Die Tränen des Herren (German Edition)
allen Widrigkeiten, tüchtig zu allem guten Werk...“
In den dunklen Augen des Fremden blitzte es auf. Die Worte schienen ihm nicht neu, zumindest das war klar zu erkennen.
„...und rüste und aus mit der Kraft des Glaubens“, vollendete der Fremde schließlich langsam und trat vor auf die Straße. Er trug einen braunen Umhang und hatte dunkles, bis über die Schultern fallendes Haar.
„Ihr seid Brüder? Und in Freiheit?“
„Mit Gottes Hilfe, ja!“ entgegnete Arnaud.
Ein Raunen ging durch die Umstehenden.
Der Dunkeläugige gab den anderen ein Zeichen, ihre Waffen zurückzustecken. „Steigt ab! Wenn ihr lügt und Leute des Königs seid werdet ihr den nächsten Tag nicht mehr sehen!” Dann wandte er sich an zwei seiner Gefolgsmänner: „Verbindet ihnen die Augen und bringt sie in unser Lager.”
Als man Jocelin die Binde wieder abnahm, befand er sich auf einer Lichtung. Mehrere einfache Windschirme aus Reisig spannten sich über einigen Männern.
Die Überraschung überwältigte Jocelin. „Arnaud, hier sind mindestens 15 Brüder!“
„Wir sind 22. Einige sind unterwegs.“
„Woher kommt ihr?“
„Aus der Auvergne die meisten. Wir haben so viele befreit, wie möglich war. Und ihr? Seid ihr allein?“
Arnauds Antwort ließ ihn einen Freudenruf ausstoßen.
„Also sind noch mehr in Freiheit! Bei Gott, ich wusste es! Was habt ihr in Tours gemacht?”
„Wir haben versucht, Erzbischof Gregor von Rouen zu gewinnen, sich für uns einzusetzen.”
„O ja. Das haben wir auch versucht!” entgegnete der fremde Ordensbruder bitter.
„Ich will hoffen, dass wir den verräterischen Prälaten wenigstens eine Lektion erteilt haben, die sie so schnell nicht vergessen! Sie sollen schon auf Erden etwas von dem Höllenfeuer kosten, das ihnen bereitet ist!”
Jocelin verstand gut, was seinen Mitbruder bewegte. Hatte er nicht selbst gewünscht, Esquieu de Floyran den Dolch ins Herz zu stoßen? Und doch hatte Arnaud Recht. Sie durften dem Hass keinen Raum geben.
„Ihr hättet das nicht tun dürfen! Das ist Wasser auf die Mühlen unserer Gegner!“
Mit einem Mal schlug die Stimmung um.
„Was wollt Ihr uns befehlen Bruder? Ihr kommt hierher, und glaubt, Ihr könnt uns sagen, was wir tun sollen?“
„Es geht nicht um mich! Es geht um den Orden!“ entgegnete Jocelin. „Wir sind zu unrecht angeklagt! Wollt Ihr den Orden mit Unrecht verteidigen?!“
„Unrecht! Ich sage Euch was! Ich bin ein Sünder, ich habe gespielt und Krieg geführt gegen das Gebot der Kirche, ich habe den Diakon umgebracht, der für meinen Onkel spionierte! Ich bin zu den Templern gegangen, um meine Seele zu retten! Und dafür hat man mich zum Verbrecher erklärt! Dafür, dass ich den Verbrechen entsagen wollte! - Ich kämpfe für den Orden, und ich kämpfe mit allen Waffen, weil er das einzige ist, woran ich noch glaube!“
Unter den anderen erhob sich zustimmendes Gemurmel.
„Ich kann nicht zulassen, dass Ihr den Namen des Ordens auf diese Weise befleckt!“
„Dann versucht mich daran zu hindern!“
Er zog sein Schwert und trat kampfbereit auf Jocelin zu. Einige andere folgten seinem Beispiel.
Jocelin hob beschwichtigend die Hände.
„Legt die Waffen nieder! Wir sind von Meister Jacques als Prokuratoren bestellt. Bruder Arnaud trägt das Ordenssiegel, seht!”
„Meister Jacques? Er hat uns auch verraten!” Aber er merkte, wie die eben noch feste Gefolgschaft seiner Brüder ins Wanken geriet. Sie alle hatten einen heiligen Eid geschworen, ihrem Meister zu gehorchen. Sich gegen die Anmaßungen eines Bruders zu wehren war eine Sache, den Befehlen der vom Meister eingesetzten Prokuratoren zu widersprechen eine andere. Ein Schwert nach dem anderen wurde auf den Boden geworfen. Mit zusammen gepressten Lippen starrte der Dunkeläugige auf Arnaud und Jocelin. Dann ging er wortlos ging er an ihnen vorüber und verschwand im Wald. Die anderen Brüder sahen ihm unschlüssig hinterher.
„Ich hole ihn zurück“, beschloss Jocelin, und Arnaud nickte. Die ganze Christenheit hatte sich gegen die Templer verschworen, Feindschaften untereinander durften sie sich nicht leisten!
Er fand seinen Mitbruder auf einer nahen Lichtung, sich auf sein Schwert stützend und vor sich hin starrend. Als er Jocelin bemerkte, wandte er sich um. „Habt Ihr meine Strafe festgesetzt, Sire Prokurator?“
„Wir haben keine Gewalt, Euch zu bestrafen. - Ich möchte Euch bitten, schließt Euch uns an! Ihr wollt für den Orden kämpfen, und das wollen
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