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Die Träume der Libussa (German Edition)

Die Träume der Libussa (German Edition)

Titel: Die Träume der Libussa (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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nirgendwo anders sein als
hier“, sagte er voller Überzeugung.
    „Nun gut“, kam
es von Krok. „Wenn du bei unserem Volk leben willst, musst du unsere Sitten und
Gebräuche lernen und schwören, sie stets zu achten.“
    Mnata nickte
eifrig. Er hätte in diesem Augenblick alles geschworen.
    „Wir werden
dich zum Krieger ausbilden, wie es sich für einen Sohn unserer Familie
geziemt“, fügte der Stammesführer hinzu.
    Mnatas Magen
verkrampfte sich. Er dachte an die wilden Männer mit ihren entstellten
Gesichtern. Dass sie sich diese Narben manchmal selbst zufügten, um
furchteinflößender auszusehen, hatte er erst mit der Zeit begriffen. Auch die
verformten, lang gezogenen Köpfe, waren bewusst geschaffen worden. Vielen
Jungen banden ihre Mütter Bandagen um den Kopf, sobald sie geboren waren. Dann
blitzte vor seinem inneren Auge wieder eine Schwertklinge auf. Seinem Freund
war damit der Schädel gespalten worden, als er einen betrunkenen Krieger
versehentlich mit heißer Brühe übergoss.
    „Herr, ich
möchte kein Krieger sein“, flüsterte er und erschrak sogleich über seine
Unverfrorenheit. Krok runzelte die Stirn.
    „Du möchtest
bei uns leben und unsere Sitten achten. Deshalb sollte das Wohl unseres Volkes
dir am Herzen liegen. Wir haben Feinde, die überall lauern. Wenn sie über uns herfallen,
möchtest du unser Volk dann nicht verteidigen können? Der Fürstin Libussa, die
dich aufgenommen hat, Schutz bieten?“, fragte er zornig.
    Mnata
schluckte, denn so hatte er die Dinge nicht gesehen. Es schien ihm
unvorstellbar, dass einer so angesehenen Frau wie Libussa ein Leid geschehen
könnte. Aber sie war wunderschön mit ihren strahlenden Augen und dem gelben
Haar. Er hatte gesehen, was die Krieger seiner Horde mit solchen Frauen taten.
„Wenn du willst, Herr, dann lehre mich zu kämpfen“, erwiderte er
schicksalsergeben.
      Krok
führte ihn hinaus und gab Libussa durch ein Nicken zu verstehen, dass er Mnatas
Gegenwart hinnehmen würde. Ihre Augen leuchteten auf. Bald schon fühlte Mnata
den Druck ihrer Umarmung.
      „Die
Götter haben dich geschickt, mein Junge“, flüsterte sie ihm ins Ohr. „Ich
wünschte mir so sehr ein Kind, für das ich sorgen kann.“
      Sie war
wirklich eine schöne Frau, jung und sauber gekleidet. Ein angenehmer Blütenduft
ging von ihr aus. Mnata erinnerte sich, wie verbittert seine eigene Mutter
gewesen war, dass die Krieger geraubte Mädchen aus den Dörfern bevorzugten. Sie
selbst hatte ein dunkles, breites Gesicht gehabt, ledrige, von Runzeln
durchfurchte Haut. Graue Strähnen zogen sich durch ihr pechschwarzes Haar.
Machtlos war sie gewesen, ängstlich und stets bemüht, gebrüllte Befehle zu
erfüllen. Nun, da er in den Armen dieser anmutigen Fürstin ruhte, schien es
ihm, als würde er seine wahre Mutter verraten. Doch seine Mutter war tot. Sie
hätte ihm sicher ein gutes Leben gewünscht.
      „Ich will
dir gehorchen und deine Wünsche erfüllen“, flüsterte er, denn er wusste, dass
Mütter dies erwarteten. Libussa lächelte und strich ihm über dem Kopf.
     
„Versuche einfach, dich hier wohl zu fühlen“, meinte sie. Mnata nickte, doch er
nahm ihre Worte nicht ernst. Er wusste, das alle schönen Dinge im Leben selten
und kostbar waren und mühsam erkämpft werden mussten.
      Als er
einige Tage später zum ersten Mal ein Schwert in der Hand hielt, schien es ein
Teil seines Körpers zu sein, so geschickt verstand er, damit umzugehen.
     
    Es war das Fest des Frühlings.
Gemeinsam mit Kveta hatten Mnata und andere Kinder in der Siedlung Eier aus Ton
gebrannt und anschließend bemalt. Premysl, den er nun Vater nennen durfte, nahm
echte Eier zur Hand, in die er zwei kleine Löcher stieß, um deren Inhalt
auszublasen. Anschließend tauchte er einen dünnen, zugespitzten Zweig in die
Farbbecher und malte Muster auf die leeren Schalen. Kveta runzelte die Stirn
und meinte, dies sei Frauenarbeit, doch wie alles, was die Hände dieses Mannes
schufen, waren die von ihm verzierten Eier von zarter Schönheit.
    „Bring sie
deiner Mutter“, sagte er zu Mnata, der gehorsam loslief. Er fand Libussa, die
er noch immer nur zögernd Mutter zu nennen wagte, in einem der kleineren Räume
gemeinsam mit ihrer Schwester Thetka sowie dieser anderen, dunkelhaarigen Frau,
die er nicht besonders mochte, weil sie Afra ihr Kind aus den Armen gerissen
hatte. Nun hielt sie eben dieses braune Mädchen im Arm.
    „Ich bin so
froh, dass du gekommen bist“, begrüßte Libussa den neuen

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