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Die Traenen Des Drachen

Titel: Die Traenen Des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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keine.
    Ich hockte mich hin und glitt hinüber zum nächsten Zelt. Wieder schnitt ich ein Loch ins Segeltuch, doch auch hier konnte ich die Waldgeister nicht finden, sondern stattdessen die Nase eines Kretters unter einer Unmenge Decken. Drei Zelte untersuchte ich auf diese Weise, und ich hatte meine Nase in den Schlitz des vierten gesteckt, als plötzlich Schnee knirschte. Ich hatte keine Zeit mehr, nachzudenken. Wenn ich schlau gewesen wäre, hätte ich mich hinter dem Zelt versteckt und wäre dann später fortgeschlichen, doch stattdessen warf ich meinen Sack in den Schnee, machte die Skier ab und schob mich durch den Spalt im Segeltuch ins Innere des Zeltes. Ich landete weich auf den Bodenpelzen, brachte aber mit meinem Speer die Waffen am Eingang zum Umfallen. Während ich mich aufrappelte und meinen Speer durch den Schlitz nach draußen beförderte, hörte ich Schritte, die unmittelbar vor der Zeltöffnung knirschten.
    »Kenner! Lass meine Pfeile in Ruhe!«
    Ich hörte Leder an Leder schaben, und dann schepperte ein Kettenhemd.
    »Du hättest die Vokker sehen sollen, Kenner, die werden wie Kinder, wenn Suner spielt.«
    Er stöhnte, und dann hörte ich einen unmissverständlichen Laut. Der Kretter schlug dort draußen sein Wasser ab.
    »Wie leise du bist, Kenner. Bist du noch böse, weil ich dein Drachenblut ausgetrunken habe? Ha!«
    Wieder schepperten Eisenringe. Ich sah mich um. Der Kretter schob seine Finger in die Zeltöffnung und begann sie aufzuschieben, und ich wusste, dass ich keine Zeit mehr haben würde, mich zu verstecken.
    »Nein, warte.« Er ließ den Rahmen wieder los. »Ich muss… Halt dir die Ohren zu, Kenner, mir wird von dieser verdammten Fettsuppe so komisch!« Während sich der Darm des Kretters laut rumorend dort draußen entleerte, legte ich mich flach auf den Boden und schob mich unter eine der Bänke. Ich zog die Bodenpelze an mich und machte mich so klein wie möglich, als der Kretter ins Zelt trat.
    »Kenner?« Er baute sich mitten im Zimmer auf und rülpste.
    Mit einem Auge spähte ich unter der Bank hervor. Der Kretter sah den Riss in der Hülle des Zelts, nahm den Schal vom Kopf und fluchte.
    »Ein guter Krieger war er ja nie. Einfach so im Zelt mit einem Speer herumzufuchteln!«
    Er machte ein paar Schritte hin und her, trank etwas aus einer Flasche, die er vom Mittelträger des Zeltes nahm, und ließ sich schließlich auf die Bank über mir fallen. Er rülpste erneut, als er die Stiefel von seinen Füßen zog und seine Jacke auf die andere Bank warf. Dann beugte er sich vor und zog sich das Kettenhemd über den Kopf.
    »Verdammte Kälte!« Er machte es sich auf der Bank bequem, und sein Kopf lag einen Daumen breit über dem meinen. »Verdammte Felsenratten, verdammte Belagerung. Und dann diese schreckliche Fettsuppe.«
    Der Kretter begann sein eigenes Flötenspiel, und ich wusste, dass es eine lange Nacht werden würde.
     
    Findet ihr das lustig, Freunde? War es etwa kein Flötenspiel, das ich hörte, Kleiner Tenn? Nein, ich weiß schon. Doch wie ich dort lag, hatte ich viel zu viel Angst, um mich um so etwas zu kümmern. Ich wartete lange, bis ich es wagte, meine Krallen aus dem Schnee an der Zeltwand zu ziehen und unter meine Jacke zu stecken. Und…
    Wie es den Waldgeistern erging? Aha, an die hast du also gedacht, Ekri. Ich hab gesehen, wie still du geworden bist, als ich erzählt habe, wie die Kretter sie gefangen haben. Ja, ich habe das Schlimmste befürchtet. Doch die Waldgeister saßen gefesselt unter dem Dach, unter dem sich die Pferde während der Nacht aufhielten. Es gab dort auch ein langes Feuer, das die Kretter entzündet hatten, damit die Tiere nicht froren. Sie hatten ihnen beigebracht, die Furcht vor dem Feuer abzulegen, ein wahres Meisterstück, das mir von keinem anderen Volk bekannt ist. Und die Waldgeister waren mitten auf einem Berg steifgefrorener Pferdeäpfel an einen der Balken gefesselt, die das Dach trugen.
    Du glaubst mir nicht, Tenn? Du sagst, ich könne das nicht wissen, weil ich ja gar nicht da gewesen sei? Da hast du Recht. Du solltest Geschichtenerzähler werden, wenn du groß bist, du, der du so etwas immer gleich bemerkst. Ich lag in dieser Nacht im Zelt unter dem Kretter mit dem aufgeblasenen Bauch. Doch später hat mir Loke erzählt… Ja, er erzählte das später, und jetzt habt ihr mich dazu gebracht, zu verraten, dass ich sie gerettet habe. Er hat mir erzählt, wie es ihnen dort ergangen war, und, Freunde, stellt euch einmal vor, ihr wäret

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