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Die Traenen Des Drachen

Titel: Die Traenen Des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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Grunde einer Senke, umgeben von leicht ansteigenden Hängen bis hinauf zur Felsenküste und der umliegenden Landschaft, und der Geruch schien sich hier zu halten. Überall wimmelte es von Krettern – Männer mit farbigen Kopftüchern und bis zu den Füßen reichenden Gewändern, die wild mit den Händen gestikulierten und unaufhörlich redeten. Die meisten trugen breite Gürtel mit aufgestickten Wellenmustern und eisernen Spangen um die Hüften. An den Gürteln hingen Säbel und lederne Börsen, in denen das Gold klimperte. Die Kretter blieben stehen und starrten sie an, wenn der Karren vorbeirollte. Sie hantierten an ihren Säbelschäften herum, wobei die Worte ohne Pause über ihre Lippen schwappten. Er sah nur wenige Frauen und erinnerte sich, was Vater ihm über die Kretter gesagt hatte: dass sie ihre Frauen wie Sklavinnen in ihren Häusern einsperrten und es ihnen Scham bereitete, wenn sie von anderen Männern gesehen wurden.
    Der Wagen brachte sie bis in den Stadtkern, wo sie an Ständen vorbeifuhren, an denen Aale feilgeboten wurden, die durch die schwarzen Fliegenschwärme, die über ihnen herumschwirrten, jedoch kaum zu sehen waren, und weiter ging es, vorbei an Bergen von Pferdemist und engen Seitengassen, aus denen sich Kinder wälzten, als wären Schalen mit Nüssen umgefallen. Sie folgten ihnen, bis der Kutscher die Zügel anzog und die Pferde stehen blieben, und dann standen sie kreischend da und zeigten auf Karain und die Waldgeister, während sich immer mehr dazugesellten.
    Die Kretter hoben die Taue auf, mit denen Karain und die Waldgeister gebunden waren, und zerrten sie aus dem Karren heraus. Die Zuschauer, jetzt waren es die Erwachsenen, die die Kinder zur Seite schoben, lachten und schnatterten mit ihren hellen Stimmen weiter. Sogar ein paar Frauen waren zum Vorschein gekommen und standen verschleiert und mit weiten Umhängen ganz hinten in der Menge. Karain kam auf die Beine. Loke half Bul, ehe sich das Tau straffte. Sie folgten dem Kutscher über eine Treppe auf ein mannshohes, hölzernes Podium. Dort warteten sie auf Muuner und einige seiner Mannschaft.
    Karain und die Waldgeister wurden nebeneinander postiert. Muuner trat aus der Menschenmenge heraus und hob die Arme. Es wurde still.
    »Verehrte Brüder!«
    Karain verstand, dass er sich in der Sprache der Händler an die Menschen wandte, eine Sprache, die sowohl in Krugant als auch in Krett gesprochen wurde.
    »Muuner hat euch heute etwas vollkommen Ungewöhnliches mitgebracht! Seht nur!«
    Er trat zur Seite und deutete mit dem Arm auf Karain und die Waldgeister.
    »Wenn er mein Unterhemd anfasst, beiße ich ihm die ganze Hand ab«, flüsterte Loke und sah zu Karain hoch. Karain brachte keine Silbe heraus, denn Muuner drehte sich zu ihm und packte seinen Hals.
    »Hier habe ich etwas, das ihr den fremden Völkern zeigen könnt! Etwas, das eure Freunde noch nie zu Gesicht bekommen haben! Einen Vogelmenschen!«
    Karain spürte, wie die Fesseln um seine Handgelenke gelöst wurden.
    »Seht seine Krallen!« Muuner streckte Karains Hand vor. Die Kretter hielten den Atem an, während die Frauen mit ausgestreckten Fingern auf ihn zeigten und vor Abscheu ausspuckten. Die Männer zogen ihre Säbel und stachen sie in die Luft, während die Händler nachdenklich ihre Börsen umklammerten, wie sie es vor jedem Handel taten.
    »Und hier…« Muuner zog die Fesseln wieder stramm und ging zu Vile hinüber.
    »Hier«, sagte er und hob Vile hoch über seinen Kopf. »Hier haben wir Menschen, die in der Sonne eingeschrumpft sind!«
    Vile strampelte wild mit den Beinen, und die Männer in den Gewändern lachten aus vollem Hals. Im Hintergrund jedoch standen ein paar Männer, die voller Ernst miteinander zu sprechen schienen, und schließlich hob einer von ihnen den Arm. Muuner sah es.
    »Ja, wie viel wollt ihr bieten?«
    Das Gelächter verstummte. Karain wusste von früher, dass die Kretter niemals über Gold lachten.
    »Ihr dort hinten mit dem Kopftuch, Ihr habt auf den Vogelmenschen gezeigt, wie viel wollt Ihr für diese Missgeburt zahlen?«
    Die Menschen drehten sich um. Der Mann fixierte Karain über die Menschenmenge hinweg.
    »Das kann doch nicht sein…«, sagte er und begann sich mit den Ellenbogen durch die Menge zu arbeiten.
    Und jetzt erkannte Karain den Mann wieder. Das war der Kretter in den Seidenkleidern, der mit dem Mann mit den goldenen Ringen zusammengestanden und ihn in Krugant voller Angst als Dämon bezichtigt hatte.
    Das Gesicht des Kretters

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