Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die träumende Welt 02 - Das Schattenreich

Die träumende Welt 02 - Das Schattenreich

Titel: Die träumende Welt 02 - Das Schattenreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Wylie
Vom Netzwerk:
hatten ihn so weit wie möglich nach Westen begleiten wollen, doch dies übertraf seine Hoffnungen. Er schritt bester Laune aus, ohne auf die nagenden Schmerzen in seinem Bein zu achten. Eigentlich bereitete ihm nur der bläuliche Lichtschein Sorgen, der sich über dem westlichen Horizont erstreckte. Das Licht war für die neue Empfindlichkeit seiner Augen deutlich erkennbar, aber eigentlich hätte dort kein Licht sein dürfen. Arden vergaß das unerklärliche Phä nomen und konzentrierte sich ausschließlich auf seinen Weg.
    Er erreichte die Abtei kurz vor Tagesanbruch. Das allmähliche Hellerwerden des Himmels schmerzte bereits in seinen Augen. Als er die Wärme des Tages auf seinem Rücken spürte, stimmte ihn die Aussicht froh, sich in der Stille der Abtei und ihrer schattigen Abgeschiedenheit ausruhen zu können. Die Männer, aus denen sich diese entlegene Religionsgemeinschaft zusammensetzte, hatten ihn immer als willkommenen Gast behandelt, und diesmal war es nicht anders. Er betrat die Halle, das einzige alte Gebäude, das nicht in Trümmern lag, und man brachte ihn zu den zellenähnlichen Gästezimmern. Für die Brüder hatte der Tag bereits mit Singen und dem Lob der Götter begonnen, doch als sie sahen, dass Arden die ganze Nacht über unterwegs gewesen war, ließen sie ihn schlafen.
    Er erwachte spät am Nachmittag. Das wenige Sonnenlicht, das durch sein winziges Fenster hineinfiel, hätte ihn fast seines Augenlichts beraubt. Durch den Gang vom gemeinschaftlichen Speisesaal drang das Geräusch von Stimmen. Das war schon ungewöhnlich. Abgesehen von ihrer Zwiesprache mit den Göttern, verbrachten die Brüder ihr Leben in Schweigsamkeit - mit Außenstehenden unterhielten sie sich nur, wenn es erforderlich war. Doch was Arden aus dem Zimmer stürzen ließ, war der Umstand, dass er eine der Stimmen zu kennen glaubte. Wenn er sich nicht täuschte, war dies ein erstaunlich glücklicher Zufall.
    Er bog um die Ecke und sah, wie Jordan sich mit einem der älteren Ordensbrüder unterhielt. Der schwarze Mann drehte sich um, als Arden hereinkam, und die beiden starrten sich gegenseitig voller Verwunderung an. Jordan fand als erster seine Fassung wieder.
    »Wir dachten schon, du wärst für immer verschollen!« rief er und stand lächelnd auf. Der Bruder sah, dass die beiden Männer sich kannten, und ließ sie alleine.
    Arden ließ sich gegenüber dem Untergrundführer nieder.
    »Das ist unglaublich!« sagte er tonlos. »Was tust du hier?«
    »Die gleiche Frage könnte ich dir stellen«, entgegnete Jordan.
    »Meine Antwort wäre eine lange Geschichte«, gab Arden lachend zurück.
    »Dann solltest du erst mal etwas essen«, antwortete Jordan und deutete auf die Reste der Mahlzeit auf dem Tisch, »und ich erzähle dir inzwischen, weshalb ich hier bin.« Der Anblick von Brot, Käse und Früchten war nach der monatelangen, fremdartigen Ernährung besonders verlockend, und Arden machte sich über das Essen her.
    »Ich komme oft hierher«, begann Jordan. »Für Männer, die nur im spirituellen Sinne reisen, sind die Brüder erstaunlich gut informiert, und ich kann eine Menge von ihnen in Erfahrung bringen. Außerdem ist das hier ein wundervoller Ort - spür doch mal diese Ruhe hier.« Arden nickte mit vollem Mund. »Selbst ich muss manchmal raus aus Great Newport«, fuhr Jordan grinsend fort. »Diesmal jedoch bin aus einem besonderen Grund hergekommen, für etwas anderes hätte ich gar nicht die Zeit gehabt. Die Stadt steht am Siedepunkt, und ich kann mir nicht erlauben, allzu lange fortzubleiben.«
    Arden schluckte. »Und was ist das für ein besonderer Grund?«
    »Vor ein paar Tagen hatte ich ein sehr beunruhigendes Erlebnis«, erläuterte Jordan. »Das ist in diesen Tagen nichts Ungewöhnliches, doch dies war anders als alles andere, was ich je erlebt habe. Es war, als wäre ich aus meinem Körper herausgeholt worden und hätte auf mich selber herabgeblickt. Ich befand mich in einer Art Höhle oder Halle, umringt von Menschen, die mich anstarrten, als wollten sie ein Urteil über mich fällen.«
    Arden riss die Augen auf.
    »Dann beugte sich Paule über mich und erzählte mir, ich sei in Ohnmacht gefallen.«
    »War es dunkel in dieser Höhle?« brachte Arden hervor.
    »Ja, aber da war ein seltsames Flackerlicht, das ich nicht einschätzen konnte«, antwortete Jordan. »Warum?«
    Arden überging die Frage und stellte statt dessen selber eine. »Diese Leute, die ein Urteil über dich fällen wollten, hast du gesehen, wie

Weitere Kostenlose Bücher