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Die Träume der Libussa (German Edition)

Die Träume der Libussa (German Edition)

Titel: Die Träume der Libussa (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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die mit Tyrs Herrschaft am
unzufriedensten schienen. Schließlich ließ er ein Schlafmittel in die Festung
schmuggeln, das angeblich irgendwelche keltischen Freunde von ihm gebraut
hatten. Nur so konnten wir den bärenstarken Tyr aus dem Weg räumen. Eric hätte
es niemals geschafft, ihn zu töten, wäre er bei Bewusstsein gewesen.“
    Also war
eigentlich Premysl der Held, überlegte Libussa. Eric hatte lediglich einem schlafenden
Mann die Kehle durchgeschnitten. Sie verspürte Bitterkeit, aber sie wusste
auch, wie Premysl es gehasst hätte, im großen Saal angestarrt und bejubelt zu
werden. Er hatte wenigstens eine Gelegenheit gefunden, seine Familie zu rächen,
doch nun war er allein. Hatte er damals, als er Ludmilla brachte, spüren
können, wie sehr auch Libussa selbst ihm misstraute?
    „So, und jetzt
lass mich raten, was du noch wissen möchtest.“ Thetka nahm einen weiteren
Schluck Met. Sie hatte wohl schon sehr viel davon getrunken, denn sie lallte
etwas beim Reden.
    „Du möchtest
wissen, warum dein Bauernjunge nicht meinem Gefolge hinterher lief, um so
schnell wie möglich bei dir zu sein.“
    Libussa ahnte,
warum er es nicht getan hatte. Er war verletzt gewesen über ihr kühles, abweisendes
Verhalten bei seinem Fortgehen.
    „Ich
kann dir drei gute Gründe nennen“, fuhr Thetka fort. „Zunächst einmal ist er
nach all diesen Vorfällen auf Tyrs Krieger nicht gut zu sprechen, auch wenn sie
jetzt die Seiten gewechselt haben. Warum ihnen also folgen wie ein Hündchen?
Zweitens hat er mitbekommen, dass du Fürstin bist. Und drittens ist er ein
Bauer, der sich Lumpen um die Füße wickeln muss, da er keine Stiefel besitzt.
Also an seiner Stelle käme ich auch nicht bei dir angerannt, ohne mich vorher
wenigstens vorteilhafter anziehen zu können.“
    Libussa hörte
sich lachen, trotz ihrer Tränen. Sie hatte vergessen, wie befreiend Thetkas
Gegenwart sein konnte. Thetka legte ihr einen kurzen Augenblick den Zeigefinger
auf die Hand. „Du bist schon ein seltsames Geschöpf, Libussa. Siehst deine
eigenen Vorteile nicht. Unsere Mutter verstand, mit Männern umzugehen, und ich
glaube langsam, dass ich es von ihr gelernt habe. Aber du vernarrst dich in
einen Bauern, obwohl der unwiderstehliche Slavonik dich anschmachtet, und nun
sitzt du da wie das ewige Leiden. Natürlich wagt er es nicht, sich dir jetzt
aufzudrängen. Aber jeder damals im großen Saal hat gemerkt, wie er dich ansah.
Reiche ihm einen Finger deiner zarten Hand und er wird fester zupacken, als du
dir denken kannst. Bauern sollen ja einen kräftigen Griff haben, aber das
kannst du mittlerweile sicher besser beurteilen. Wie du das Onkel Krok
schmackhaft machst, sei dir überlassen.“
    Thetkas
einfache Sicht der Dinge war befreiend. Libussa hatte das Gefühl, als sähe sie
in einem finsteren Raum plötzlich einen Fackelschein. „Du meinst, ich soll zu
ihm gehen?“
    „Ja, aber nicht
jetzt gleich, Schwesterchen. Vergiss nicht, dass du Fürstin bist. Gerade erst
wurde ein gefährlicher Feind geschlagen. Du musst diesen Sieg gebührend feiern.
Wenn du gleich davonläufst, um dich irgendeinem Bauernjungen in die Arme zu
stürzen, machst du dich lächerlich. Und es hat noch keinem Mann geschadet, eine
Weile auf sein Mädchen zu warten.“
    Libussa lachte
nochmals. Am liebsten wäre sie auf der Stelle abgereist, aber sie erkannte die
Wahrheit in den Worten ihrer Schwester. Eine Fürstin hatte ihre Pflichten.
    „Lass uns zu
Bett gehen, Thetka, sonst schlafen wir hier im Sitzen ein. Wecke deinen Eric,
und wir gehen auf unsere Kammern.“
    Eric folgte
ihnen schlaftrunken. Auch Thetka fiel es mittlerweile schwer, gerade zu gehen.
„Weißt du, kleine Schwester“, lallte sie, „eigentlich bin ich ganz froh, nicht
selbst Fürstin zu sein. Ich tue gern, was mir gefällt. Eine Fürstin darf sich
keine Fehler erlauben, das ist sicher anstrengend. Sie haben dich gewählt, weil
du so schrecklich pflichtbewusst bist. Aber mir scheint, ich muss manchmal auf
dich aufpassen, weil du dich oft ungeschickt anstellst.“
    Libussa konnte
nicht widersprechen. Thetkas Geschick im Umgang mit Menschen fehlte ihr.
    „Und außerdem“,
murmelte Thetka, die jetzt mit dem Schluckauf kämpfte, „finde ich es gut, dass
du Slavonik nicht magst. Ich freue mich schon auf den Moment, wenn du hier mit
deinem Bauern auftauchst. Beim Licht der Mokosch, das hoffentlich bald wieder
strahlen wird, dann möchte ich mal sehen, ober er immer noch so ein
eingebildetes Gesicht

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