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Die träumende Welt 02 - Das Schattenreich

Die träumende Welt 02 - Das Schattenreich

Titel: Die träumende Welt 02 - Das Schattenreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Wylie
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zusammenfiel und sich in die vielfarbige Flamme zurückzog, die vor ihm flackerte.
    Ein schwaches, unmenschliches Flüstern erreichte seine Ohren.
    »Genug!«
    P'tra öffnete die Augen, und der Kristall entschlief.
    »Und sie können sich nur daraus ein Urteil bilden?« Arden hatte Mühe zu verstehen, was geschehen war. »Aber es war doch nicht der echte Jordan.«
    »Natürlich nicht«, antwortete C'tis geduldig, »aber es war deine wahrhaftige Vorstellung von ihm. Die Flüsterer kann man nicht belügen.«
    »Warum nicht?«
    »Weil man den Verstand verliert, wenn man es versucht«, erklärte sie ihm. »Und zwar vollkommen.«
    Arden starrte sie an. Es dauerte ein paar Augenblicke, bis er seine Fassung wiedergefunden hatte.
    »Und jetzt müssen sie mir glauben«, meinte er.
    »Wenn du ebenso ein wahres Abbild seines Charakters wie auch seines Äußeren abgerufen hast«, antwortete sie, »dann ja.«
    »Und woher wissen sie das?«
    »Das weiß ich nicht«, meinte C'tis mit einem Achselzucken. »Genausowenig weiß ich, wie P'tra die Flüsterer aus dem Kristall herbeiruft, und doch tut sie es.«
    »Wann werden sie ihre Entscheidung treffen?«
    »Wenn sie dazu bereit sind«, kam die nüchterne Antwort. »Erst mal musst du dich ausruhen.«
    »Wie kannst du erwarten ...« begann er, doch dann sah er ihr Lächeln und musste ebenfalls grinsen. »Ich bin kein sehr guter Patient, was?«
    »Ein fürchterlicher.«
    Die Stunden verstrichen in quälender Langsamkeit, bis endlich D'vor die Entscheidung der Propheten überbrachte.
    »Beeil dich mit dem Gesundwerden«, befahl er. »Du hast etwas zu erledigen. Du bist unser Botschafter in der Oberwelt!«
    Mit jedem Tag, der verstrich, wurde Arden nervöser. Sein Bein verheilte gut und - dank C'tis regelmäßiger Pflege - auch schnell. Doch ihm war das einfach nicht schnell genug. Er bestand darauf, mit den Übungen zu beginnen, sobald er dazu in der Lage war - trotz der Schmerzen -, und seine Entschlossenheit wuchs mit jedem Schritt. Man befestigte eine neue und stabilere Metallschiene an seinem Bein, und - endlich! - war C'tis damit einverstanden, dass seine Reise beginnen konnte.
    In Begleitung eines starken Wachtrupps marschierte er in nordwestlicher Richtung los. In der Gruppe befanden sich die vier Überlebenden des Kontrolltrupps, die ihn auch auf dem letzten, nach oben führenden Stück begleiteten.
    »Weiter können wir nicht hinauf«, erklärte D'vor. »Die Erdoberfläche ist jetzt sehr nah.«
    »Merke dir den Ausgang gut«, meinte V'dal zu Arden. »Du darfst ihn in keiner Weise markieren, aber merke dir seine Lage - sonst findest du niemals zurück.«
    J'vina wünschte ihm Glück, während C'tis, ganz Heilerin, ihn beschwor, auf sein Bein zu achten.
    »Es hat noch nicht wieder seine alte Kraft«, meinte sie. Sie sah so aus, als wollte sie noch etwas sagen, doch dann besann sie sich eines Besseren.
    »Danke, euch allen«, sagte Arden und umarmte sie alle nacheinander. »Ich bin bald zurück.«
    »Wir werden auf dich warten«, erwiderte D'vor.
    Wenig später trat Arden hinaus in den blendenden Mondschein.
33. KAPITEL
    Arden stand blinzelnd im silbrigen Licht von Mond und Sternen und fragte sich, wieso er je geglaubt hatte, nachts zu reisen sei unpraktisch. Es war nicht etwa zu dunkel, sondern viel zu hell! Die Vorstellung des Sonnenaufgangs machte ihm Angst, und zum ersten Mal wurde ihm bewusst, was für die Menschen aus dem Lichtlosen Königreich ein Betreten der Oberwelt bedeuten musste. Er war nur wenige Monate unter der Erde gewesen, und sie hatten ihr ganzes Leben in dem Halbdunkel verbracht.
    Er kannte das kleine, felsbrockenübersäte Tal nicht, wo er herausgekommen war, doch die Silhouette der Berge im Westen wirkte vertraut. In diese Richtung brach er auf, wobei er sich seine Umgebung sorgfältig einprägte. Ein warmer Wüstenwind umspülte ihn, und schon bald begann er heftig zu schwitzen. Der Sonnenaufgang war jetzt in doppelter Hinsicht eine heikle Angelegenheit geworden.
    Doch seine Befürchtungen wichen heller Freude, als er den baumbestandenen Kamm überquerte. Er kannte diese Gegend! Die Abtei war nur ein paar Stunden Fußmarsch über die sanft geschwungenen Hügel entfernt, und mit ein wenig Glück konnte Arden sie bei Tagesanbruch erreichen. Die uralten Gemäuer und die Gastfreundschaft der Ordensbrüder waren genau das Richtige, um sich auszuruhen und wieder zurechtzufinden. Außerdem lag sie nur vierundzwanzig Meilen von Great Newport entfernt. Seine Freunde

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