Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tränen des Herren (German Edition)

Die Tränen des Herren (German Edition)

Titel: Die Tränen des Herren (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Napp
Vom Netzwerk:
Aufgabe als Vorsitzender der Kommission, und er empfand das Bedürfnis, in ein weit abgeschiedenes Kloster zu fliehen. Doch keine Mauer der Welt würde die Erinnerung an diese Ereignisse von ihm fernhalten können!
    „Was ist mit den Brüdern Helias von Provins und Robert von Paris?“ zwang er sich den Boten zu fragen. Den Komtur von Paris zumindest hätte Philipp unmöglich dem Feuertod überantworten können, schließlich war er kein rückfälliger Ketzer! Aber möglicherweise war derlei diffizile Logik dem neuen Erzbischof von Sens fremd...
    „Helias von Provins ist verbrannt worden. Was mit Robert von Paris ist, weiß ich nicht.”
    „Sie waren die vom Heiligen Stuhl zugelassenen Prokuratoren!“ Dies bedeutete quasi das Todesurteil für seine Kommission! Lastendes Schweigen senkte sich auf die Versammelten.
    Plötzlich trat Isnard de Montreal vor Erzbischof Gregor.
    “Ehrwürdiger Vater, ich lege mein Amt als Vertreter der Verteidigung nieder“, erklärte er.
    „Heißt das, dass Ihr zu Eurem früheren belastenden Geständnis zurückkehrt?”
    Isnard de Montreal schlug die Hände vors Gesicht. “Messire, ich sage, was ich nicht will!“ schluchzte er. „Ihr kennt die Wahrheit! Ich habe so große Angst vor dem Feuertod; ich würde alles bekennen, wenn sie mir damit drohen! Ich würde bekennen, dass ich Christus ermordet habe!“ Er legte seinen Ordensmantel ab, den er erst seit seinem Widerruf wieder getragen hatte und drehte sich zu seinen Brüdern um. „Vergebt mir! Ich bin ein erbärmlicher Sünder! Betet für mich!“
    „Ehrwürdiger Vater, ich bitte um Zeit, damit wir uns beraten können!“ ergriff Pietro di Bologna das Wort. Erzbischof Gregor gewährte ihm den Wunsch. Unter diesen Umständen war an eine geordnete Verhandlung ohnehin nicht zu denken.
    Schnell pflanzte sich die Unglücksbotschaft der Hinrichtungen und von Jocelins Tod in den Gefängnissen von Paris fort und hinterließ überall Entsetzen, Angst und Verwirrung, auch unter den freien Templern in den Katakomben.
    Jean de Saint-Florent marschierte seit einer halben Stunde zornbrütend auf und ab.
    „Verdammt, warum war ich nicht an seiner Seite, so wie immer?” murmelte er immer wieder. „Warum bin ich ihm nicht nachgeritten? Ich hätte nicht zugelassen, dass sie ihn umbringen!” Ghislaines Gesicht stand ihm vor Augen, das Versprechen, das er ihr gegeben hatte, der Schwur, Jocelin zu schützen! Und was hatte er getan? „Ich war nicht da! Ich war nicht da, um ihm zu helfen!!!“
    „Ihr hättet nichts tun können“, entgegnete ein Bruder, einer der alten Gefährten aus der Auvergne, ruhig. „Ich habe gehört, Sire Jocelin sei ganz allein gegen die königlichen Söldner geritten. Er muss gewusst haben, dass er den Tod herausforderte... und vielleicht wollte er das ja auch.“
    „Diese feigen Hunde! Von hinten mit der Lanze zuzustoßen!“
    Verwundert sah der Ordensbruder, wie Jean den Ledersack mit seiner Rüstung griff.
    „Wohin wollt Ihr, Bruder Jean? Ihr habt keine Erlaubnis, uns zu verlassen!“
    Er lächelte düster. „Zum Teufel damit! Noch haben wir keinen neuen Komtur, oder? - Ich verbiete, dass mir jemand folgt!“
    Und es machte auch niemand den Versuch, ihn aufzuhalten. Viel zu sehr saß allen der Schock in den Gliedern.
    Philipp de Marigny warf den Brief Erzbischof Gregors geringschätzig zur Seite.
    „Das heißt also“, sagte er gedehnt und blickte in die Runde seiner Provinzialkommission, “das heißt, Seine Ehrwürden Gregor von Rouen leisten einem offenen Ketzer Beihilfe, sich dem Verhör zu entziehen. Ich finde, wir sollten den Heiligen Vater nicht in Unkenntnis über diesen Akt der Treulosigkeit lassen!“
    Keiner der Suffraganbischöfe widersprach, obwohl vor allem dem Bischof von Paris starke Bedenken über das Vorgehen seines Metropoliten kamen. Doch schließlich ging es nicht an, dass eine vom Papst bestellte Sonderkommission in die alten verbrieften Rechte der Erzbischöfe und Bischöfe eingriff, um was auch immer es sich dabei handeln mochte! Noch während die Mitglieder seiner Kommission eine zweite, etwas schärfer gefasste Bitte um Überstellung des Zeugen Pietro di Bologna mit ihrem Siegel versahen, beschloss Philipp de Marigny, es dabei nicht bewenden zu lassen. Er hatte Seiner Majestät zugesagt, die Verteidigung der Templer zum Schweigen zu bringen, und zwar so schnell und gründlich wie möglich!
    Eine Handvoll Münzen wechselte den Besitzer, dann huschten die vier Männer an den Wachposten

Weitere Kostenlose Bücher