nachdem auf dem Reichstag zu Frankfurt der Kreuzzug beschlossen wurde, sandte Niklot, der Fürst der Wenden, einen Eilboten zu mir. Ich weiß nicht, wie er von dem geplanten Heereszug erfahren hat; jedenfalls erinnerte er mich an unseren Friedenspakt und warnte mich, an diesem Unternehmen teilzunehmen.“
    „Was habt Ihr ihm geantwortet?“, fragte Konrad von Zähringen.
    „Was unumgänglich war“, erwiderte Graf Adolf. „Dass sowohl meine Christenpflicht wie auch mein Lehnseid verlangten, mich diesem Kriegszug anzuschließen. Wenn er sein Leben und das seines Volkes retten wolle, so ließ ich ihm ausrichten, gebe es nur einen Weg: den christlichen Glauben anzunehmen.“
    Konrad nickte. „Und habt Ihr darauf eine Antwort erhalten?“
    „Ja“, bestätigte Graf Adolf. „Niklot sandte erneut einen Boten, der mir erklärte, dass das Bündnis zwischen uns gebrochen sei. Zu meinen Ungunsten muss ich gestehen, dass ich es unterließ, sofortige Verteidigungsmaßnahmen zu treffen, denn ich war ganz mit den Vorbereitungen für den Kreuzzug befasst. Tatsächlich jedoch führten die Wenden nur wenige Tage darauf einen überraschenden Schlag gegen mein Land. Sie landeten mit einer Kriegsflotte in der Travemündung, überfielen Lübeck und belagerten Segeberg. Erst später erfuhr ich, dass am Vorabend des Angriffs ein Bote Niklots in der Segeberger Burg erschienen war, um mich zu warnen – denn dies glaubte Niklot offenbar, seinem einstigen Abkommen mit mir schuldig zu sein. Die Warnung erreichte mich jedoch zu spät, denn ich war nicht dort, sondern im Westen meines Landes, um Gefolgsleute für den Kreuzzug zusammenzuziehen. Als ich von dem Überfall erfuhr, rüstete ich so schnell wie möglich ein Heer – doch die Wenden erfuhren davon, und bevor ich zur Stelle war, hatten sie sich bereits nach Osten zurückgezogen.“
    „Kurz: Niklot, der Wendenfürst, wollte uns mit diesem Angriff zuvorkommen und unsere Vorbereitungen für den Kreuzzug stören“, stellte Herzog Heinrich fest. „Und gewiss wollte er Euch, Adolf, für den Bruch Eures Bündnisses mit ihm strafen.“
    „Es scheint so“, bestätigte der Graf betreten.
    „Ihr kennt den Fürsten der Wenden doch persönlich?“, fragte Konrad von Zähringen. „Was ist er für ein Mann?“
    „Sein Alter schätze ich auf etwa fünfzig Jahre“, antwortete Graf Adolf. „Er ist ein Heide, doch ein kühner und stolzer Mann, der bei seinem Volk in hoher Achtung steht.“
    „Was wird er tun, wenn wir die Grenze seines Landes überschreiten?“
    „Ich kann es nur vermuten. Es ist nicht die Art der Wenden, sich zur offenen Feldschlacht zu stellen. Vor einem überlegenen Gegner ziehen sie sich gewöhnlich in ihre Burgen oder in unwegsame Waldgebiete zurück und wagen allenfalls Überfälle aus dem Hinterhalt.“
    „Also werden wir ihre Burgen einnehmen müssen“, folgerte Herzog Heinrich. „Zeigt den Anwesenden bitte, wo sie liegen.“
    Alle beugten sich über die auf dem Tisch ausgebreitete Landkarte.
    „Ich ließ wendische Gefangene befragen, und sie sagten, dass Fürst Niklot an der Nordspitze dieses Sees“, Graf Adolf wies auf einen bestimmten Punkt der Karte, „eine gewaltige Fluchtburg für sein Volk erbaut. Die Wenden nennen sie Dobin. Dorthin wird sich die

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