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Die Träume der Libussa (German Edition)

Die Träume der Libussa (German Edition)

Titel: Die Träume der Libussa (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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ebenfalls getauft und hat sich dem
Frankenkönig unterworfen. Die Sachsen zogen gemeinsam mit uns in den Krieg
gegen die Awaren.“ Krok sank erschöpft in einen Stuhl und sah seinen Neffen an.
    Lidomir
nickte.„Ich habe es in Regensburg erfahren. Ein Treffen vieler Völker fand
statt, um den Angriff zu besprechen. Das erzählte mir Vater Anselm.“
    Er verstummte
sogleich, als fürchte er plötzlich, einen verbotenen Namen ausgesprochen zu
haben.
    „Meine
Beteiligung an diesem Feldzug war der Preis, den ich für deine Rückkehr gezahlt
habe.“ Kroks Stimme klang so düster, dass Lidomir den Mut zum Reden verlor.
„Ich sagte mir, es sei eine rechte Tat, gegen unsere alten Feinde
vorzugehen", fuhr der Stammesführer fort, während die Magd unaufgefordert einen
Teller Brühe vor ihn hinstellte. „Jahrelang hatten sie die Dörfer geplündert
und unsere Leute verschleppt. Der Gesandte des Frankenkönigs wurde nicht müde,
von der Hinterhältigkeit und Grausamkeit der bezopften Schrägaugen zu reden. So
nahm ich meine besten Krieger und folgte dem Grafen Theoderich, wie geheißen.
Wir rechneten mit einem erbitterten Kampf, doch vor uns lagen nur wehrlose
Dörfer. Der Khagan und seine Edelinge waren vor uns davongerannt wie Hasen. So
fielen die Krieger des Frankenkönigs über jene her, die noch zurückgeblieben
waren. Hilflose Bauern, wohl schon seit langer Zeit sesshaft geworden. Man
brannte ihre Hütten nieder, raubte und tötete ihr Vieh und suchte sich Sklaven
unter den jungen Leuten. Nicht anders, als die Awaren einst mit uns verfuhren.
Das Morden wollte kein Ende nehmen, bis die Götter endlich ein Erbarmen hatten.
Eine Seuche brach aus und raffte zahllose Pferde dahin. Daher blies man zum
Rückzug. Theoderichs Route führt durch unser Land. Ich musste mein Versprechen
geben, dass niemand ihn angreifen wird, und kann nur hoffen, er wird unsere
Leute mit größerer Milde behandeln als die Bauern der Awaren.“
    „Wird er nach
Praha kommen?“, fragte Libussa zaghaft. Krok schüttelte den Kopf. Sie sah mit
Sorge, dass er seine Brühe nicht anrührte, obwohl er abgemagert war.
    „Er glaubt
wohl, nicht willkommen zu sein, und hat es eilig, heimzukehren. Der großartige
geplante Feldzug war nicht gerade ein Erfolg, denn von dem berühmten Schatz der
Awaren tauchte kein einziger Silberring auf. Stattdessen sind den Franken die
Vorräte ausgegangen. Ich fürchte, einige unserer Dörfer werden geplündert
werden, doch dann herrscht hoffentlich Ruhe.“
    Kroks Blick
glitt über die Anwesenden und blieb an Radegund hängen, die wieder zu einer
geschmückten Statue erstarrt war.
    „Wer ist dieses
Mädchen?“, fragte er. Libussa wünschte sich, Lidomirs Gefährtin für eine Weile
unsichtbar machen zu können.
    „Ihr Name ist
Radegund. Sie ist Lidomir als seine Gefährtin aus Regensburg hierher
gefolgt", erklärte sie, bevor jemand anders die Lage in ein noch
ungünstigeres Licht rücken konnte. Sie wünschte sich, die Mägde würden kommen,
um den Tisch abzuräumen. Doch stattdessen wurde ein Stück Schweinebraten
hereingebracht, da auch die Bediensteten sich wohl Sorgen um den Stammesführer
machten.
    „Eine Fränkin
also", knurrte Krok.
    „Mein Vater war
ein Anhänger des Herzogs Tassilo, der von König Karl gestürzt wurde. Damals
waren wir Bajuwaren", warf Radegund ein. Libussa erschien diese Aussage
mutig und klug. In dem Mädchen steckte mehr, als sie zunächst geglaubt hatte.
    „Aber Christin
bist du schon immer gewesen", erwiderte Krok unbeeindruckt.
    „Es ist nichts
Schlimmes daran, Christ zu sein, Onkel. Ich habe viele gute Menschen kennen
gelernt, die Christen waren", meldete Lidomir sich nun zu Wort. Libussa
erkannte seinen Wunsch, Radegund zu verteidigen, doch der Augenblick war
hierfür nicht geeignet. Krok erhob sich zu seiner ganzen Größe.
    „Die Güte der
Christen, ich habe sie zweimal in meinem Leben mitbekommen. Zunächst in Verden
und nun bei dem heldenhaften Angriff auf die Awaren", donnerte seine
Stimme durch den Raum. Sein Blick bohrte sich in Radegunds schmächtige Gestalt,
als säße eine bösartige Vila am Tisch, deren Zauberkräfte vernichtet werden
mussten. Libussa fuhr auf.
    „Onkel Krok,
dieses Mädchen folgte Lidomir freiwillig in unser Land. Sie ließ alles zurück,
um bei uns zu leben. Es ist nicht recht, sie derart feindselig zu
behandeln."
    Krok sank auf
seinen Stuhl. Libussa wusste, dass er seinen Fehler einsah, auch wenn er dies
niemals zugeben würde. Doch Radegunds

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