Die Tränen des Herren (German Edition)
glaubt er mir nicht... oder...“ Er seufzte. „Ich kann es nicht sagen. Er sprach von einem noch größeren Übel, das die Kirche bedrohe.“
„Was könnte größer sein als die Schandtaten die an unserem Orden verübt werden?!“ rief Louis zornig und hätte Aufmerksamkeit erregt, wenn nicht gerade jetzt mit der Almosenverteilung begonnen worden wäre.
„Ich weiß es nicht“, flüsterte Arnaud. „Aber...es muss eine mächtige Waffe sein, mit der der König die Kirche erpresst...“
„Was unternehmen wir jetzt?“
„Auf die Entscheidung des Ständetags warten“, entgegnete Jocelin. „Vielleicht geschieht ein Wunder und Erzbischof Gregor fasst sich ein Herz?“ Er glaubte selbst nicht daran, aber er wollte etwas sagen, um wenigstens seine Brüder aufzumuntern.
Das Wunder geschah nicht.
Die Prälaten gaben ebenso wie die übrigen Abgeordneten des Ständetages ihre Zustimmung zum Vorgehen des Königs und forderten die Todesstrafe für die Templer. Schweigend machten sich die drei Ordensbrüder auf den Rückweg - und wurden vor der Martinspforte beinahe umgerannt, als ihnen in panischer Hast einige Leute entgegen stürzten.
„Die Templer! Die Templer!“ brüllten sie, und im nächsten Augenblick preschten drei Reiter die Straße herauf, in Rüstung, mit geschlossenem Visier, im weißen Ordensmantel. Jocelin drückte sich an die Mauer. Entsetzt sah er, wie die Reiter Fackeln gegen die Klostergebäude schleuderten. Flammen schlugen hoch. „Verräter! Falsche Christen!“ klang eine dumpfe Stimme durch ein Visier. Dann wendeten die Männer ihre Pferde.
„Ich reite ihnen nach! Wartet in St. Madeleine!” rief Jocelin. Einen Augenblick später war er den Fremden auf den Fersen. Sie hatten gute Pferde und verlangten ihnen das letzte ab. Jocelin verfolgte sie bis in die Ebene, doch dann schwenkten sie vom Weg ab, verschwanden über den Fluss im Wald. Jocelin gab auf. Er stieg aus dem Sattel und gewährte seinem Reittier eine Zeit der Erholung. Dann ritt er langsam nach Tours zurück.
Die Gesänge der Vesper klangen durch St. Madeleine, als Jocelin die Pforte öffnete. Ein paar Gläubige, die sich hier zur Andacht eingefunden hatten, drehten sich empört über die Störung um. Jocelin schenkte ihnen keine Beachtung. Hinter dem nördlichen Vierungspfeiler entdeckte er seine Ordensbrüder. Louis blickte ihn fragend an. Jocelin schüttelte den Kopf. „Sie sind in den Forst von Neuilly.“
„Wir müssen sie unbedingt aufhalten. So etwas darf nicht noch einmal passieren!” sagte Bruder Arnaud.
„Ist der Brand gelöscht worden?”
„Ja. Gott sei Dank.”
„Am besten, wir brechen sofort auf, ehe sie Zeit haben, sich aus dem Staub zu machen!”
„Ja, wenn sie das nicht schon getan haben!”
Jocelin griff Arnaud bei der Hand und strebte gefolgt von Louis dem Portal zu.
Die drei Templer ritten langsam in das Gehölz, aufmerksam auf jeden Laut horchend. Aber lange Zeit klang nur das Schreien eines Eichelhähers zu ihnen. Das Waldgebiet war nicht groß, doch für Menschen, die nicht entdeckt werden wollten, boten sich zweifelsohne genügend Schlupfwinkel. Die fremden Brüder würden Angst haben, genau wie sie selbst in Fontainebleau die Entdeckung fürchteten.
Plötzlich krachte ein Baumstamm auf den Weg nieder. Die Pferde scheuten. Im nächsten Moment sahen sich Jocelin und seine Begleiter von einigen Männern in abgerissenen Kleidern umringt, die ihre Armbrüste schussbereit auf sie hielten.
„Ihr seid mutig, allein in dieser Gegend zu reisen,” sagte ein dunkeläugiger Mann. „Was wollt ihr hier?”
„Wir sind auf der Suche nach einigen Dienern Gottes,” erwiderte Jocelin vorsichtig. Er war sich sicher, dass die gesuchten Ordensbrüder um sie standen. Räuber pflegten nicht so lang zu warten, ehe sie einen Mann um sein Hab und Gut erleichterten...
„In den Wäldern? Sucht lieber in den Kathedralen und Klöstern!”
„Ja, da findet ihr eine Menge Diener Gottes!” Ohne ihre Waffen zu senken warfen die Männer nun einen fragenden Blick zu einer großen Gestalt, die eben im Schatten des Blätterdaches aufgetaucht war.
Ein Paar dunkler Augen richtete sich auf Jocelin, Louis und Arnaud.
Sie warteten.
„Wer seid ihr? - Antwortet, wenn euch euer Leben lieb ist!”
Jocelin öffnete den Mund zu einem Gebet, das dem Ordensgründer Hugo de Payens zugeschriebenen wurde. Jeder Templer musste es kennen - und für Fremde würde es nur ein Gebet sein:
„Herr, mache uns tapfer im Kampf und in
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