Die Träume der Libussa (German Edition)
Schwertkampf zu erlernen, wodurch er
endgültig Mnatas Anerkennung gewann. Wenn da nur nicht diese verfluchte Fränkin
wäre!
„Herr, mir
scheint, du urteilst zu hart über deinen Sohn", mischte sich auf einmal
Hedwig ein. Die Sprache der Behaimen klang hart auf ihrer Zunge. „Ich bediene
ihn und seine fränkische Gemahlin. Ich will ehrlich sein. Ich habe die Ohren
offen gehalten, weil ich der Fränkin ebenfalls nicht traue. Sie versucht
manchmal, ihn zu drängen oder auszufragen, aber er ist seinem Stamm und Volk
stets treu geblieben, auch wenn es nicht leicht für ihn ist, weil er das
hinterhältige Weib liebt. Ich hatte schon immer den Eindruck, dass gerade die
weisesten und gerechtesten Männer selten eine gute Wahl mit ihrer Gemahlin
treffen.“
„Aber wer kann es
dann gewesen sein, wenn nicht Lidomir?“, fragte Premysl, zum ersten Mal völlig
ratlos.
Eine unangenehme
Erinnerung stieg in Mnata hoch, schmale Augen, die ihn berechnend und voller
Abneigung musterten.
„Ich möchte
niemanden zu Unrecht anklagen", begann er zögernd. „doch mir ist
aufgefallen, dass Vojen sehr viel Zeit mit dem jungen Mönch verbringt.“
„Das ist nicht
nur dir aufgefallen“, warf Premysl sogleich ein. „Vojen hat nicht viele
Freunde. Dieser Frederik scheint mir kein schlechter Kerl zu sein. Warum sollte
es unter den Franken und Christen nicht auch vertrauenswürdige Menschen geben?
Der junge Mann ist aufgeschlossen und gesellig. Vielleicht tut sein Einfluss
Vojen gut.“
„Auch wenn dieser
Frederik einen freundlichen Eindruck macht, ist er trotzdem ein Christ und dem
Frankenkönig zu Gehorsam verpflichtet", erklang wiederum Hedwigs raue
Stimme.
„Man kann zu
Gehorsam verpflichtet sein und sich trotzdem widersetzen. Das weiß ich aus
eigener Erfahrung", widersprach Premysl. Hedwig sah ihn mürrisch an, aber
sie schwieg.
Dann meldete sich
wieder das junge Mädchen zu Wort. „Ich habe den Sohn der großen Heilerin Kazi
mehrfach abends in die Hütte der Mönche gehen sehen. Doch der junge Mann,
Frederik, er wurde daraus verbannt. Er muss mit dem Alten gesprochen haben.“
Unsicher wartete sie auf die Wirkung ihrer Worte. „Ich gehe nach Einbruch der
Dunkelheit manchmal in den Hof, weil ... weil ... es jemanden gibt, den ich
treffen will", fügte sie dann hinzu, um glaubwürdiger zu wirken. Niemand
fragte nach.
Eine Weile
herrschte Schweigen. Hedwig sah Premysl erwartungsvoll an. Für eine Magd trat
sie oft sehr resolut auf, was geduldet wurde, denn ihre Loyalität zu den neuen
Herrschaften zweifelte niemand an.
„Warum gerade
Vojen?“, fragte Premysl bedrückt.
„Ich glaube, er
hat immer den Eindruck, zu kurz zu kommen.", erklärte Mnata. „Wie du schon
sagtest, dieser Gundolf gewinnt Leute durch Versprechungen. Vojen scheint mir
ein geeignetes Opfer.“
Premysl nickte widerstrebend.
„Wir könnten ihn
ausfragen, doch es ist nicht verboten, des Abends in irgendwelche Hütten zu
gehen.“
„Es gibt
Möglichkeiten, Leute zum Reden zu bringen", knurrte Mnata.
„Erzwungene
Geständnisse sind nicht glaubwürdig. Wir haben nichts in der Hand, um gegen
Vojen vorzugehen“, widersprach Premysl sogleich. „Ich werde mit Libussa reden.
Sie muss die Ernennung des neuen Stammesführers sobald wie möglich verkünden,
denn ohne einen Anführer unserer Krieger scheinen wir ein verunsichertes,
schwaches Volk.“
Sein Blick
richtete sich auf Mnata.
„Sobald du dein
Amt innehast, werden alle sehen, dass du loyal bist und nicht in den Diensten
unserer Feinde stehst. Dann können Gundolfs Gerüchte dir nichts mehr anhaben,
im Gegenteil, es wird als schweres Vergehen gelten, deinen Namen
anzuschwärzen“, meinte er nachdrücklich. „Und jetzt geht hinaus, aber nicht
alle auf einmal. Verteilt euch und schlendert noch etwas auf dem Hof herum, als
wolltet ihr die Abendluft genießen. Niemand soll von unserem Treffen etwas
ahnen.“
Mnata gehorchte.
Er ging langsam an den Hütten vorbei, um dann wie zufällig auf Vlasta zu stoßen
und mit ihr wieder in das fürstliche Gebäude zu gehen.
So weit ist es
gekommen, dachte er stumm vor Zorn, dass wir in unserer eigenen Festung Angst
vor Feinden haben müssen.
Radegund verabschiedete Lidomir
kühl. Seit dem Treffen des Clans, an dem man sie nicht hatte teilnehmen lassen,
lag eine Kluft zwischen ihnen. Er hatte ihr viele Geschenke gemacht, als die
Händler in der Siedlung gewesen waren, überschüttete sie mit Aufmerksamkeit und
benahm sich insgesamt wie ein treuer
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