Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Traenen des Mangrovenbaums

Die Traenen des Mangrovenbaums

Titel: Die Traenen des Mangrovenbaums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne de Witt
Vom Netzwerk:
alles nicht auch viel einfacher erschaffen können?«
    Die Hündin grunzte, ließ sich auf die Seite fallen und drehte der wärmenden Sonne den gefleckten Bauch zu.
    »Ja, du!«, murmelte Anna Lisa. »Dir ist das egal. Du kannst dich drauf verlassen, dass dir kein dummer Hund Probleme machen wird. Armer Simeon!« Der mitleidige Ausruf bezog sich darauf, dass der Autor des Buches in ergreifenden Worten schilderte, wie sehr ein Mann darunter litt, wenn er seiner Natur nicht nachgeben durfte oder konnte. Und am schlimmsten war es, wenn er eine Frau hatte, die ihm hätte helfen können, aber »ein kaltes oder zimperliches Weib« war und sich ihren Pflichten entzog.
    Anna Lisa nahm sich ernsthaft vor, auf keinen Fall kalt oder zimperlich zu sein.
    Allerdings hatte ihr Dr. Lutter noch einen guten Rat mitgegeben: Auf keinen Fall dürfe sie verraten, woher sie ihr Wissen bezog; überhaupt sei es am besten, sich völlig ahnungslos zu stellen. Männer genossen zwar gerne die Zärtlichkeit einer erfahrenen Frau, aber ein frisch verheirateter Mann würde misstrauisch werden, ob seine Frau ihre Erfahrungen nicht mit einem anderen gemacht hätte.
    »Aber wie soll ich es dann machen?«, fragte sie, als sie wenig später wieder auf den Arzt stieß. »Tue ich nichts, ist er unzufrieden; tue ich etwas, wird er argwöhnen, dass ich andere Männer gekannt hätte.«
    »Sie müssen ihm das Gefühl geben, dass er derjenige ist, der die Zügel in der Hand hält. Dann brauchen Sie nichts weiter zu tun, als sich allen seinen Vorschlägen gefügig zu zeigen. Er wird Vorschläge machen, seien Sie da ganz sicher.«
    Anna Lisa seufzte.
    »Und Sie brauchen nicht so brunnentief zu seufzen. Was in der Theorie abstoßend wirkt, kann in der Praxis eine Quelle der Freude und des Wohlbehagens werden, auf jeden Fall bei einem jungen Ehepaar. Sie sagten mir doch, dass Sie Ihren Mann schön finden, nicht wahr?«
    »O ja!«
    »Nun sehen Sie! Und jetzt werden Sie zweierlei tun. Zum einen werden Sie ihm bei erster Gelegenheit nachdrücklich zu verstehen geben, dass Sie auf keinen Fall jetzt schon schwanger werden wollen. Das ist nur verständlich. Sie sind jung und scheu, Sie reisen in ein fremdes Land mit gefährlichem Klima … Wichtig ist: Ihr Gatte muss das Gefühl haben, dass er Ihnen einen Gefallen tut, wenn er den ehelichen Verkehr noch nicht zur Gänze vollzieht. Und zweitens: Zeigen Sie sich neugierig auf seine Männlichkeit. Sie haben so etwas noch nie gesehen – das ist vermutlich nicht gelogen?«
    Anna Lisa senkte errötend den Blick. »Doch, aber – es war nicht meine Schuld. Und es war ekelig.«
    Als Dr. Lutter abwartend schwieg, überwand sie sich, ihm ihr schreckliches Kindheitserlebnis zu erzählen. Er zeigte viel Mitgefühl, sagte ihr aber dasselbe wie Simeon: Man könne das nicht vergleichen; wenn man einen Menschen liebe, sei alles an ihm schön. Man müsse immer das Ganze sehen.
    »Aber«, wandte sie schüchtern ein, »es erscheint mir so schamlos, auch wenn wir verheiratet sind. Ich hätte es nicht gerne, wenn jemand auf mich so neugierig wäre.«
    »Das ist ein angeborener Unterschied zwischen Männern und Frauen. Frauen sind von Natur aus schamhaft. Männer nicht. Sie wollen, dass man sie ansieht. Am liebsten würden sie es aller Welt zeigen.«
    »O nein!«, protestierte Anna Lisa, wobei sie gleichzeitig lachte und sich fragte, ob es nicht am Ende ernst gemeint war. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass ein so wohlerzogener junger Mann wie Simeon so schamlos sein könnte. Aber hatte er nicht selbst etwas ganz Ähnliches gesagt?
    »Bedenken Sie!«, fuhr der Arzt fort. »Frauen wollen hören, dass sie ein schönes Gesicht haben, reiches Haar, eine feine Haut, rote Lippen. Bei einem Mann ist das anders. Er will Bewunderung für seine Männlichkeit. Machen Sie ein großes Theater darum, wie unterschiedlich Männer und Frauen gebaut sind. Sie werden ihn nie langweilen, egal wie oft Sie ihm erzählen, dass dieser Teil seiner selbst groß und schön und stark ist. Ja, Sie können ruhig sagen, dass Sie ein wenig Furcht davor haben.«
    »Warum sollte ich?«, fragte sie überrascht.
    »Sagen Sie es einfach. Ich versichere Ihnen, es wird ihm gefallen. Männer interessieren sich für die unterschiedlichsten Dinge, aber für alle erst in zweiter Linie. Am wichtigsten ist ihnen ihre Männlichkeit. Und niemals, niemals dürfen Sie ihn in diesem Punkt kränken. Er würde es Ihnen bis zu Ihrem letzten Tag nicht verzeihen.«
    »Oh, was für ein

Weitere Kostenlose Bücher