Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Traenen Des Drachen

Titel: Die Traenen Des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
Vom Netzwerk:
Atem und spuckte und strampelte mit Armen und Beinen im Wasser herum. Karain umklammerte den Balken mit seinen Schenkeln und bekam ihn unter den Schultern zu fassen. Vile hustete und strampelte wie ein frisch geschlüpftes Möwenjunges im Wasser herum. Dann gelang es Karain, ihn hochzuziehen und ihn wie ein Fell zum Trocknen über den Balken zu legen.
    »Sie sind gleich hier!« Loke biss sich mit den Zähnen auf die Unterlippe und starrte zu Karain hinunter. Karain wusste, dass es ihnen nicht gelingen würde fortzusegeln, ehe die Wachen da waren. Er half den Waldgeistern auf den Balken hinunter, packte die Planke, die unter dem Steg verschnürt war, und kletterte in das Dunkel unter dem Steg. Nach kaum zwei Metern spürte er Steine unter seinen Füßen. Hier unter dem Steg hatte er sich oft versteckt, wenn es der Sohn des Bäckers und die anderen auf ihn abgesehen hatten. Der Steinhaufen war hier aufgeschichtet worden, als man vor vielen, vielen Generationen den Anleger gebaut hatte.
    »Kommt hierher«, flüsterte er, »über die Planke.«
    Die Waldgeister reichten ihm ihre Speere, und alle außer Vile kletterten auf die Planke. Wieder auf sicherem Boden ließ Karain sie über seinen Rücken nach unten klettern. Jetzt hörte er die Schritte. Die hölzernen Planken des Stegs knirschten, und Schnee rieselte zwischen den Ritzen herab.
    »Hier war das«, sagte eine raue Stimme. »Etwas Kleines, wie ein Bündel, das hinter der Kante verschwunden ist.«
    Loke raufte sich den Bart. Vile saß noch immer auf dem Querbalken, während ihm das Wasser aus Bart und Hose troff.
    »Vielleicht war es eine Katze?«
    »Eine Katze macht keine solchen Platscher.«
    Karain hörte, dass die beiden Männer ihre Speere fallen ließen und sich hinknieten. Da sprang Vile auf, packte die Planke und schwang sich in den Schatten. Und das war auch gut so, denn im nächsten Augenblick kamen zwei mürrische Gesichter unter der Kante zum Vorschein. Karain glaubte, die Männer sähen ihn direkt an, doch nach einer Weile wandte sich das eine Gesicht an das andere.
    »Hast du Lust, da runterzukriechen?«
    Das andere Gesicht rümpfte die Nase.
    »Nein«, sagte es. »Das war wohl eine Katze. Vielleicht ein Otter. Ich hab in der letzten Zeit immer mal wieder einen hier in der Gegend gesehen. Lass uns reingehen und noch einen trinken.«
    Die Gesichter verschwanden, und die Schritte erzählten, dass die Wachen dorthin zurückgingen, woher sie gekommen waren.
    »Ich glaube, die Luft ist jetzt rein«, sagte Karain nach einer Weile.
    Vile schwang sich von der Planke nach unten. Er zitterte am ganzen Körper.
    »Ich f-f-f-riere!«, stammelte er und klammerte sich so gut es ging an den Querbalken. Karain kroch zu ihm hinüber und zog das Boot an den Steg heran.
    »Wir müssen uns beeilen!« Er zog das Boot unter die Waldgeister, sodass sie einfach hineinspringen konnten. Loke schob Vile vom Balken, während Karain die Vertäuung löste und die Ruder hinausschob.
    Der schmale Schönwettersegler hatte knapp die Länge von zwei Männern, die Ruderdollen waren aus Knochen gesägt, und am Bug befand sich ein blau gemalter Ankerkasten. Die Innenseite des Rumpfes war rotweiß gestreift, und das ganze Boot vermittelte bis ins kleinste Detail den Eindruck guter und teurer Handarbeit. Es war leicht zu rudern, und schon bald befanden sie sich in der Mitte des Hafenbeckens. Karain wusste, dass sie jetzt gut zu sehen waren, und hoffte, dass die Wachen nicht so bald wieder auftauchten. Hinter ihm waren die Waldgeister vollständig damit beschäftigt, Vile die nassen Kleider auszuziehen.
    »Nein, das Unterhemd nicht!«, heulte er.
    »Doch«, sagte Loke, »alles muss runter. Sonst wirst du zu einem Eiszapfen, und Eiszapfen sind unangenehme Reisegesellen.«
    Karain ruderte mit dem Boot auf die Öffnung der Mole zu. Der Wind stand direkt auf der Ausfahrt, und die Wellen waren hoch in dieser Nacht. Er wusste, dass er die Segel setzen musste, bevor sie die Ausfahrt erreichten, und bugsierte deshalb das Boot in den Windschatten hinter dem letzten Kelsschiff, wo er die Ruder ins Boot legte. Er überprüfte die Stagen, die den Mast mit dem Rumpf, dem Bug und dem Achterende verbanden. Dann löste er den Untermast, zog ihn fast bis zur Mastspitze hoch und ließ das Segel fallen. Er setzte sich auf die Ruderbank, wickelte die Seilenden um die Befestigungshaken an den Bootsseiten und schwang den Untermast in den Wind.
    »Donnerwetter!«, rief Loke, als der Schönwettersegler gegen die

Weitere Kostenlose Bücher