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Die Träume der Libussa (German Edition)

Die Träume der Libussa (German Edition)

Titel: Die Träume der Libussa (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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nachhelfen. Aber wie?“
    Kazi fuhr sich
mit der Hand über die Stirn. „Libussa soll sagen, dass sie noch etwas Zeit
braucht, um sich für das Ritual vorzubereiten“, erklärte sie. „Sie muss fasten
und zu den Göttern beten. In der Zwischenzeit reite ich noch einige Male mit
Steka nach Staditz. Ich kann mit Tieren umgehen, mach dir keine Sorgen. Es
würde auch nicht schaden, wenn Libussa noch einige Visionen von ihrem Zukünftigen
hätte. Für den Fall, dass ihr Pferd unterwegs auf jemand anderen stößt.“
    „Du kannst ja
richtig schlau sein, Schwesterchen!“, rief Thetka anerkennend. „Lass mich
raten: Diese dritte Art des Rituals, von der du sprachst, die hast du dir
ausgedacht, nicht wahr?“
    Kazi lächelte
zufrieden. „Pferde gelten als heilig, vor allem eine weiße Stute wie Steka. Sie
werden manchmal für Orakel eingesetzt“, fügte sie als Erklärung hinzu. Thetka
nickte anerkennend.
    „Aber wie soll
ich die Versammelten im großen Saal von dieser Wahl meines Gefährten
überzeugen?“, warf Libussa ein. „Neklan wird sofort durchschauen, was ich plane
…“
    „Ich denke,
Kazi sollte im großen Saal sprechen“, antwortete Thetka. „Zunächst erklärt
Libussa, die Götter mögen entscheiden, wer ihr Gefährte sein soll. Dann tritt
Kazi auf und schlägt das Ritual vor. Sie gilt dank ihrer Heilkünste als weise
Frau. Wenn es Proteste gibt, was sicher der Fall sein wird, dann mische ich
mich auch noch ein. Ich glaube, Radka und Lecho von den Lukanern werden auf unserer
Seite sein und auch viele andere, denn wer will sich dem Willen der Götter
widersetzen? Nur Slavonik und die Lemuzi-Brüder haben einen guten Grund dazu.
Und mit denen werde ich schon fertig.“
     
    Libussa saß auf einem hohen
Gerüst am Schrein der drei großen Götter Perun, Veles und Mokosch. Wieder
zerrte die geflochtene Krone aus Zöpfen an ihrer Kopfhaut, doch sie war zu
aufgeregt, um darunter zu leiden. Die keltische Priesterin hatte ihr erzählt,
wie diese Rituale vor langer Zeit vollzogen wurden. Das zur Königin des Volkes
gewählte Mädchen wartete im Wald. Ihr Körper war mit heiligen Symbolen bemalt
und mit Fellen bedeckt. Dem Jüngling hatte man verschiedene Tränke gegeben, die
ihn stärkten, denn er musste gegen Widersacher kämpfen, die ihm auflauerten. Schaffte
er es bis ans Ziel, so war er der Auserwählte – für ein Jahr, doch mit der Zeit
auch für länger, denn nicht jede Königin wollte ihren Geliebten opfern lassen.
Angeblich zelebrierten die Kelten jetzt noch solche Rituale. Ob sie deshalb
auch noch Menschen töteten? Darüber wollte die Priesterin nicht reden. Aber sie
war nicht zornig gewesen, dass Libussa ein uraltes Ritual für ihre Zwecke
einsetzte. Vielleicht, so meinte sie, sei Premysl tatsächlich als Libussas
Gefährte bestimmt. Der Wille der Götter war unergründlich.
    Libussa hatte
ihre Schamanen bestellt, die Premysls Ankunft mit Gesängen und Tänzen feiern
sollten. Es würde auch wieder ein Opfer an die Götter nötig sein.
Glücklicherweise waren die Tage nun länger und der Schnee begann zu schmelzen. Sie
würde gleich die Hochzeitszeremonie vollziehen, denn anschließend konnte die
Verbindung nur von beiden Beteiligten in gegenseitigem Einverständnis aufgelöst
werden. Kazi hatte ihr erzählt, dass auch einige Kelten aus dem Umland nach
Chrasten unterwegs waren, um das Wiederaufleben eines alten Rituals
mitzuerleben. „Sie nennen dich jetzt ihre Königin. Das kann sicher nicht
schaden“, meinte sie lächelnd. Doch Libussa fühlte sich wie eine Betrügerin.
    Sie hatte
tatsächlich gebetet und gefastet. Bohumil, der älteste der Schamanen, sollte
mit ein paar Kriegern aufbrechen. Libussa beschrieb das Dorf und die beiden
Ochsen, die sie dort vorfinden würden. Einer mit einem weißen Kopf, der andere
mit weiße Flecken von der Stirn über den Rücken und auch an den Hinterbeinen.
All das hätte sie im Traum gesehen, erzählte sie, und war erleichtert, dass sie
nicht einmal log, denn nach dem Kupala-Fest hatte sie tatsächlich solche Träume
gehabt. Sie erwähnte selbst den Fluss, an den sie abends mit Premysl gegangen
war. Nur die Namen verschwieg sie. Nachdem sie ihren Segen als Hohe Priesterin
erteilt hatte, zog die Gesandtschaft los. Libussa schloss die Augen und sah
Premysls Gesicht. Wieder schien es ihr so vertraut, als wäre es schon immer ein
Teil ihres Lebens gewesen. War es möglich, dass sie auch durch diesen Betrug
den Wunsch der Götter erfüllte?
    Ihren

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