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Die Träume der Libussa (German Edition)

Die Träume der Libussa (German Edition)

Titel: Die Träume der Libussa (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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Diese
Worte verstörten Radegund. Träume hatte sie sich stets verboten, denn nichts
schmerzte mehr als enttäuschte Hoffnungen. Doch Anahild vermochte zu strahlen,
während sie selbst nur Zorn und Bitterkeit plagten.
    „Ich habe auch
über dich Gerüchte gehört", wechselte sie daher das Thema und wagte sich
entschlossen auf gefährliches Gelände. „Es heißt, du bist eine Geisel gewesen,
die der König bei einem heidnischen Volk nahm.“
    Er nickte und
richtete wieder seine ernsten Augen auf ihr Gesicht. „Ich stamme von den
Behaimen ab. Sie leben östlich von hier und verehren die Götter ihrer Ahnen.
Stört es dich, dass meine Leute keine Christen sind?“
    Wie unsicher er
plötzlich wieder klang! „Nein, warum sollte es? Ich bin einfach nur neugierig.
Wie war es für dich, unter Christen zu kommen?“
    Ein paar mehr
Grashalme fielen Lidomirs Händen zu Opfer. Er blickte starr auf das Wasser.
    „Es war
schrecklich", begann er den Wellen zu erzählen. „Zunächst kam auch ich in
ein Kloster. Die steinernen Mauern schienen mir erdrückend, denn dort, wo ich
herkomme, gibt es nur hölzerne Gebäude. Der Abt gab sich Mühe, mir eure Sprache
beizubringen. Dabei war er zunächst sehr freundlich, und ich begann allmählich,
ihn zu mögen. Doch sobald ich ihn verstehen konnte, verwandelte er sich in
einen anderen Menschen. Er wollte, dass ich meinen Göttern abschwor, die er
Götzen nannte. Er wollte mich taufen lassen. Aber ich hatte einen Eid
geleistet, eben das nicht zu tun. Außerdem missfiel es mir, wie abfällig er
über mein Volk und unseren Glauben sprach. Ich weigerte mich, seinen Wünschen
zu folgen, und dann ging es mir ähnlich wie deiner Schwester Anahild.“
    Radegund
wunderte sich. Warum waren jemandem irgendwelche Götter so wichtig, dass er
sich ihretwegen schlagen ließ? Offenbar schienen nicht nur Christen bereit,
sich wie Lämmer für ihren Glauben zu opfern. „Was ist denn so schlimm an
unserer Religion, dass du sie nicht annehmen wolltest?“
    Lidomir
musterte sie mit einem Stirnrunzeln. „Von eurem Glauben wusste ich fast nichts.
Man erwartete nur, dass ich mich taufen ließ. Ich hatte einen Eid geschworen.
Meiner eigenen Mutter hatte ich versprochen, den Christengott nicht
anzunehmen.“
    Radegund
verstand nicht, warum eine Mutter ihrem Kind das Leben schwer machen wollte,
indem sie Unmögliches von ihm verlangte. Sie wusste wenig über die Frauen der
Heiden. Es hieß allgemein, sie hätten keinen Anstand, wie alle Barbaren, ließen
sich wahllos mit Männern ein und opferten ihre eignen Kinder den blutrünstigen
Götzen. „Aber irgendwann hast du den Christengott doch angenommen. Du lebst bei
Vater Anselm und gehst in die Messe.“
    Er rutschte
verlegen auf dem Stein herum. „Im Kloster wäre ich fast gestorben. Der Abt
sperrte mich bei Brot und Wasser in eine Zelle. Es war kalt dort, und ich bekam
Fieber. Vater Anselm besuchte damals das Kloster. Er kennt sich mit der
Heilkunst aus, deshalb brachte man ihn zu mir. Ich glaube, ich habe diesem Mann
mein Leben zu verdanken, denn er setzte durch, dass ich in seine Obhut kam. Er
erzählte mir von dem Gottessohn, der zu den Armen und Rechtlosen sprach. Der
die Selbstgefälligkeit der hohen Priester tadelte, Liebe statt Härte predigte.
Diese Geschichten gefielen mir. Ich verstehe nur nicht, wie der Abt und auch
König Karl sich Anhänger eines solchen Glaubens nennen und gleichzeitig so
unbarmherzig sein können.“
    Radegund
blickte sich verunsichert um, denn solche Worte konnten unangenehme Folgen
haben, wenn jemand sie dem Bischof meldete.
    „Vater Anselm
zeigte mir die guten Seiten des christlichen Glaubens. Er lehrte mich, ihn zu
achten. Er ist ein heimlicher Gegner gewaltsamer Bekehrungsversuche und wollte
mit mir ein Beispiel setzen, wie es anders geschehen konnte. Hätte ich mich der
Taufe verweigert, dann wäre dies eine Bloßstellung für jenen Mann gewesen, der
mir so viel Gutes getan hatte. Aus diesem Grund blieb mir gar nichts anderes
übrig, als mich taufen zu lassen und mit ihm gemeinsam Messen zu besuchen. Doch
du sollst wissen, dass ich in meinem Herzen immer noch die Götter meiner Mutter
verehre. Daran wird sich niemals etwas ändern.“
    Langsam wandte
sich sein Gesicht zu Radegund. Wieder diese Unsicherheit in seinem Blick!
Glaubte er wirklich, sie würde ihn zurückweisen, nur weil er kein Christ war?
Was kümmerten sie irgendwelche Götter!
    „Erzähle mir
etwas von deiner Mutter", sagte sie aufmunternd.
    „Meine

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