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Die Traenen Des Drachen

Titel: Die Traenen Des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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Loke watete, den Zeigefinger zum Himmel erhoben, durch den Schnee. Er stellte sich zwischen sie.
    »Wir müssen die Rote Runde Wurzel finden. So schnell es nur geht. Das ist unsere Aufgabe. Es wird nicht eher Frühling geben, ehe der Gamle nicht wieder gesund ist!«
    Er hob die Augenbrauen und sah sie beide streng an.
    Da erinnerte sich Karain, was ihm der Rabe gesagt hatte.
    »Nein«, sagte er. »Das stimmt nicht ganz. Wenn…«
    Loke verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich habe keine Wahl! Wenn ihr nicht mitkommen wollt, muss ich mit meinen Schülern allein gehen.«
    »Nein!« Karain suchte nach den richtigen Worten. »Ich will ja helfen«, stotterte er. »Aber…«
    »Gut!« Loke klatschte ihm mit der Hand aufs Bein. »Ein Waldgeist kann in der Welt der Großen alle Hilfe gebrauchen.«
    Karain entschloss sich, es erst später zu sagen. Wenn es stimmte, was Kirgit sagte, lag diese Felsenburg drei Tagesritte von hier entfernt. Im Nordwesten, hatte sie gestern gesagt. Zwischen Krett und der Siedlung der Fischer weit oben am Westwald gab es keine menschlichen Siedlungen, das wusste er aus den Geschichten, die er gehört hatte. Sie hatten keine andere Wahl, als zu versuchen, diese Felsenburg zu erreichen. Aber was, wenn ihn die Menschen dort auch für einen Dämon hielten? Für einen Dämon halten, dachte er und fuhr sich mit seinen Krallen über den Kopf. Er war ein Dämon. Ein Vogeldämon.
    »Was meinst du?« Loke schaute zu ihm auf.
    »Felsenburg!«, sagte Karain. »Hoffentlich wollen sie uns da nicht auch verbrennen.«
    Loke gab darauf keine Antwort. Er ging zu dem Pferd und zog. Bul am Bein, und als dieser zu Boden gefallen war, forderte er Bile und Vile auf, unter dem Wagen hervorzukommen.
    »Wir verbrennen niemanden und ganz sicher nicht den Vogelmann!« Kirgit ergriff seine Hand. »Mein Volk wartet schon lange auf Den, Der Federn Trägt.«
    Sie fuhr mit ihren schlanken Fingern über seine Wangen.
    »Ich werde euch den Weg zeigen«, sagte sie lächelnd.
    Karain wagte sich kaum zu bewegen, und noch weniger wollte er sprechen. Er spürte das Zucken in seinem Nacken und war froh darüber, dass die Federn seine Haut bedeckten, denn er fühlte, dass er rot geworden war. Sie hielt seine Hand. Ekelte sie sich denn nicht vor seinen Krallen?
    »Die Gewohnheiten der Hässlinge sind eigenartig.« Karain hörte Bul murmeln. Bile und Vile kicherten wie kleine Kinder, als er sich umdrehte. Die Waldgeister waren in den Wagen geklettert.
    »Helft uns, die Planken aus dem Wagen zu lösen«, sagte Loke und schob einen großen Splitter in den Schlitz zwischen zwei Brettern. »Das Pferd kann uns bei dem Schnee nicht ziehen. Wir brauchen Holz und sollten so viel wir nur tragen können mitnehmen.«
    Karain kletterte zu ihnen hoch, und Kirgit tat es ihm gleich. Die Waldgeister zerrten die Bretter aus den eisernen Beschlägen und warfen sie zu Boden. Sie waren stärker, als sie aussahen. Karain und Kirgit traten den morschen Kutschbock zusammen. Gemeinsam mit den Waldgeistern zerhackten sie dann die Ladefläche. Kurz darauf hatten sie den Wagen all seines Holzes beraubt. Sie stapelten es zu sechs Haufen auf und banden jeden Stapel mit einem Stück der Zügel und des Zaumzeugs des Pferdes zusammen. Loke schnaufte in seinen Bart, als Karain fragte, ob er und Kirgit nicht ein bisschen mehr als sie tragen sollten.
     
    Der Schnee rieselte zu Boden. Er reichte Karain bereits fast bis ans Knie. Er wusste noch, was er geträumt hatte. Bei solchem Schnee wurde das Eisland erschaffen. Alle lebenden Wesen hielten sich jetzt in ihren Hütten und Behausungen auf und warteten auf Besserung. Und wenn sie erkannten, dass es nie wieder aufhören würde zu schneien, war es zu spät. Dann hätte sich der Schnee so hoch aufgetürmt, dass sich niemand mehr, abgesehen von den Vögeln, fortbewegen konnte. Doch auch die Vögel würden bald gehen, wenn die Bäume im Weiß ertranken.
    Karain kratzte den Schnee weg, der sich unter dem Ärmel seiner Jacke festgesetzt hatte, und blickte zurück. Kirgit kam hinter ihm her; trotz der Holzlast auf ihren Schultern ging sie mit geradem Rücken. Sie lächelte unter ihrer Kapuze. Es tat ihm gut, dass sie seinen Umhang trug, sodass sie nicht fror. Den Umhang, den seine Mutter genäht hatte.
    Hinter ihr stapften die Waldgeister, allen voran Loke, als undefinierbare Gestalten unter ihrer gewaltigen Holzlast durch den Schnee, der ihnen fast bis zur Hüfte reichte. Er kannte keine zäheren Wesen als diese kleinen

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