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Die Träume der Libussa (German Edition)

Die Träume der Libussa (German Edition)

Titel: Die Träume der Libussa (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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reden!“
    Doch die
Umstehenden blickten sie nur verlegenen und erschrocken an, und keiner gab ihr
Antwort.
    „Mnata wurde von
Krok zum künftigen Stammesführer bestimmt", fuhr sie empört fort. „Und
Krok war ein kluger Mann. Wagt es etwa jemand, sein Urteil anzufechten?"
    Völliges
Schweigen trat ein. Mnata musterte die überraschten Mienen der Umstehenden und
begriff, dass seine Geliebte soeben eine Neuigkeit verkündet hatte, die bisher geheimgehalten
worden war. Er zog Scharka mit sich fort. Vielleicht hatte sie einen Fehler
gemacht, doch es war in guter Absicht geschehen. Durch die Menschenmenge
drängte Vlasta sich zu ihnen heran, die Hand auf dem Griff ihres Schwertes. Er
warf ihr einen warnenden Blick zu. Es hatte schließlich keinen Sinn,
gesichtslose Gegner anzugreifen. Sobald er Scharka in das fürstliche Gebäude
gebracht hatte, würde er sich mit der Kampfgefährtin in der Hütte treffen.
     
    Der Schmied öffnete bereitwillig
seine Tür. Mnata stieg die Stufen hinab und begrüßte die Leute, die bereits
versammelt waren. Vlasta saß neben der Sächsin Hedwig und anderen Bediensteten,
die zahlreicher gekommen waren, als erwartet. Mitten unter ihnen entdeckte
Mnata ein weiteres, vertrautes Gesicht. Premysl hockte aufrecht bei jenen
Knechten und Mägden aus der Festung, die vermutlich auf seinen Wunsch hin
erschienen waren. Er vertraute stets auf das einfache Volk. Sein Gesicht sah
fahl aus, und das lag nicht nur am spärlichen Licht, das durch die Spalte an
den abgedeckten Fensteröffnungen fiel. Kroks Tod war ihm zu Herzen gegangen,
aber mehr noch plagte ihn wohl die Sorge um Libussa.
    Mnata begrüßte
den Mann, der ihm wie ein Vater gewesen war, mit einem Kopfnicken. Es musste
Premysl viel Kraft gekostet haben, sich noch um andere Dinge zu kümmern als um
seine kranke Gefährtin.
    Mnata ließ sich
vor den Versammelten nieder und erzählte nochmals von der Begegnung im Wald. Er
sah Hedwig die Stirn runzeln, und auch Premysls Brauen zogen zusammen. Die anderen
lauschten nur neugierig.
    „Vielleicht“, kam
es zaghaft von einer der Mägde, „wollte Gundolf nur eine Nachricht aus seiner
Heimat empfangen.“
    „Dann hätte er
sich wohl kaum im Dunkeln hinausgeschlichen. Boten ist der Zutritt in Praha
nicht untersagt", erwiderte Premysl entschieden. Das Mädchen senkte
beschämt den Blick.
    „Er muss eine
Nachricht nach Regensburg geschickt haben", fügte Hedwig hinzu. „Darin
ging es wohl darum, wie wenig christlich wir hier alle sind.“ Ein zorniger,
düsterer Ausdruck lag auf ihrem Gesicht. Mnata verstand. Auch die Sächsin wurde
von bösen Erinnerungen verfolgt.
    „Das ist doch
kein Geheimnis", meinte Vlasta. „Jeder Händler, der hier gewesen ist, kann
es dem Frankenkönig erzählen. Wenn er uns deshalb angreifen will, müssen wir vorbereitet
sein.“ Ihre Entschlossenheit wirkte beruhigend. Vlasta schien niemals von
Zweifeln geplagt.
    „Der Frankenkönig
ist mit den Awaren beschäftigt, die ihm weitaus gefährlicher erscheinen als
unser kleines Volk", sagte Premysl. „Doch vielleicht will der Mönch ihm
hier schon einmal den Weg ebnen. Mir erscheint Gundolf wie ein Mensch, der gern
Macht besäße. Das hat mir von Anfang an missfallen. Hast du eine Idee, was in
dem Beutel gewesen sein könnte, Mnata? Das ist vielleicht wichtig.“
    Seit er Zeuge der
Übergabe geworden war, zermarterte sich Mnata darüber das Hirn, doch die
Umrisse waren im Dunkeln schwer zu erkennen gewesen. Er schloss die Augen, um
die Szene wieder heraufzubeschwören. Die leisen Geräusche des nächtlichen
Waldes, zwei Gestalten im Gespräch miteinander, das sie bewusst kurz hielten,
denn niemand blieb länger als unbedingt notwendig außerhalb sicherer
Behausungen, sobald im Licht des Mondes die Zeit der Geister und Vilen
angebrochen war. Auch Christen fürchteten wohl die Geschöpfe der Nacht oder
wenigstens wilde Tiere. Der Beutel war hastig überreicht worden, so rasch, dass
er dem Boten kurz aus der Hand glitt und von Gundolf aufgefangen werden musste.
Auf einmal hörte Mnata es wieder.
    „Ich glaube, als
Gundolf den Beutel an sich nahm, da klang es wie kleine Metallstücke, die
aufeinander schlagen", murmelte er unsicher.
    „Die Franken
handeln mit kleinen Scheiben aus Silber", warf Hedwig plötzlich ein. „Sie
nennen das Münzen. Sie sind so etwas wie ein Tauschpfand.“
    „Wozu braucht er
diese Scheiben, wenn sie bei uns kaum bekannt sind?“, meinte Vlasta
kopfschüttelnd.
    „Vermutlich“,
erklang wieder

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