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Die Traenen des Mangrovenbaums

Die Traenen des Mangrovenbaums

Titel: Die Traenen des Mangrovenbaums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne de Witt
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glücklich machen wollen, dann wenden Sie diesem Teil Ihre Aufmerksamkeit und Zärtlichkeit zu. Sie müssen es einfach nur freundlich behandeln, dann werden Sie immer einen zufriedenen und gut gelaunten Gatten haben.«
    Anna Lisa missfiel die Vorstellung, dass sie das eklige Ding auch noch verhätscheln sollte, aber er hatte so eindringlich gesprochen, es war ihm so offensichtlich wichtig, dass sie mit entschlossener Stimme versprach: »Das werde ich gerne tun – wenn Sie mir nur zeigen, was Sie wünschen.«
    »Fühlen Sie es«, flüsterte er. Im Schutz des Mantels, den er um sie beide geschlagen hatte, fasste er die Hand seiner Braut und führte sie mit sanftem Druck zwischen seine Schenkel. Anna Lisa, die nicht damit gerechnet hatte, dass den Worten so schnell Taten folgen würden, erstarrte vor Verblüffung. Sie fürchtete sich, jemand könnte sie überraschen; sie fürchtete sich auch vor der Berührung an sich, und Simeon erschien ihr erschreckend entschlossen, seinen Willen durchzusetzen. Aber zugleich war sie ungemein neugierig. Geführt von der seinen, schmiegte ihre Hand sich unter dem zur Seite geschobenen Cutaway an seine Hosen und darunter an etwas Kräftiges, Festes, ungestüm Pulsierendes, als suchte ein Tier nach einem Ausweg aus den Kleidern.
    Ein halb ersticktes »Oh!« entschlüpfte ihr. »Das zappelt ja!«
    Der junge Mann stöhnte lustvoll bei der Berührung, schob aber ihre Hand wieder weg. »Nicht zu viel davon«, flüsterte er. »Sonst macht es meine Hosen und Ihre Hand nass. Es wird leicht ungebärdig.« Angesichts ihres angewiderten Ausdrucks sah er sich zu einer weiteren Erklärung genötigt. »Das hat nichts mit Wasserlassen zu tun. Wenn ein Mann sein Wasser abschlägt, ist es klein und schlaff. Wenn es groß und hart und unruhig wird, bringt es eine andere Art von Flüssigkeit hervor, die wie Sahne aussieht und angenehm schmeckt, und durch diese Flüssigkeit entsteht in Ihnen ein Kind.«
    Anna Lisa nickte, aber ihr Unverständnis war so offensichtlich, dass er sie am Arm fasste und zurück in den Festsaal führte. »Genießen wir erst einmal das Büfett und den Tanz, alles andere hat noch Zeit.«

Der Mann im Dschungel
    H enry Wolkins, Verwalter der Kaffeeplantage Buitenhus, erwachte wie jeden Morgen schon vor Anbruch der Dämmerung. Im Alter von einundsiebzig Jahren brauchte er nicht mehr viel Schlaf, und so war er immer der Erste, der aus dem Bett stieg, früher noch als die Dienerschaft. Er zog es vor, die kühlen Morgenstunden in aller Ruhe für die wichtigen Arbeiten zu nutzen, ehe die dumpfe Hitze des Tages in die Meerenge zwischen den Küsten von Sumatra und Java kroch. Das Klima war ihm verhasst; er träumte oft von Englands sanften Regenschauern, von grünen Wiesen und blühenden Hecken, die er freilich nie mit eigenen Augen gesehen hatte, denn schon sein Großvater war in Java geboren worden.
    Die Familie Wolkins war, wie die meisten Engländer in Java, ein Relikt der kurzfristigen britischen Herrschaft Anfang des 19. Jahrhunderts unter Sir Thomas Stamford Raffles, einem kühnen Staatsmann und Eroberer, dem es im Zuge der Napoleonischen Kriege gelungen war, den Holländern und Franzosen beträchtliche Teile ihrer javanischen Kolonien zu entreißen. Raffles hatte den Einheimischen die Stadt Singapur auf der Nachbarinsel Sumatra hinterlassen, die er gegründet hatte, und eine Menge böser Erinnerungen an die Brutalität des British Empire. So war Henry Wolkins schon von Kind auf daran gewöhnt worden, dass er ein verhasster Fremder in einem gefährlichen Land war. Er hatte sein Schlimmstes dazu getan, dass er nicht nur als Engländer, sondern auch als die Person Henry Wolkins verhasst war. Tüchtig, fleißig und intelligent, zugleich aber durchtrieben, roh, selbstsüchtig und heimtückisch, war er ein erfolgreicher Verwalter und genoss den Respekt der Menschen, seien sie Einheimische oder Kolonisten, mit denen er zu tun hatte – und sie alle freuten sich auf den Tag, an dem er seinen letzten Atemzug tun würde.
    Es kam nicht selten vor, dass er mit Blut gemalte Zeichen an der Tür des Gutshofes fand oder einen geköpften schwarzen Hahn auf den Treppenstufen oder wunderliche Gebilde aus dürren Zweigen, Steinen und Muscheln. Das schreckte ihn jedoch nicht. Ein Mann, der sich nicht einmal vor seinem eigenen Gott scheute – wie sollte der die Götter der Einheimischen fürchten?
    Wolkins schob das Moskitonetz beiseite, schwang die Beine aus dem Bett und angelte nach seinem

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