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Die Tränen der Vila

Die Tränen der Vila

Titel: Die Tränen der Vila Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Jaedtke
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stürmten bereits die ersten Gegner auf ihn zu. Doch Hartmann war zur Stelle, schwang seine Klinge in einem gewaltigen Bogen, schleuderte einen der Wenden mit zersplittertem Schild zurück, den zweiten mit verrenktem Arm, den dritten mit klaffender Kehle.
    Als ich den Kampfplatz erreichte, standen nur noch zwei Feinde auf den Beinen; die übrigen hatten die Flucht ergriffen. Einer von ihnen wollte sich gegen Hartmann wenden, wurde jedoch von Graf Adolf zu Fall gebracht, der sein Schwert aufgehoben hatte und ihn mit einem raschen Stoß durchbohrte. Der andere, ein jüngerer Mann, wandte sich mir zu und hob seine Waffe, einen eisernen Streitpickel mit gekrümmter Spitze. Ich sah den Schlag kommen, riss meinen Dolch empor und hatte Glück, denn die Spitze verfehlte meinen Arm und verhakte sich an der Parierstange. Einen Augenblick lang zerrten wir beide an unseren Waffen, und mein Blick traf die dunklen, hasserfüllten Augen des Wenden, der kaum älter sein mochte als ich. Gott allein weiß, wie die Sache ausgegangen wäre, wenn nicht Hartmann sich dazwischengeworfen und dem Wenden die Waffe aus der Hand geschlagen hätte. Ein zweiter Streich traf die Schulter des jungen Mannes, und er sank mit blutendem Oberarm zu Boden.
    Kaum hatte ich meinen Dolch gesenkt und aufgeatmet, als zahlreiche Hufe sich näherten. Die Holsteiner waren umgekehrt und zur Rettung ihres Herrn geeilt, fanden ihn jedoch wohlbehalten, wenn auch ohne Pferd, inmitten erschlagener Feinde. Doch noch mehr Reiter näherten sich nun in eiligem Galopp: Zu meinem Erstaunen erkannte ich den Edlen Gunzelin, mehrere Dienstleute des Herzogs und schließlich den Herzog selbst, der seinen Rappen mit einem scharfen Zügelriss anhielt. Er sprang aus dem Sattel und packte Graf Adolf bei den Schultern.
    „Adolf! Seid Ihr unverletzt?“
    Die Besorgnis in seiner Stimme war anrührend, zumal es sich üblicherweise für einen Hochedlen nicht ziemte, seine Vasallen zu berühren.
    „Durch Gottes Gnade“, sagte der Graf und nickte. Dann wies er auf Hartmann und mich. „Und durch das beherzte Eingreifen dieser beiden Männer.“
    Herzog Heinrich runzelte die Stirn. „Vergebt mir, Ritter“, sagte er zu meinem Herrn, „doch ich muss gestehen, dass es nicht meine Stärke ist, mich an Namen zu erinnern.“
    „Hartmann von Aslingen“, sagte mein Herr mit breitem Lächeln, offenbar keineswegs müde, seinen Namen so oft wie nötig in Erinnerung zu bringen. „Und Odo von Altendorf.“
    „Ich danke Euch, Ritter Hartmann“, sagte der Herzog ernst, „und Euch, Jungherr Odo, für den Schutz meines teuren Freundes.“ Dann wandte er sich an Graf Adolf. „Wir ahnten Böses, als Ihr bei Einbruch der Dunkelheit nicht zurückkehrtet. Gunzelin überzeugte mich, Euch nachzureiten. Als wir dann Gefechtslärm hörten, stießen wir zu Euch, so schnell es ging. Was ist geschehen?“
    „Es war eine Falle“, sagte Graf Adolf. „Die Wenden müssen gewusst haben, dass wir einen Weg durch diesen Wald suchen würden. Darum haben sie eine Bresche geholzt, um uns hineinzulocken.“ Er seufzte und schüttelte den Kopf. „Unverzeihlich, dass ich darauf hereingefallen bin.“
    „Gebt Euch keine Schuld, Adolf“, tröstete der Herzog. „Habt Ihr Gefallene?“
    „Drei, Hoheit“, sagte einer der Holsteiner. „Ansonsten haben wir nur Pferde verloren.“
    Der Herzog nickte, sah sich auf dem Kampfplatz um und betrachtete die gefallenen Wenden, mindestens zwanzig an der Zahl. Einige regten sich noch, unter ihnen der junge Mann, der mich mit dem Streitpickel angegriffen hatte. Er war auf die Knie gesunken und hielt sich die Schulter, schien aber von allen am leichtesten verletzt zu sein.
    „Bringt ihn her!“, sagte der Herzog, dem plötzlich eine Idee zu kommen schien, und winkte zweien seiner Gefolgsleute. Sie stiegen aus dem Sattel, ergriffen den Jungen und schleiften ihn vor Heinrichs Füße.
    „Fragt ihn nach dem schnellsten Weg zur Burg, in der sich sein Fürst verschanzt hat!“, wandte sich der Herzog an Graf Adolf.
    Der Graf beugte sich zu dem Wenden hinab und sprach ihn mit Worten an, die ganz und gar fremdartig für meine Ohren klangen. Offenbar beherrschte er die Sprache der Wenden. Viele der Umstehenden warfen einander erstaunte Blicke zu, und auch der junge Mann sah erstaunt zu dem Grafen auf. Zunächst antwortete er nicht, doch der Graf wiederholte seine Fragen und sprach nicht unfreundlich, so dass der Junge schließlich einige Worte hervorstieß.
    „Was sagt er?“, fragte

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